Andrea Alboni ist mit diesem Beitrag im A&D-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Automation vertreten. Alle Beiträge des A&D-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen .
Die zunehmende Volatilität des globalen Wirtschaftsgeschehens stellt hiesige Produktionsunternehmen vor Herausforderungen: Lieferungen bleiben aus, der Absatz bricht ein, Handelsrouten sind blockiert. Gerade in jüngster Zeit ist die internationale Verflochtenheit der Lieferketten durch zwischenstaatliche Handelskonflikte, protektionistische Tendenzen und zuletzt die COVID-19-Pandemie zum Nachteil geworden.
Solche Unsicherheiten motivieren Reshoring-Prozesse. Bereits seit der Jahrtausendwende hatte der in den neunziger Jahren so kraftvolle Offshoring-Boom an Fahrt verloren. Spätestens seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 lässt sich eine Tendenz zur Rückholung vorgelagerter Produktionsschritte ins eigene Land beobachten. Global betrachtet nimmt das Exportwachstum im Verhältnis zum BIP-Wachstum seither kontinuierlich ab, in den letzten zehn Jahren sind auch grenzüberschreitende Investitionen und Wertschöpfungsverflechtungen stetig zurückgegangen.
Trend zum Reshoring
Die Corona-Krise könnte diesen Trend nun verstärken und mehr Firmen zum Reshoring bewegen. Insbesondere Industriezweige, die viele Vorprodukte aus Niedriglohnländern importieren, könnten ihre Liefertreue so nachhaltig sicherstellen. Kollaborative Automatisierung erhält vor diesem Hintergrund neue Relevanz.
Cobots (für „collaborative robots“) haben das Einsatzspektrum der Industrierobotik in den letzten zehn Jahren beträchtlich erweitert: Im Gegensatz zu herkömmlichen Industrierobotern sind sie einfach zu integrieren und flexibel einsetzbar, wodurch sie auch High-Mix/Low-Volume-Produktionen rentabel automatisieren. Dabei arbeiten sie direkt neben dem Menschen und entlasten ihn von eintönigen Tätigkeiten. Durch ihre schnelle Amortisierung profitieren mittlerweile auch KMU von ihren Vorteilen und können diese im Kontext des Reshorings nutzen.
Konkurrenzfähig durch Cobots
So ermöglicht kollaborative Robotik zum einen, auch bei der Fertigung in Hochlohnländern konkurrenzfähige Preise anzubieten. Denn ob ein Cobot in China, in der Türkei oder in Deutschland Teile montiert, macht preislich keinen Unterschied. Cobots verschlanken Prozesse und ziehen das Tempo an – Unternehmen profitieren so von sinkenden Produktionskosten und können ihre Fachkräfte optimal einsetzen.
Zum anderen ermöglichen Cobots, Produktionen flexibel zu skalieren. Sie lassen sich schnell für diverse Aufgaben umrüsten, sodass sich selbst die Herstellung kleiner Losgrößen lohnt und eine hohe Variantenvielfalt bedient werden kann. Rund um die Uhr einsatzbereit können Cobots Produktionskapazitäten voll ausschöpfen und den Durchsatz steigern. Zugleich eröffnen sie die Möglichkeit, Produktionsvolumina bei Bedarf schnell anzupassen – ohne personelle oder räumliche Veränderungen. Viele Unternehmen wollen beispielsweise vermeiden, kurzfristig eine neue Halle anzumieten, um die Produktion zu erhöhen. Mithilfe von Cobots lässt sich die Produktivität auf gleicher Fläche steigern, bestimmte Tätigkeiten benötigen dadurch sogar weniger Platz.
So helfen Cobots, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und eine zuverlässige Produktion zu gewährleisten – auch in unruhigen Zeiten. Die Prozessoptimierung durch kollaborative Robotik könnte ein Umdenken über den Wert menschlicher Arbeitskraft anstoßen und perspektivisch eine Umstrukturierung globaler Wertschöpfung begleiten, von der sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter profitieren könnten.