P&A:
Herr Dr. Minkus, Sie sind seit rund einem Jahr als Geschäftsführer bei TLV im Amt. Was hat sich seitdem geändert, welche Prozesse konnten Sie anstoßen?
Uwe Minkus: Dank einer guten Ausgangslage des Unternehmers nach 25 Jahren Tätigkeit in Europa waren zum Glück keine großen Änderungen in Ausrichtung und Strategie bei dem GF-Wechsel notwendig. Die Änderungen sind eher evolutionärer Natur um das Erreichte zu bewahren und das weitere gesunde Wachstum voranzutreiben. Über die Kernthemen „Innovation“ und „Qualität“ wollen wir unseren Kunden noch besser unseren Anspruch als Dampfspezialist Nummer 1 deutlich machen. Das einzelne Produkt selber gerät dabei mehr und mehr in den Hintergrund zu Gunsten unserer Services und Beratungsdienstleistungen. Prozessverbesserungen wurden vor allem in diesem Bereich durchgeführt.
Der Bereich Dampf- und Kondensattechnik zählt landläufig nicht gerade zu den ganz neuen Techniken. Wie schaffen Sie es dennoch, hier neue Innovationen zu setzen und was unterscheidet Ihre Produkte von denen anderer Hersteller?
TLV zählt schon seit Anbeginn an zu den innovativsten Unternehmen der Branche: fast 1.400 Patente sprechen dort eine klare Sprache. Auch über das kleinste Detail machen wir uns Gedanken. Neu ist unser einzigartiger Ansatz, jede Kundenanforderung im Kern zu verstehen und mit Kundenprozessoptimierungen zu entdecken. Damit können wir uns durch eine hohe Beratungsqualität differenzieren. So kontaktieren uns viele Kunden schon heute nicht mehr weil sie ein Produkt benötigen, sondern weil sie in ihrem Dampf-Kondensat-Netz ein Problem zu lösen haben. Hierzu benötigen wir eine hohe Anzahl qualifizierter Fachberater zum Thema Dampf nahe am Kunden. Den klassischen Vertriebler mit einer großen Produktmappe unter dem Arm suchen sie also bei TLV vergeblich.
Sie setzen also vermehrt auf Systemlösungen, etwa zur Nachdampfverwertung oder verbesserten Energieausnutzung. Das ist ja allgemein ein Trend in der Branche... beobachten Sie, dass die Kunden Lösungen aus einem Guss wollen oder gab's in der Vergangenheit Kompatibilitätsprobleme oder Probleme im Handling von Einzelteilen? Was steckt dahinter?
Wir beobachten zwei Trends. Zum einen sind alle Unternehmen mehr und mehr aufgefordert, Energieeinsparungen zu identifizieren und dann auch zu nutzen, siehe u.a. das Programm NAPE der Bundesregierung und die Energieauditpflicht/ISO 50001. Hier sind zum einen unsere sehr kundenspezifischen Systemlösungen gefragt aber auch unsere Messtechniker für die Suche von Leckagen und fehlerhaften Armaturen in dem gesamten Dampf- und Kondensatsystem.
Sie haben TLV einmal als "hidden champion" bezeichnet. was ist das Besondere am Unternehmen?
Unter „hidden champions“ verstehe ich auf Neudeutsch die Tugenden des deutschen Mittelstandes. Kurz gesagt: die Konzentration auf eine einzige Sache, die dann aber mit voller Energie richtig gemacht wird. So beschäftigen wir uns seit der Firmengründung vor 60 Jahren nur mit der Dampf- und Kondensattechnik. Die nachhaltige und langfristige, gesunde Wachstumsstrategie ist durch die Eignerfamilie Fujiwara nun in dritter Generation sicher gestellt. Insofern passt auch die japanische und die deutsche Mentalität gut zusammen. Die eingangs erwähnten Kernthemen „Qualität“ und „Innovation“ finden sich da sehr gut wieder. Lieferantenbewertungen unserer zu Recht anspruchsvollen Kunden in Punkto Liefertermintreue und Produktqualität bringen uns regelmäßig Spitzenplätze.
In den letzten Jahrzehnten hat sich vieles hin zu mehr Nachhaltigkeit verändert und Umweltschutzthemen sind in den Fokus gerückt. Was tragen Sie dazu bei?
Der vielfältig einsetzbare Dampf als Wärmeträger ist einer der Hauptsäulen im Energie-Mix. Hier gibt es noch große Einsparpotenziale. Über die Beratung helfen wir täglich unseren Kunden, diese über Energierückgewinnung mit intelligenten Systemen und die Vermeidung von Dampfverlusten zu realisieren. Die von uns eingesetzten Ansätze und auch die Messgeräte sind in unsem SSOP Modell (Steam System Optimization Program) vereint.
Sie stellen Ihre individuellen Fertigungsmethoden heraus. Individualität hat meist ihren Preis. Was hat der Kunde konkret davon? Nennen Sie doch mal ein paar Beispiele.
Unsere patentierten Produkte zeichnen sich durch ihre Langlebigkeit und die geringen Leckageverluste aus, was unsere Kunden sehr schätzen. Die Mehrinvestition für einen TLV-Kondensatableiter mit dem einzigartigen Frei-Schwimmer-Prinzip rechnet sich beispielsweise schon nach einem halben Jahr. Ein anders Beispiel sind unsere individuellen Systems. Diese werden hier vor Ort aus Komponenten und Zukaufteilen montiert. Die Einsparungen beim Kunden sind enorm und die Amortisationszeit liegt meist bei unter einem Jahr.
Viele Unternehmen klagen in den letzten Jahren über einen Fachkräftemangel. Nun sitzen Sie zwar in einer bekanntermaßen schönen Gegend, aber doch etwas ab von den Metropolenregionen Stuttgart, bzw. Rhein-Neckar. Was tun Sie, um Fachkräfte nachhaltig an sich zu binden?
Gerade als wachsendes Unternehmen gehört diese Problematik zu unserem täglichen Geschäft. Letztes Jahr haben wir mit großem Aufwand z.B. fünf neue qualifizierte Mitarbeiter im Bereich Technik eingestellt. Überraschenderweise hat sich hier die lokale Suche über klassische Print-Medien als effektiv erwiesen. Eine umfangreiche Einarbeitung ist aber immer notwendig, da wir nie den Wunschkandidaten bekommen können. Um Mitarbeiter zu halten, liegt für uns das Hauptaugenmerk auf der Identifikation mit dem Job und der Firma. Eine Fluktuationsrate von Nahe Null zeigt auch hier ein typisches Erfolgsmerkmal der „hidden champions“ bzw. des Mittelstandes.
