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Heavy Duty Antreiben im Stahlwerk

Den hohen Lasten, heftigen Stößen und herausfordernden Umgebungsbedingungen halten nur robust ausgelegte Antriebe stand.

Bild: Nord Drivesystems
30.03.2016

Heiße 16 Tonnen wollen bewegt werden. Der Auftraggeber wünscht wenig Wartungsaufwand – am besten keinen. Können Standard-Elektroantriebe die Herausforderung bewältigen?

Über die Rollgänge im Stahlwerk müssen große Stückzahlen 16 Tonnen schwerer Träger durch die reversierende Walzstraße verfahren werden. Heftige Schläge und Stöße beim ständigen Beschleunigen und Abbremsen des Transportguts strapazieren die Antriebe. „Das sind außergewöhnliche Belastungen, mit denen viele Standard-Getriebemotoren überfordert wären“, erklärt Guido Sonnenschein, Antriebsspezialist bei SMS Meer. Der Anlagenbauer erhielt einen Auftrag von United Steel Company aus Bahrain, ein Schwerprofilwalzwerk auszustatten. Die Ausgangskapazität des geplanten Walzwerks wurde auf 600 000 Tonnen pro Jahr festgelegt. Die für diese Anwendung projektierten Antriebe müssen neben den hohen Betriebsbelastungen auch den klimatischen Bedingungen der Golfregion trotzen. Nord Drivesystems stimmte mit SMS Meer ein Spektrum robuster Lösungen ab, das über 600 sowie weitere Systeme einschließlich einiger großer Industriegetriebe umfasst.

„Nur wenige Antriebshersteller haben sich auf Antriebe für Rollgänge spezialisiert. Außerdem wollen wir aus einem möglichst großen Spektrum unterschiedlicher Modelle wählen können, um für jeden Einzelantrieb die am besten ausgelegte Lösung zu bekommen.“ Das hanseatische Antriebshaus kooperiert seit Längerem mit SMS Meer bei der Ausstattung neuer Produktionsanlagen. „Mit Nord arbeiten wir schon rund zehn Jahre zusammen“, führt Sonnenschein aus. „Nord verfügt über spezielle Expertise in der Stahlbranche.“

Robustheit und Langlebigkeit

Zu dem ruckartigen Betrieb sowie den schweren Lasten auf den Förderstrecken kommen die hohen Umgebungstemperaturen in der Wüstenregion: +50 °C sind keine Seltenheit. Diesen Belastungen halten die Antriebe nur aufgrund ihrer robusten Auslegung stand. Die mit einem einteiligen Blockgehäuse ausgerüsteten Getriebe widerstehen hohen Axial- und Radialkräften, die auf die Wellen wirken. Außerdem sorgt die gefräste und feinbearbeitete Schrägverzahnung in den Getrieben für Stabilität unter Last. Für zusätzliche Robustheit zeichnen optional verstärkte Wellenmaterialien und Lager verantwortlich. Mit vibrationsabsorbierendem Gehäusematerial kann zudem ein Teil der mechanischen Impulse gedämpft werden. Den hohen Betriebs- und Umgebungstemperaturen setzt Nord synthetische Spezialöle wie ISO VG 220 und besondere Lackierungen entgegen.

Von Spezial zu Standard

Die 622 Hilfsantriebe für die Rollgänge im Bahnwalzbereich blieben nicht die einzigen Lösungen, die SMS Meer für das Projekt von Nord bezogen hat. „Natürlich gab es hier und da gewisse Modifikationen und die eine oder andere Sonderübersetzung“, erklärt Thomas Danne, Projektleiter Elektrik & Automation bei SMS Meer. „Aber generell konnten wir bei der Antriebsauslegung durch das Baukastensystem erfreulich oft ein Standardgetriebe wählen – trotz der vielen unterschiedlichen Typen, die wir brauchten.“

Damit reduziert sich für den Anlagenbauer der eigene Aufwand und die damit verbundenen Kosten. „Bei den Kettenförderern der Kühlstrecke konnten wir erstmals auf Sondergetriebe verzichten, die wir sonst selbst bereitstellen. Stattdessen haben wir jetzt vier Standard-Flachgetriebe installiert”, so Danne.

Bei einigen der Getriebe legte SMS Meer auf eine besonders flexible Ausführung Wert. Hierzu zählen vier drehmomentstarke Industriegetriebe, die das Ausrichten der schweren Knüppel vor den Walzen übernehmen. Sie wurden mit beidseitigen An- und Abtriebswellen versehen. Die jeweils ungenutzte Seite deckt wird mit einer Haube abgedeckt. An Sonderwellen mit entsprechenden Bohrungen wurden Geber von SMS Meer montiert. Nord fertigt bei Industriegetrieben im Gegensatz zu anderen Herstellern durchweg alle Modelle im einteiligen Blockgehäuse – auch die größten mit bis zu 242 000 Nm Abtriebsdrehmoment. Diese Bauart verhindert auch bei Höchstleistungen Verwindungseffekte.

Eingefangen: Antriebslösungen für die Metallindustrie

Antriebe in Stahlwerken müssen robust, langlebig und effizient sein – Wasser, Dampf und Korrosion sollten sie ebenso widerstehen wie Stößen und Erschütterungen. Zugleich haben sie dynamische Antriebsaufgaben bei typischen Lastzyklen zu erfüllen, also vor allem im Aussetzbetrieb (S5) sowie im ununterbrochenen Betrieb (S9) mit nichtperiodischen Last- und Drehzahländerungen und häufigen Überlasten. Nord Drivesystems liefert für alle Bereiche der metallverarbeitenden Industrie weltweit ein Spektrum an Getrieben, IC410- und IC411-Motoren im herkömmlichen oder im Ringrippendesign sowie Antriebselektronik. Nach Bedarf sind Ausstattungen wie integrierte Bremsen oder Heavy-Duty-Inkrementalgeber erhältlich. Beim Handling von Gießpfannen und anderen besonders kraftaufwändigen Aufgaben kommen Industriegetriebe zum Einsatz, die Nord als einziger Hersteller bis 242 000 Nm Abtriebsdrehmoment mit einteiligem Blockgehäuse baut.

Bildergalerie

  • Das neue Stahlwerk der United Steel Company in Hidd im Königreich Bahrain ist auf eine Jahresproduktion von 600 000 Tonnen Stahl ausgelegt.

    Das neue Stahlwerk der United Steel Company in Hidd im Königreich Bahrain ist auf eine Jahresproduktion von 600 000 Tonnen Stahl ausgelegt.

    Bild: Nord Drivesystems

  • Am Rollgang sorgt die Blockgehäusebauweise der Getriebe für einen zuverlässigen Betrieb und eine lange Lebensdauer.

    Am Rollgang sorgt die Blockgehäusebauweise der Getriebe für einen zuverlässigen Betrieb und eine lange Lebensdauer.

    Bild: Nord Drivesystems

  • Schwere Stahlträger gelangen über Rollgänge zum Walzgerüst. Starke Industriegetriebe richten sie vor dem Walzen passend aus.

    Schwere Stahlträger gelangen über Rollgänge zum Walzgerüst. Starke Industriegetriebe richten sie vor dem Walzen passend aus.

    Bild: Nord Drivesystems

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