Einführung Ethernet-APL „Aufklärungsarbeit ist entscheidend“

Christoph Adam, Head of Product Management bei Softing, betont: „Ethernet-APL ist ein zukunftsträchtiges Konzept für die Prozessautomatisierung.“

Bild: Softing Industrial Automation
31.05.2024

Ethernet-APL steht im Fokus der digitalen Transformation der Feldebene von Prozessanlagen und verspricht, den wertvollen Datenschatz direkt aus dem Feld nutzbar zu machen. Christoph Adam, Head of Product Management bei Softing Industrial Automation, spricht mit der P&A darüber, wie weit Ethernet APL in die Prozessindustrie bereits Einzug gehalten hat.

Welche Herausforderungen beobachten Sie aktuell in der Prozessindustrie und wie adressiert Ethernet-APL diese?

In der Prozessindustrie sind Kostenreduktion, Effizienzsteigerung und Energieeinsparung aufgrund steigender Stromkosten und CO2-Reduzierung zentrale Anliegen. Hinzu kommen der Fachkräftemangel und der notwendige Übergang von analogen zu digitalen Systemen. Ethernet-APL bietet durch fortschrittliche Technologien und höhere Übertragungsgeschwindigkeiten Lösungen für diese Anforderungen. Die Einführung einer Zweidraht-Ethernetleitung ermöglicht eine sichere und zuverlässige Datenübertragung, wodurch eine effizientere Kommunikation und verbesserte Prozesssteuerung erreicht werden. Diese Innovationen fördern die Produktivität, senken Kosten und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der 
Prozessindustrie.

Inwiefern bedarf es noch „Nachhilfeunterricht” für den Anwender, wenn es um Ethernet-APL geht – oder sind ihm die Vorteile allzu bewusst?

Bei der Einführung von Ethernet-APL in der Prozessindustrie gibt es definitiv einen Bedarf an „Nachhilfeunterricht" für die Anwender. Obwohl die Vorteile dieser Technologie bekannt sind, gibt es immer noch viele Fragen und Unsicherheiten bezüglich der Implementierung und Nutzung in der Praxis. Die gute Nachricht: Die gesamte Industrie arbeitet zusammen, um die Vorteile von Ethernet-APL zu vermitteln, wie beispielsweise die Kooperation zwischen der Namur und dem ZVEI zeigt. Kontinuierliche Aufklärungsarbeit ist entscheidend, um die Hemmschwellen abzubauen und das volle Potenzial von Ethernet-APL auszuschöpfen.

Nun kämpft die Prozessindustrie generell mit dem Vorurteil, dass sie eher konservativ unterwegs ist. Würden Sie dem generell – auch mit Hinblick auf die Einführung von Ethernet-APL – zustimmen?

Die Prozessindustrie wird oft als konservativ wahrgenommen, was ihrer naturgemäßen Fokussierung auf Effizienz und Zuverlässigkeit geschuldet ist. Trotzdem zeigt sich ein Wandel durch Technologien wie Ethernet-APL. Unsere Aufgabe ist es, die Vorteile dieser Technologien zu vermitteln und den Übergang zu erleichtern. Die Digitalisierung bietet Chancen zur Effizienzsteigerung und transparenteren Prozessen. Die Branche entwickelt sich weiter, und proaktive Anpassung ist entscheidend für den Erfolg in der Zukunft.

Was muss der Anwender bei der Installation von Ethernet-APL beachten an Anforderungen oder Herausforderungen bei der Implementierung?

Bei der Installation von Ethernet-APL ist eine sorgfältige Planung der Topologie essenziell. Die Platzierung von Switches und Endgeräten sollte berücksichtigt werden. Eine hybride Lösung erlaubt die Integration bestehender Profibus-PA-Geräte mit Ethernet-APL, was den Übergang für Nutzer erleichtert, die bereits digitale Technologien nutzen. Der Umstieg von Profibus PA auf Ethernet-APL ist unkompliziert, erfordert jedoch die Überprüfung der Gerätekompatibilität.

Wie lange dauert es, bis Ethernet-APL wirklich in der Prozessindustrie angekommen ist?

Die Einführung von Ethernet-APL in der Prozessindustrie benötigt Zeit, dennoch wächst das Interesse an dieser Technologie. In Deutschland engagieren sich viele Unternehmen aktiv für die Implementierung von Ethernet-APL. 2024 könnte ein Schlüsseljahr für die breite Einführung sein. Mit der Weiterentwicklung von Produkten wird Ethernet-APL in den kommenden Jahren voraussichtlich zur Standardausstattung gehören.

Welche Branchen der Prozessindustrie sind hier schon weiter als andere?

Die Chemie- und Pharmaindustrie in Deutschland sind führend bei der Implementierung von Ethernet-APL. Diese Branchen haben sich intensiv mit der Technologie auseinandergesetzt und sind bereits aktiv geworden. Insbesondere in Laborbereichen gibt es Unternehmen, die Ethernet-APL intensiv nutzen. Dennoch ist die Anwendung der Technologie in der Chemiebranche noch heterogen, mit einigen Unternehmen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben, und anderen, die noch in der Evaluierungsphase sind.

Sprechen wir in 50 Jahren immer noch von Ethernet-APL?

Da bin ich mir ziemlich sicher. Angesichts der massiven Investitionen und des Bedarfs an modernen Kommunikationstechnologien glaube ich an seine Langlebigkeit. Es ist ein zukunftsträchtiges Konzept für die Prozessautomatisierung.

Im Zuge Digitalisierung ist das Thema Partnerschaft sehr wichtig. Welche Kooperationen ist Softing im Rahmen Ethernet-APLs eingegangen?

Im Rahmen der Digitalisierung hat Softing eine strategische Partnerschaft mit der Firma R. Stahl für unseren Ethernet-APL-Switch etabliert. Diese Kooperation kombiniert die Stärken beider Unternehmen und fördert innovative Technologien. Als zu 80 Prozent softwareorientiertes Unternehmen verfügen wir über ein Team von Software-Ingenieuren, das von Diagnosefunktionen bis zur Systemintegration reicht. Unsere frühe Investition in die Technologie und unsere offene Zusammenarbeit mit Partnern zielen darauf ab, den Markt gemeinsam zu stärken und die Akzeptanz von Ethernet-APL zu fördern.

Warum sollte ich mich als Anwender in Bezug auf Ethernet-APL auf Softing setzen beziehungsweise was machen Sie anders als Ihre Mitbewerber?

Bei Softing betrachten wir das gesamte System, nicht nur einzelne Hardwarekomponenten. Mit über 45 Jahren Erfahrung in der Industrieautomation haben wir uns auf die Identifizierung und Behebung von Systemlücken spezialisiert. Unsere Stärke liegt in der Entwicklung eigener Produkte und der nahtlosen Integration von Feldgeräten und Asset-Management-Systemen. Wir sehen großes Potenzial in der Weiterentwicklung unserer Softwarelösungen, insbesondere in der Netzwerkdia­gnose, und leisten so einen wertvollen Beitrag zur Industrieautomation.

Bildergalerie

  • Softing hat eine aplSwitch-Produktlinie entwickelt, die sowohl eine Kupfer- als auch eine Glasfaseranbindung unterstützt.

    Softing hat eine aplSwitch-Produktlinie entwickelt, die sowohl eine Kupfer- als auch eine Glasfaseranbindung unterstützt.

    Bild: Softing

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