Malaria lässt sich bereits gut medikamentös behandeln. Trotzdem sterben noch immer viele Menschen an den Folgen der Infektionskrankheit: 650.000 Menschen sind es pro Jahr, davon fast 600.000 Kinder unter fünf Jahren. Ein Grund dafür ist, dass die wirkungsvollen Arzneimittel für viele Menschen bisher unerschwinglich sind.
Als ein wichtiger Wirkstoff gegen Malaria gilt Artemisininm der auch als Mittel gegen Krebserkrankungen erforscht wird. Max-Planck-Forscher haben nun einen Weg gefunden, diesen Wirkstoff umweltschonend und deutlich effizienter als bisher zu erzeugen. Sie haben eine neue Methode entwickelt, bei der sie Substanzen aus Pflanzenabfällen nutzen, um Artemisinin herzustellen.
Der neue Prozess, der sich in großtechnischem Maßstab realisieren lässt, ermöglicht eine verstärkte und kostengünstige Produktion von Artemisinin. Zu diesem Zweck wird er von Artemiflow, einem von Max-Planck-Forschern gegründeten Start-up in den USA industriell umgesetzt.
„Unser Durchbruch bei der Produktion schafft die Möglichkeit, Millionen von Menschenleben zu retten. Da sich jetzt die Kosten für Anti-Malaria-Medikamente deutlich senken lassen, können viel mehr an Malaria Erkrankte davon profitieren", sagt Peter H. Seeberger, Direktor der Abteilung Biomolekulare Systeme am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung.
Mit pflanzlicher Hilfe in 15 Minuten zum Artemisinin
Bereits 2012 erfuhren der Chemiker und seine Kollegen am Potsdamer Max-Planck-Institut international viel Aufmerksamkeit, als sie einen Weg präsentierten, Artemisinin einfacher herzustellen. Bislang wird Artemisinin aus dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua) gewonnen. Den Max-Planck-Forschern gelang es damals, den Wirkstoff aus dem derzeit ungenutzten in der Pflanze enthaltenen Vorläufer Artemisininsäure zu erzeugen, und zwar in einem kontinuierlichen und somit großtechnisch realisierbaren Prozess.
Ein Team um Kerry Gilmore, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, hat das Verfahren nochmals deutlich verbessert. Die Forscher brauchen den pflanzlichen Ausgangsstoff jetzt nicht mehr aufwendig zu reinigen. Sie setzen zudem das Chlorophyll der Pflanze als Katalysator ein, der die chemische Umsetzung ermöglicht. Bisher waren dafür teure und umweltschädliche Fotoaktivatoren notwendig.
Somit können die Chemiker eine Lösung der Komponenten, so wie sie aus der Pflanze extrahiert wird, direkt in den kontinuierlichen Prozess einspeisen. Auf diese Weise schaffen sie nun in weniger als 15 Minuten, was in der Pflanze natürlicherweise etwa drei Wochen dauert. Der Prozess ist so effizient, dass sich damit das 50 bis 100-fache der natürlichen Konzentrationen an Artemisininsäure verarbeiten lässt.
Hoffnung auch für Arzneimittel, die ähnlich hergestellt werden
Das neue chemische Produktionsverfahren ist das erste Beispiel dafür, dass nicht nur die Ausgangsstoffe für die Herstellung eines Arzneimittels oder Naturstoffs aus Pflanzen gewonnen werden. Auch der Katalysator, also das Werkzeug, das die Reaktion vorantreibt, kommt direkt aus den Pflanzen. Der neue Prozess bietet die Chance, nicht nur die Herstellung von Malariamedikamenten zu revolutionieren, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten für andere Arzneistoffe, die ähnlich hergestellt werden.
Da die Forscher mit der großtechnischen Umsetzung bei Artemiflow nun die gesamte Lieferkette kontrollieren und die großtechnische Produktion von Malariawirkstoffen in jeder Phase verbessern können, sind sie in der Lage, den Prozess nun industrialisieren. Das Team befindet sich zudem in Gesprächen mit einer Reihe von möglichen Partnern, darunter die Bill & Melinda Gates Foundation, damit bald möglichst viele an Malaria erkrankte Menschen mit wirkungsvollen Medikamenten behandelt werden können.