Digitalisierung, kleinere Losgrößen und schnellere Produktwechsel verlangen Anpassung, technische Innovationen und neues Denken. Der Kostendruck steigt. Zudem sorgt der wachsende Anteil des Onlinehandels nicht nur für Umsatzzuwächse, sondern auch für mehr Verpackungsmüll. Verbraucher wie Gesetzgeber verlangen Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit.
Innovative Produkte, Aktionsgrößen, saisonale Lebensmittel: Änderungen in der Produktion erfordern jeweils angepasste Verpackungsformen – die Umrüstzeit ist hier ein entscheidender Faktor, so Frank Würthner, Branchenmanagement Verpackungstechnik bei Beckhoff Automation. „Mit intelligenter Maschinensteuerung und flexiblen Roboterwerkzeugen lassen sich „auch kleine Losgrößen und schnelle Produktwechsel handhaben“, meint Olaf Horrenberger, Geschäftsführer bei Schubert Packaging Systems. Besonderen Wert auf möglichst einfache Bedienung legt man bei Ishida.
Die Systeme sollen sich anhand weniger Produktparameter selbst neu einstellen können. Ein modulares Konzept verschafft ebenfalls mehr Flexibilität: „Maßgeschneiderte Maschinen und Anlagen entstehen bei uns deshalb aus dem Systembaukasten“, sagt Gregor Baumeister, Leiter des Geschäftsbereichs Palettier- und Verpackungssysteme, Beumer Group. Auch bei Vemag Maschinenbau setzt man bei den Beladelinien auf ein Baukastensystem. Werden für die Umstellung einer Verpackungsanlage spezielle Bauteile gebraucht, so kann 3D-Druck für kurze Wartezeiten sorgen - bei Schubert Packaging Systems hat man seit 2014 auf diesem Weg bereits rund 20.000 individuell angepasste Werkzeuge hergestellt.
Verpackung als Teil der Prozesssteuerung
Medikamente in minimaler Losgröße, hochspezialisierte Bauteile, Müsli nach Wunsch: Dazu muss ein Produkt in jedem Schritt der Herstellung exakt identifizierbar sein. Wenn Verpackung das leistet, wird sie zum wichtigen Bestandteil der Prozesssteuerung, der Lagerverwaltung sowie der Vertriebslogistik und entwickelt sich so zum wesentlichen Faktor für Industrie 4.0. QR-Codes oder RFID-Chips etwa transportieren Informationen über individuelle Eigenschaften des verpackten Produkts. Verpackungsrohlinge werden dafür erst in der Linie bedruckt, integrierte Chips beschrieben – das erfordert leistungsfähige Hard- und Software.
Künftig steht eventuell eine unerwartet einfache Lösung bereit: die Fingerprint-ID der Wellpappe. Hochauflösende Scanner sollen die individuelle Faserstruktur des Standardmaterials für den Versand von Paketen erkennen und mit einer Datenbank abgleichen. Die Technologie befindet sich im Anfangsstadium, hat aber nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik großes Potenzial. Eindeutige Kennzeichnung, Serialisierung und Rückverfolgbarkeit – die Pharmaindustrie war hier der Vorreiter. Ab Februar 2019 tritt nun in der EU eine Richtlinie in Kraft, die zum Schutz vor Fälschungen unter anderem die Vergabe einer eindeutigen Seriennummer für jede Medikamentenpackung verlangt, die in einer zentralen Datenbank abrufbar ist.
