Kraft- und formschlüssige Verbindungen sind ein integraler Bestandteil vieler Fertigungslinien – besonders in der Automobil- und Zulieferindustrie. Mittels Einpressen, Verstemmen und ähnlichen Verfahren werden Bauteile und Komponenten dauerhaft mechanisch gefügt. Solche Prozesse sind etwa Teil der Motor-, Getriebe- und Lenkungsmontage sowie der Fertigung von Benzin- und Dieselpumpen. Auch bei der Fahrwerk- und Achsmontage, etwa bei der Produktion von Radträgern, sind Fügevorgänge zu realisieren.
Wurden solche Aufgaben traditionell mit pneumatischen oder hydraulischen Systemen gelöst, findet seit einigen Jahren ein Umdenken statt: Will man dem Kunden, wie es die Automobilindustrie bereits in Teilen vormacht, individuelle Produkte bieten, die er in unterschiedlichen Varianten konfigurieren und bestellen kann, muss man in der Fertigung flexibler werden, ohne an Wirtschaftlichkeit einzubüßen. Beim Fügen von verschiedenen Losgrößen und Typen werden die Nachteile fluidtechnischer Systeme schnell offenbar. Dazu zählen etwa die eingeschränkte Anpassbarkeit des Fügevorgangs sowie zum Teil fehlende Überwachung und Qualitätskontrolle, ein vergleichsweise geringer Wirkungsgrad und damit eine schlechte Energiebilanz.
Flexible Kraftregelung
Genau hier setzen die elektromechanischen Systeme von Kistler an: Sie verfügen über eine flexible Kraftregelung per Servoverstärker und eine integrierte Kraft-Weg-Überwachung in Echtzeit. So wird nicht nur eine Prozessoptimierung möglich, sondern zusätzlich werden Schäden an Bauteilen beziehungsweise Werkzeugen vermieden. Der hohe Gesamtwirkungsgrad geht zudem mit Wartungsarmut einher. Alexander Müller, Produktmanager NC-Fügesysteme bei Kistler, erläutert die Vorteile: „Im Vergleich zu pneumatischen oder hydraulischen Verfahren erreichen unsere NC-Module wie alle Fügesysteme von Kistler einen deutlich höheren Wirkungsgrad. Das Einsparpotenzial des elektrischen Verfahrens kann bis zu 77 Prozent im Vergleich zum hydraulischen und gegenüber dem pneumatischen Verfahren sogar 90 Prozent betragen. Aufgrund des niedrigen Wartungsaufwands der Systeme werden die reduzierten Produktionskosten zusätzlich gesenkt – und dank der integrierten Qualitätskontrolle und Prozessregelung verringert sich die Ausschussproduktion.“
Komplettes Portfolio
Insgesamt bietet Kistler seinen Kunden sieben verschiedene Baureihen an NC-Fügemodulen – NC steht für Numeric Control – für nahezu jede denkbare Anforderung. Neu im Programm ist das Modul NCFE, das laut Hersteller eine besonders wirtschaftliche Lösung für einfache Fügevorgänge im Kraftbereich von 10 bis 80 kN liefern will. Geringe Kosten, unkompliziertes Handling und schnelle Inbetriebnahme sollen NCFE besonders für Anwender konventioneller (Hydro-)Pneumatik und Anlagenbauer attraktiv machen. Für Standard-Einpressvorgänge mit flexiblem Einsatzbereich und kurzen Taktzeiten steht das Fügemodul NCFN. Es verfügt nicht nur über einen sehr weiten Kraftbereich von 5 bis 600 kN, sondern kann dank eines Baukastens modular erweitert werden, etwa wenn ein längerer Hub oder eine Sicherheitsbremse nötig ist. Die nächste Ausbaustufe bildet das Modul NCFH: Der Direktantrieb per Hohlwellenmotor bietet eine sehr große Dynamik, und mit dem integrierten Piezosensor anstelle von Dehnmessstreifen werden laut Kistler eine noch genauere Kraftmessung durch unterschiedliche Messbereiche und ein höherer Überlastschutz realisiert. Soll schließlich während des Fügevorgangs zusätzlich eine Drehbewegung ausgeführt werden, greifen Maschinenbauer zu NCFR: Durch zwei Hohlwellenmotoren kann bei gewohnt kompakter Bauweise eine unabhängige Rotation realisiert werden, die per Absolutwertgeber für Weg und Drehwinkel überwacht wird. Optional kann das Fügemodul NCFR mit Drehmoment-Sensor und -Verstärker ausgerüstet werden.
Individualisierung und Qualität
Jedes Fügesystem von Kistler wird mit dem passenden Monitoring-System maXYmos NC kombiniert: Es überwacht, bewertet und dokumentiert nicht nur die XY-Verläufe von Kraft und Weg, sondern bietet darüber hinaus eine hohe kraftunabhängige Positioniergenauigkeit. Möglich macht das die aktive Stauchungskompensation. Die vom Messmodul ermittelten Daten werden per HMI visualisiert. Anhand der Messkurven kann dann die Qualität des Fertigungsprozesses optimiert und in Echtzeit dank Anbindung über Sercos III gesteuert werden. Somit sollen sich ideale Zykluszeiten bei höchster Wiederholgenauigkeit realisieren lassen – Stillstandzeiten werden reduziert, Maschinenverfügbarkeit und Produktivität steigen. Da in komplexen Fertigungslinien häufig mehrere Fügemodule im Einsatz sind, können bis zu acht Messmodule kaskadiert und über ein Displaymodul beziehungsweise per Human-Machine-Interface (HMI) angesteuert werden, ohne dass eine zusätzliche SPS-Programmierung erforderlich ist. Mit der integrierten Ablaufsteuerung (Sequenzer Mode) des maXYmos NC lassen sich verschiedene Fügeprozesse abbilden und in bis zu 128 Programmen speichern, wobei für jedes Programm ein individueller Ablauf mit bis zu 255 Elementen definierbar ist.
Steigende Komplexität setzt entsprechendes Know-how voraus, deshalb bietet Kistler für sein gesamtes Portfolio an Fügesystemen ebenso umfassende Serviceleistungen an: Weltweit beraten Ingenieure und unterstützen von der Prozessentwicklung über den Vorversuch bis hin zur Inbetriebnahme. Ein regelmäßiger Kalibrierservice für alle NC-Fügemodule ist ebenso verfügbar wie Expertentrainings und Schulungen für Mitarbeiter. Und sollte ein Bauteil tatsächlich einmal ausfallen, ist der Reparaturservice von Kistler mit Originalteilen sowie Leihgeräten weltweit zur Stelle.