Pepperl+Fuchs hat sich das alles über Jahrzehnte erarbeitet. Nun erweitert der Anbieter seinen Fokus Eigensicherheit auf weitere wichtige Zündschutzarten. In seinen Solution Engineering Centern komponieren Meister ihres Fachs daraus Ex-Schutz-Konzepte, angepasst für die jeweilige Anwendung, so sicher und zugleich effizient wie möglich.
Fantasievoller Explosionsschutz geht so: Man nehme eine riesige Gummihülle, ähnlich einer Hüpfburg, setze seine Anlage dort hinein und baue darin Überdruck mithilfe einer Pumpe und eines inerten Gases auf. Eine explosionsfähige Atmosphäre außerhalb der Gummihülle wird so zuverlässig vor dem Eindringen abgehalten. Damit ist eine Zündquelle an der Anlage unkritisch – zur Explosion kann es nicht kommen.
Eine so geschützte Anlage, wird kolportiert, soll es tatsächlich gegeben haben, sogar an einem der großen deutschen Chemie-Standorte. Man darf davon ausgehen: Diese Konstruktion war „selbst gebastelt“. Wenngleich das beschriebene Prinzip für den Ex-Schutz durchaus erprobt und zugelassen ist: als Zündschutzart Ex p. Eine Nummer kleiner und normalerweise mit festem Gehäuse, aber dennoch gerade für große Geräte geeignet, bildet es eine von vier häufigen Zündschutzarten.
Wer die richtige, sprich für seine jeweilige Anwendung geeignetste Zündschutzart sucht, bastelt besser nicht selbst. Sondern wendet sich an einen Hersteller, der möglichst viele der infrage kommenden Schutzprinzipien beherrscht. Einen, der über die Fachleute für die sichere und effiziente Auslegung verfügt. Und der aus einem großen Produktportfolio alle nötigen Komponenten für jede Zündschutzart beisteuern kann. So etwa Pepperl+Fuchs. Das Mannheimer Unternehmen ist seit gut 60 Jahren Spezialist für den Explosionsschutz technischer Anlagen. Lange Zeit stand der Anbieter für die Schutzart Eigensicherheit. Doch in den letzten Jahren hat er sich auch in den anderen Zündschutzarten Kompetenz und ein breites Produktprogramm aufgebaut. Eigensicherheit ist nach wie vor der Favorit vieler Anlagenbetreiber in Europa. Alle dabei eingesetzten elektrischen Komponenten wurden von vorneherein so konstruiert, dass kein zündfähiger Funke entstehen kann, selbst wenn die umgebende Atmosphäre explosionsfähig ist.
Pepperl+Fuchs‘ erste derartige Entwicklung war eine eigensichere Trennbarriere für die BASF. Es folgten viele weitere, bei denen ebenfalls Strom, Spannung und maximale Oberflächentemperatur so begrenzt wurden, dass das entsprechend zertifizierte Bauteil direkt in Bereichen der Ex-Zone 1 eingesetzt werden kann. Vorreiter war der Anbieter bei den Remote-I/O-Systemen und der Feldbustechnik für die Ex-Zone. Der elektronisch gewährleistete Schutz nach Ex i (Eigensicherheit) ist es aber auch, der der Zündschutzart die Grenzen aufzeigt. Geräteentwickler sind gefordert, Strom- und Spannungsbedarf gering zu halten. Geräte mit höherem Energiebedarf können nicht in Ex i ausgelegt werden.
Explosion erlaubt – aber in engen Grenzen
Zudem spielte Ex i in vielen anderen Regionen lange nicht die Rolle wie in Deutschland. Anlagen in den USA und Asien waren bislang meist in technisch einfacheren Schutzarten wie der druckfesten Kapselung, kurz Ex d, ausgelegt. Bei ihr werden beliebige Bauteile in ein druckfestes, dichtes Gehäuse gepackt. Explosionsfähiges Gas kann zwar im Einzelfall eindringen. Doch eine Explosion bleibt dort eingeschlossen, zerstört zwar die darin befindlichen Bauteile, aber nicht die schützenswerte teure Prozessanlage. Das etwas martialisch anmutende, aber dennoch wirkungsvolle Prinzip wird auch verwendet, wenn Eigensicherheit nicht genug Leistung bietet.