Doch Fälschungsschutz sowie Track & Trace sind auch für andere Branchen wichtig – etwa die Kosmetik- oder Lebensmittelindustrie. Ohne die Produktion auszubremsen lässt sich dieses Ziel nur verwirklichen, indem man die Prozesse bei Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eng miteinander verknüpft. Bei Optima hat man den Wandel bereits vor einigen Jahren erkannt. Man sieht sich nun als „Partner für intelligente Verpackungslösungen von der Einsteigermaschine bis zur Komplettlinie“, so Ralf Hübner, Head of Sales, Optima Consumer. „Als Hersteller ist man heutzutage nicht mehr nur Komponentenlieferant“, meint auch Gregor Baumeister von Beumer und betont: „Wer Systeme integriert, muss auch die zugehörige Software anbieten.“
Kooperation und Vernetzung
„Die Vernetzung von Maschinen und der Datenaustausch über verschiedene IT-Ebenen erfordert eine ganzheitliche Planung“, sagt Olaf Horrenberger von Schubert. Die Analyse von Anlagen, Produkten und Logistikkette sowie entsprechende Beratung und Lösungsangebote bis hin zu Turnkey-Anlagen gehören aus seiner Sicht dazu. Voraussetzung sind „entsprechende Strukturen“ und sehr gut ausgebildete Mitarbeiter, „weil sich Technologien und Angebote ständig weiterentwickeln“, erklärt Herbert Hahnenkamp, Geschäftsführer bei Ishida. Eine webbasierte Software verbindet Verpackungsmaschinen weltweit mit dem Ishida-Service.
Produktionsdaten werden in Echtzeit erfasst, mit präventiven Maßnahmen sollen sich Störungen verhindern lassen, Techniker bei Problemen sofort einschreiten können. Beumer hat ein Leitsystem und eine Monitoring-App entwickelt, die Anlagenteile verbinden und laufend einen „Überblick über alle relevanten Kennzahlen der kompletten Verpackungslinie oder einzelner Anlagen“ geben, so Gregor Baumeister. Bei SSI Schäfer spielt die IT ebenfalls „eine zentrale Rolle“. Das Unternehmen will „das komplette Spektrum“ anbieten – von der Logistik-Lösung, die alle Schritte von der „Materialflusssteuerung bis zur Lagerverwaltung“ umfasst, und von der umfassenden Beratung bis hin zur Realisierung, sagt Produktmanager Thomas Jettkant.
Industrie 4.0 funktioniert nur mit Kooperation und gemeinsamen Standards. Bausch + Ströbel hat sich deshalb mit Fette Compacting, Glatt, Harro Höfliger und Uhlmann zu „Excellence United“ zusammengeschlossen. Mit einem eigenen IoT-Hub haben die Unternehmen eine gemeinsame Plattform für Softwareentwicklung und Systemintegration geschaffen. Diese nutzt standardisierte Schnittstellen, „darunter auch OPC UA, das als zukünftiges Standardprotokoll für die Datenkommunikation in der Industrie angesehen wird“, so Markus Ströbel, Geschäftsführender Gesellschafter, verantwortlich für den Bereich Vertrieb.
Umstellungen für mehr Nachhaltigkeit
Zu Jahresbeginn 2019 tritt das neue Verpackungsgesetz in Kraft. Es stellt schärfere Anforderungen an Hersteller und Händler, was die Registrierung von Verpackungsmaterial angeht und soll Wiederverwendung und Recycling steigern. „Wir sind schon lange mit unterschiedlichen Materialherstellern in Kontakt, um deren Neuentwicklungen auf unseren Maschinen zu testen und neue Lösungen zu entwickeln“, sagt Ralf Hübner von Optima. Mehr Nachhaltigkeit ist eine anspruchsvolle Aufgabe – schließlich geht es darum, Alternativen zu finden, die sich besser recyceln lassen.
Weniger Verpackungsmaterial bedeutet aber auch: geringere Kosten. Bei der Blisterversiegelung etwa kann man durch präzise Prozesssteuerung näher am Produkt und mit deutlich geringeren Folienlängen arbeiten und „immens viel Rohmaterial einsparen“ so Frank Würthner von Beckhoff. Bei Schütz hat man bereits lange Erfahrung mit der Wiederaufbereitung von Intermediate Bulk Containern. Ausgetauschte Kunststoffkomponenten werden intern recycelt, das Material soll vollständig wieder in die Herstellung einfließen.