Sensorik & Messtechnik Amazonisiert

„Wir machen einen ersten Schritt, den bald auch viele andere Hersteller gehen werden.“ Christian Leeser, Fraba Posital

04.07.2014

Drehgeber bei Amazon bestellen? Mit dieser Strategie, die auf den ersten Blick komplett an der etablierten Zielgruppe vorbeizielt, leistet Fraba Pionierarbeit. Dadurch lassen sich neue Märkte erschließen und weltweite Aktivitäten werden erleichtert.

Seit kurzem sind die von der Fraba-Tochter Posital entwickelten Drehgeber nicht nur über regionale Vertriebspartner, sondern auch über die Industrial&Scientific-Plattform des Online-Versandhändlers amazon.com erhältlich. Weitere Online-Anbieter in Europa, Asien und den USA sollen bald folgen. Diese Strategie basiert auf dem Ende letzten Jahres vorgestellten Posital-Produktfinder. Die Datenbank, die das vollständig modularisierte Produktprogramm des Herstellers enthält, ist über eine Programmierschnittstelle mit dem Amazon-Front­end verbunden. Somit wird erstmals Interessenten, die bisher von Komponentenherstellern vernachlässigt wurden, die gesamte Produktvielfalt eines hochspezialisierten Anbieters zugänglich. „Bei einer Nachfrage nach geringen Stückzahlen lohnte es sich für Hersteller bisher nicht, einen Vertriebsexperten für eine ausführliche Beratung zum Beispiel zu einem kleinen Maschinenbauer zu schicken“, erklärt Christian Leeser, Vorstand der Fraba-Gruppe. „Nun kann mit solchen Kunden ein ganz neues Marktsegment auf unsere Produktfinder-Datenbank zugreifen und sich das gewünschte Gerät selbst konfigurieren. In den USA können sie es dann auch bereits über amazon.com bestellen.“

Für den Online-Händler, der auch die Abrechnung und Zahlungsabwicklung übernimmt, entsteht dabei nur geringer Aufwand, während sich gleichzeitig sein Angebot deutlich erweitert – aktuell bietet Posital mehr als 120 000 Drehgeber-Varianten. Alle Datenblätter werden dabei vom System automatisch auf dem neuesten Stand gehalten, und Aktualisierungen wie Preisänderungen sind mit einem Knopfdruck möglich. Auch individuelle Preisangebote für Kunden können mit der Datenbank innerhalb von wenigen Minuten erstellt werden.

Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren einen grundlegenden Wandel durchlaufen: Aus einer traditionell-handwerklich orientierten Firma mit großer Produktvielfalt wurde ein Anbieter von industrial customization. Die Produktion für die Fraba-Gruppe erfolgt in einer Fertigungsstätte im polnischen Slubice; hier ermöglicht es das Bestellsystem, ­kundenspezifische Produkte zu Massenfertigungspreisen herzustellen. Wenn ein Auftrag eingeht, generiert das System automatisch eine Bauanweisung sowie QS-Vorgaben für das Montagepersonal, das durch eine durchdachte Anleitung innerhalb von zwei bis drei Wochen angelernt werden kann.

Die Produkte werden auftragsbezogen aus standardisierten Baugruppen gefertigt. Dieser Ansatz erlaubt eine Montage überall auf der Welt – dementsprechend sind in naher Zukunft auch Fertigungsstätten in den USA und Asien geplant. Die Sprache der Datenbank wurde hierfür gewissermaßen modularisiert: Bereits jetzt stehen elf Sprachoptionen zur Verfügung, weitere können bei Bedarf schnell hinzugefügt werden.

Mit dem Amazon-Launch wurde die Industrialisierung des Firmenkonzepts nun also auch auf den Service übertragen. „Damit machen wir als spezialisierter Komponentenanbieter einen ersten Schritt, den bald auch viele andere Hersteller gehen werden“, ist sich Leeser sicher. Online-Marktplätze werden mit ihren Stärken – vollständige Preistransparenz, Schnelligkeit, sowie natürlich vertriebliche Kostenvorteile – bisherige beratungsintensive Vertriebsstrukturen immer mehr ergänzen. Hierin sieht das Unternehmen eine Strategie, den Herausforderungen der Globalisierung gerecht zu werden: Früher wurden Know-how und Material lokal in Produkte umgewandelt, die in alle Welt verschickt wurden – ein Ansatz, der speziell angesichts eines breiten Produktprogramms und globaler Aktivitäten heutzutage große Probleme bereitet.

Ergibt es zum Beispiel wirklich Sinn, in Asien große Mengen aller Encoder-Modelle vorrätig zu halten oder wochenlange Lieferzeiten in Kauf zu nehmen – von Zollbestimmungen und Währungskursschwankungen ganz zu schweigen? Das Internet macht es heute möglich, Informationen weltweit in Echtzeit zur Verfügung zu stellen, sei es in Form des Produktfinder-Tools oder als Montage-Instruktionen für lokale Fertigungsstätten. Seitdem es die entsprechende Rechenleistung gibt und Breitbandinternet weithin verfügbar ist, lässt sich deutsches Know-how auch auf diese Weise in alle Welt tragen.

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