In Deutschland sind 2015 knapp 6 Millionen Tonnen Kunststoffabfall angefallen. Davon wurden laut einer Studie der Consultic Marketing & Industrieberatung rund 53 Prozent verbrannt und 46 Prozent stofflich recycelt, ein Prozent deponiert.
Etwa die Hälfte der Abfälle entsteht bei privaten Verbrauchern, darunter insbesondere Verpackungen. Hier ist die Zusammensetzung der Kunststoffabfälle komplexer, sodass nur rund 30 Prozent der Abfälle stofflich verwertet werden. Der Rest wird überwiegend verbrannt. In anderen Ländern sind die Verwertungsquoten zum Teil deutlich schlechter. In den meisten Ländern weltweit gibt es noch kein Deponieverbot, wie es seit 2005 in Deutschland umgesetzt wird.
Recycling setzt gute Sortierung voraus
Eine Steigerung des Recyclinganteils erfordert eine gute und zunehmend bessere Sortierung der Abfälle. Aus schlecht oder nicht sortiertem Kunststoff entstehen beim werkstofflichen Recycling nur minderwertige Kunststoff-Gemische. Solche Gemische eignen sich nur für Anwendungen, in denen die Anforderungen an das Material unkritisch sind (beispielsweise Parkbänke und Blumentöpfe). In diesem Zusammenhang spricht man auch von Down-Cycling, während der Begriff Re-Cycling nur verwendet werden sollte, wenn das wiederverwertete Material ein gleichwertiges ersetzt.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die maschinelle Sortierung erheblich weiterentwickelt. Schon länger gibt es neben der rein mechanischen Sortierung, beispielsweise im Windsichter und auf Rütteltischen, die Trennung über magnetische und elektrische Eigenschaften sowie thermische Verfahren. Allesamt sind für eine Kunststoffsortierung allerdings nur eingeschränkt einsetzbar. Im Kunststoffbereich dominieren die jüngeren optischen Technologien, vor allem die Farb- und die NIR-Sortierung. Letztere erkennt die Reflexion nahinfraroter Strahlung und ermöglicht so eine Trennung der Materialien nach chemischer Zusammensetzung. So lassen sich die verschiedenen Ausgangspolymere wie PE, PET und PP trennen.
Sortierlösung für neue Anwendungsbereiche
Anders sieht es mit Additiven aus, die typischerweise nur in kleinen Konzentrationen im Material vorhanden sind. Pigmente und Farbstoffe lassen sich noch über eine Farbsortierung abscheiden; es bleibt aber eine Vielfalt von Additiven, bei denen dies nicht möglich ist. Damit aus den Kunststoffen, die diese Additive enthalten, gleichwertige Rohstoffe werden, müssen sie sauber getrennt werden. Auch hier gilt: Gemische sind für gleichwertige Anwendungen (oft) ungeeignet.
Im Extremfall entstehen subtile Materialunterschiede erst in der Anwendung. PET in Lebensmittelverpackungen ist beispielsweise chemisch identisch mit PET, das mit giftigen Stoffen in Berührung gekommen ist. Dennoch müssen diese Stoffströme getrennt werden, um gefährliche Kontaminationen zu vermeiden.
Es gibt also nicht wenige Sortieraufgaben, in denen die Eigenschaftsunterschiede der zu trennenden Materialien nicht für eine Erkennung und Trennung ausreichen beziehungsweise im schlimmsten Fall gar keine Unterschiede vorhanden sind. Wie ist eine Sortierung trotzdem möglich? Die Lösung liegt im Hinzufügen zusätzlicher Merkmale. In Frage kämen zum Beispiel Bedruckung, Prägung und die Etikettierung von Artikeln. Auch der bekannte Barcode könnte prinzipiell für eine Sortierung genutzt werden könnte. Diese Methode käme aber schnell an ihre Grenzen, wenn die Verpackungen beschädigt, stark verschmutzt, unvollständig oder gar geschreddert sind.
Erkennung über Floureszenzmarker
Dieses Problem wird umgangen, indem das zusätzliche Merkmal als Additiv gleichmäßig im Material verteilt wird. Die Konzentration wird möglichst gering gehalten, um die Materialeigenschaften des Produkts, zum Beispiel Farbe und Festigkeit, nicht zu verändern.
Auch ein Ein- oder Aufbringen des Markers in Bedruckung oder Etiketten ist möglich. Eine speziell designte Sortiermaschine ist dann der Lage, die eingearbeiteten Marker- oder Spurenstoffe („Tracer“) zu erkennen und die Fraktionen abzutrennen. Dieses markerbasierte Sortieren, Tracer-Based Sorting (TBS), wurde von Polysecure nun zur Industriereife gebracht. Dabei werden Fluoreszenzstoffe genutzt, die eine maschinelle Erkennung innerhalb weniger Millisekunden ermöglichen – und das bei Konzentrationen von nur zehn bis 1.000 ppm.
Pilotanwendung PVC-Fensterrahmen
In einer Pilotanwendung werden zwei verschiedene Sorten PVC für Fensterrahmen getrennt. Eine der Rezepturen enthält Glasfasern, die sich positiv auf mechanische und thermische Eigenschaften auswirken. Die andere Rezeptur enthält keine Glasfaser und wird für die sichtbaren Oberflächen genutzt. Für die Trennung der beiden Fraktionen hat sich TBS als die wirtschaftlichste Lösung herausgestellt.
Die Einbringung des Markers in das PVC geschieht kostengünstig vor oder im Extrusionsprozess. Das Ausgangsmaterial für den Sortierprozess ist das geschredderte Alt-PVC bestehend aus Partikeln von zwei bis zehn Millimetern Größe und durchschnittlich unter 0,1 g Masse. Die Sortieranlage bewältigt ein bis zwei Tonnen pro Stunde beziehungsweise 10.000 Tonnen pro Jahr. Die beiden getrennten PVC-Fraktionen können nun bei der Herstellung neuer Fenster verarbeitet werden und ersetzen dort Neu-PVC in gleicher Menge.
Viele andere Anwendungen sind denkbar. Derzeit arbeitet Polysecure mit Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland, Werner & Mertz, der Hochschule Pforzheim und dem KIT im vom Bundesforschungsministerium BMBF unter FONA3 geförderten Projekt „Marek“ an der Frage, wie eine Anwendung von TBS auf Kunststoffverpackungen aussehen könnte. Hier ist es möglich, die Verpackungen über die Bedruckungen zu markieren, was eine hohe Effizienz und Praktikabilität ermöglicht.