Kaum ein Thema führt zu so vielen unterschiedlichen Ansichten wie Maschinen, die verändert werden – unabhängig davon, ob sie neu oder gebraucht sind. Bei einer wesentlichen Veränderung von Maschinen stellt sich die Frage, ab wann ein Umbau wesentlich ist und als Bau einer neuen Maschine gilt. Dies muss von Fall zu Fall betrachtet werden. Eine deutsche Cloud-Lösung gibt Hilfestellung bei der Beantwortung dieser Frage, die zur Identifizierung einer wesentlichen Veränderung an der umgebauten Maschine beziehungsweise ihrem veränderten Einsatz relevant ist.
Im Alltag kommt es vor, dass alte Maschinen, beispielsweise hydraulische, in einem Nebenraum der Instandhaltung verstauben. Doch eines Tages werden für solche Maschinen doch wieder neue Nutzungsmöglichkeiten gefunden. In einem Beispiel aus der Praxis wurde eine alte abgestellte Maschine von einem Dienstleister überholt und frisch lackiert. Im Anschluss wurde sie eingesetzt, um Kevlar-Bezüge auf Stahlrollen zu pressen. Eine leicht verkantete Stahlrolle sprang dabei aus der Halterung und zerschlug einem Auszubildenden den Unterkiefer.
Dieses Praxis-Beispiel veranschaulicht, dass sich durch die Veränderung von (gebrauchten) Maschinen neue Gefährdungen ergeben können oder sich ein bereits vorhandenes Risiko erhöhen kann. Das gilt auch für Maschinen und Anlagen, die im alten Zustand und in ihrer ursprünglichen Verwendung möglicherweise zertifiziert waren und umgebaut, modernisiert, erweitert und / oder für einen anderen Zweck verwendet werden. Aus Sicht der Maschinensicherheit muss hier auf eine „wesentliche Veränderung“ geprüft werden.
Risikobeurteilung notwendig
In jedem Einzelfall muss ermittelt werden, ob die Veränderungen an der Maschine sicherheitsrelevante Auswirkungen nach sich ziehen. Liegt eine neue Gefährdung beziehungsweise eine Erhöhung eines vorhandenen Risikos vor, wird geprüft, ob die vorhandenen Schutzmaßnahmen der Maschine weiterhin ausreichen oder geeignet sind. Wird festgestellt, dass dies nicht der Fall ist, wird eine Risikobeurteilung hinsichtlich der Frage durchgeführt, ob eine wesentliche Veränderung vorliegt.
Liegt beispielsweise ein kompletter Umbau vor, der zu einer wesentlichen Veränderung der Maschine führt, so wird der Maschinenbetreiber selbst zum Hersteller und muss die Maschine wie ein neues Produkt behandeln und das gesamte Verfahren zur Erlangung der EG-Konformität durchlaufen. „Hier herrscht zum Teil noch große Unsicherheit seitens der Maschinenbetreiber“, weiß Jörg Handwerk, Geschäftsführer von CE-Con aus langjähriger Praxis. „Es hat sich schon oft als sehr sinnvoll erwiesen, wenn über diese Thematik rechtzeitig gesprochen wird.“
Prozessbegleitende Transparenz
Das prozessbegleitende Verfahren der Risikobeurteilung ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn zu jeder Zeit auf dem Stand der aktuellen Normung beurteilt wird. „Kerngeschäft des Konstrukteurs ist die Entwicklung einer Maschine“, erklärt Jörg Handwerk. „Die für die Risikobeurteilung relevanten Normen sind unter Umständen noch bekannt, aber wann für welche Norm eine Aktualisierung veröffentlicht wurde, gehört nicht unbedingt zu den im Vordergrund stehenden Themen des Konstrukteurs.“
Nicht nur zu diesem Zweck hat die CE-Con eine Software entwickelt, mit der die prozessbegleitende Risikobeurteilung auf der Basis aktueller Normen so zeitsparend und einfach wie möglich durchgeführt werden kann. Die Software stellt alle Fragen, die zur Identifizierung einer wesentlichen Änderung an der umgebauten Maschine beziehungsweise ihrem veränderten Einsatz relevant sind. Zur Beantwortung stehen dem Anwender diverse Hilfen, Erklärungen und Beispiele zur Verfügung.
Pflichten für Arbeitgeber
Am 9. April 2015 wurde vom deutschen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ein Interpretationspapier zur wesentlichen Veränderung von Maschinen veröffentlicht. Dieses ist an das neue Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) angepasst und enthält neue Erkenntnisse der Risikobeurteilung. Wie bei neuen Maschinen müssen bei wesentlich veränderten Maschinen die Bestimmungen des ProdSG und der 9. ProdSV angewendet werden.
Um ein anwendungsgerechtes Sicherheitskonzept entwickeln zu können, reicht es nicht aus, nur die vorhandenen Gefährdungen zu analysieren und nacheinander abzustellen. Zusätzlich sollte ein Blick auf die fertigungstechnischen Anforderungen, beispielsweise die Zykluszeit und die Transportlogistik geworfen werden. Denn es besteht immer die Gefahr, dass gewählte Schutzeinrichtungen umgangen werden, wenn dadurch die Tätigkeit zu umständlich wird. „Wenn dem so ist, dann ist eine unpassende Schutzeinrichtung gewählt worden“, bemerkt Jörg Handwerk.
Unabhängig davon muss nach allen Änderungen an Maschinen – nicht nur nach wesentlichen Veränderungen – eine Gefährdungsbeurteilung nach §3 der Betriebssicherheitsverordnung an Arbeitsplätzen regelmäßig oder anlassbezogen durchgeführt werden. Diese zählt zu den betrieblichen Arbeitsschutzpflichten. Arbeitgeber dürfen nur Maschinen zur Verfügung stellen, deren Verwendung nach dem Stand der Technik sicher ist. Aufgrund der Gefährdungsbeurteilung können Maßnahmen – technische, organisatorische und personenbezogene – notwendig werden, um den Beschäftigten einen sicheren Umgang mit dem Arbeitsmittel zu ermöglichen. Außerdem muss geprüft werden, ob eine Anpassung der Benutzerinformationen zum sicheren Betrieb der Maschine erforderlich ist.
Ganzheitliche Lösung
„Es ist wichtig, eine ganzheitliche Lösung zu finden, die der Arbeitsweise des Anwenders entspricht und für das zu beurteilende Produkt geeignet ist. Die CE-Software CE-Con Safety unterstützt die Verantwortlichen nicht nur bei der Identifizierung einer wesentlichen Änderung an der Maschine, sondern liefert auch als Ergebnis die notwendige Nachweisdokumentation zur digitalen Ablage“, erklärt Jörg Handwerk. „Ich halte es für eine positive Entwicklung, dass die Sensibilität zum Thema Sicherheit und CE-Konformität ständig zunimmt. Und mit der CE-Software sparen die Anwender nicht nur Zeit bei der Normenbeobachtung. Insgesamt lassen sich kürzere Projektdurchlaufzeiten verzeichnen und vor allem zufriedene Kunden und Hersteller.“