Zwar gewinnt nun auch in USA, Asien und Fernost Eigensicherheit ihre Fans. Doch der Anteil an Ex-d-Anwendungen dominiert noch. Thomas Kasten, Product Marketing Manager Systems+Solutions bei Pepperl+Fuchs, schätzt: „Der Ex-d-Markt ist mindestens um Faktor 5 größer als der Markt für eigensichere Bauteile.“ Im Zuge einer Diversifizierungsstrategie beschäftigte sich sein Unternehmen folgerichtig mit dieser Ex-Schutzart, die sich für die normale 240-V-Versorgung bis hin zum 6,6-kV-Mittelspannungsbereich eignet. Die Anwendung erstreckt sich auf Steuerungen von Motoren zum Beispiel für Mühlen und Mischkessel, Energieversorgungsverteilungen und die komplette Installation vom Klemmenkasten bis zu Befehls- und Meldegeräten. Für all das kann Pepperl+Fuchs inzwischen geeignete Produkte und Systeme anbieten. Auch für weitere Zündschutzarten wie Ex p und Ex e hat es ein breites Produktportfolio aufgebaut, zum Teil durch Zukäufe spezialisierter Anbieter, zum Teil in eigener Entwicklung. So können die Solution Engineering Centers (SEC) des Unternehmens die ganze Klaviatur des Ex-Schutzes nutzen, wenn sie Schaltschränke planen und bestücken. Eine Dienstleistung, für die mehr und mehr Kunden Bedarf haben. Die Ausdünnung und Verselbständigung der Automatisierungs- und Elektroplanungsabteilungen in Chemie-Großkonzernen leistet dieser Entwicklung ebenso Vorschub wie die Tendenz der EPCs, sich Spezialkompetenz einzukaufen oder zumindest Spitzen für die eigenen Engineering-Teams abzumildern.
Weltweit der richtige Ex-Schutz für Module
Ein wichtiger Schrittmacher für das Geschäft der SECs ist der Trend zur Modularisierung. Modulbauer, die die Dienstleistung in Anspruch nehmen, dürfen davon ausgehen, dass sie für jede Region der Welt die geeignete, regional zugelassene Ex-Schutz-Lösung erhalten. Und das je nach Vorlieben des Endanwenders in der gewünschten Zündschutzart. Gerade die Vielfalt des Angebots macht Überraschungen möglich. Thomas Kasten sagt: „Unsere Ingenieure berichten von etlichen Kunden, die die ihnen bekannte Zündschutzart Ex d favorisieren, im Rahmen des Beratungsprozesses dann aber Alternativen erst kennenlernen und zum Beispiel auf Ex p umschwenken.“
Am Ende erstellt Pepperl+Fuchs auch noch die notwendige Dokumentation und Zertifizierung für die individuelle Kundenlösung. Die SECs erbringen den Nachweis, dass Ex-Schutz, etwa durch ein Ex-d-Gehäuse, sichergestellt ist, dass das für den jeweiligen Anwendungsfall geeignete Material verwendet wurde und der Schaltschrank dicht abgeschlossen wurde. Eigentlich könnte das die Lösung der Wahl sein, denn in ein Ex-d-Gehäuse kann jedes beliebige Bauteil eingebaut werden. Warum macht man das nicht nur so? Der Haken liegt bei Wartung und eventuell notwendigen Erweiterungen. Das Ex-d-Gehäuse darf nur von speziell ausgebildeten Mitarbeitern geöffnet werden, und nach dem Wiederverschluss muss eine benannte Stelle bescheinigen, dass die Zertifizierung wieder gültig ist. Streng genommen. Von Land zu Land werden Sicherheitsvorschriften jedoch anders gehandhabt. Thomas Kasten warnt: „Da müssen nur die Schrauben nicht gleichmäßig angezogen sein – und es kann zu einem Explosionsaustritt kommen.“
Die Lösung könnte eine Kombination aus Ex d und Ex e sein, die Pepperl+Fuchs seit einigen Jahren vermarktet. Die Ex-e-Lösung verhindert durch konstruktive Maßnahmen, dass ein Zündfunke entsteht. Ex-e-zertifizierte Komponenten können in das Ex-e-Gehäuse vom Anwender eingebaut werden. Weitere Komponenten, die nicht mit Ex-e-Zulassung verfügbar sind, werden in ein Ex-d-Gehäuse gesetzt. Während das Ex-d-Gehäuse vom Kunden typischerweise nicht geöffnet wird, kann er im Ex-e-Teil Änderungen selbst durchführen. Ein Angebot, das laut Thomas Kasten sehr viel Aufmerksamkeit findet.
Und eines, das den SECs eine weitere Spielart für den Explosionsschutz beschert. „Mit Standard-Lösungen kann man sicherlich eine Vielzahl an Anwendungen erschlagen“, so Kasten, „aber oft sind die dann überdimensioniert.“ Ist ein Projektingenieur von Pepperl+Fuchs zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingebunden, kann die effizienteste Lösung aus der Kombination aller Möglichkeiten entstehen, und zwar bereits bei der Spezifikation. Sie wird dann wohl weniger lustig als die Hüpfburg-Konstruktion aussehen, dafür aber ungleich sicherer sein.
Praxistipps unter www.explosionprotection.com