„Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und Industrie 4.0, die natürlich auch in der Fahrzeugproduktion eine große Rolle spielt, sollen IIoT-Anwendungen helfen, die Fertigung intelligenter zu steuern“, sagt Dipl-Inf. Georg Püschel, Co-CEO Wandelbots. „Deshalb ist Wandelbots mit Volkswagen eine strategische Partnerschaft eingegangen. Roboter, die ein wichtiges Werkzeug in der Automatisierung sind, sollen schnell und kosteneffizient für bestimmte Aufgaben programmiert werden können“, so Püschel weiter. Besonders in der Endmontage gebe es immer noch vielfältige Aufgaben, die automatisiert werden könnten. „Volkswagen erhofft sich von der Kooperation, Automatisierungsprojekte schneller und mit deutlich reduziertem Aufwand zur industriellen Anwendung zu bringen", sagt Marco Weiß, Leiter New Mobility und Innovation der Gläsernen Manufaktur, in einer Meldung der Wirtschaftsförderung Sachsen.
Mit dem Produkt von Wandelbots, der Wandelbox, kann ein Experte für den betreffenden Produktionsschritt ohne umfangreiche Robotikkenntnisse die Maschine zu seinem Assistenten machen. Zunächst kann der Roboter dazu gebracht werden, die eigenen Handgriffe und Arbeitsschritte nachzuahmen und sie dann immer wieder abspielen. Außerdem kann der Roboter so gesteuert werden, dass er auf die Anwesenheit und Bewegungen des menschlichen Co-Arbeiters reagiert. Auf diese Weise können diesem beispielsweise besonders unergonomische Arbeitsschritte abgenommen werden. „Volkswagen hat für die Kooperation eine Erprobungsfläche eingerichtet, so dass die Anwendungen sehr praxisnah getestet werden können“, berichtet Püschel. Gegenwärtig arbeitet Wandelbots exklusiv mit Volkswagen an diesem Projekt – jedoch hat das junge Unternehmen weitere internationale Kunden, besonders im chinesischen Markt.
Der Roboter lernt auch komplexe Aufgaben durch Vor- und Nachmachen
Wandelbots revolutioniert mit der Wandelbox die Art und Weise wie Roboter programmiert und genutzt werden. Im Gegensatz zu klassischer manueller Programmierung von Robotern im MRK-Bereich, ermöglicht die Wandelbots-Lösung jedem Menschen Roboter auch komplexe Aufgaben durch Vor- und Nachmachen zu zeigen. Dies geschieht über intelligente Kleidung. Die Lösung basiert auf einem am Körper getragenen Sensorsystem, das in normale Kleidung integriert werden kann. Diese erfasst menschliche Bewegungen und überträgt sie auf Roboter. Auf diese Weise kann ein Mensch einem Roboter eine bestimmte Aufgabe ganz einfach zeigen. Die Software im Hintergrund analysiert dabei die aufgezeichneten Daten und generiert automatisch selbst-adaptive Automatisierungsprozesse auf Basis fortgeschrittener Maschinenlernverfahren.
Die ersten Pilotprojekte mit Industriepartnern wie Infineon und Volkswagen haben gezeigt, dass dieser Ansatz die Implementierungszeit und damit auch die Implementierungskosten von Robotersoftware dramatisch senken wird. Infineon etwa setzt die Technologie in der Fertigung seiner Halbleiterchips ein. „Neben VW und Infineon kooperieren wir mit Unternehmen, mit denen wir aufgrund der frühen Phase noch Vertragsverhandlungen betreiben oder Geheimhaltungsverträge pflegen, weshalb wir heute noch nicht zu viel verraten dürfen“, sagt Püschel, neben Christian Piechnick, Maria Piechnick, Sebastian Werner, Jan Falkenberg und Giang Nguyen Mitgründer von Wandelbots.
„Arbeit mit Robotern demokratisieren und kosteneffizienter machen“
Wandelbots ist eine Ausgründung der Technischen Universität Dresden, Lehrstuhl Softwaretechnologie von Professor Uwe Aßmann, und das erste Startup des neuen ‚Smart Systems Hub – Enabling IoT’ in Dresden. Dazu Georg Püschel: „Wir waren bereits vor der Gründung bestrebt, ein gutes, regionales Netzwerk aufzubauen, um die Innovation im Nahbereich bekannt zu machen und in Kooperationen mit lokalen Unternehmen einzutreten.“ Der Smart Systems Hub habe wie Wandelbots seine Wurzeln unter anderem in der TU Dresden, so dass man viel von dessen Entstehung mitbekommen habe.
Wandelbots erhofft sich vom Dresdner ‚Smart Systems Hub – Enabling IoT’ eine weitere Vergrößerung des Netzwerkes sowie Möglichkeiten, neue Innovation mit anderen Partnern anzustoßen. „Wir fänden es großartig, wenn dort vor allem eine Start-up-Kultur belebt werden kann, die in der Region neue Innovationen schafft und zur Wirtschaftsleistung beiträgt“, so Püschel. Der Smart Systems Hub sei eine Chance für Sachsen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, indem die Zusammenarbeit in der Region verstärkt und beschleunigt werde.
Bei der Ausrichtung des im November 2017 gegründeten Start-ups wurde von Beginn der Fokus auf die Mensch-Roboter-Kollaboration gelegt, wie Co-CEO Püschel erläutert: „Wir möchten die Arbeit mit Robotern demokratisieren und damit kosteneffizienter und viel breiter zugänglich machen. Jeder soll in der Lage sein, einen Industrieroboter zu programmieren, ohne sich vorher mit der umständlichen und sehr konservativen Technik beschäftigen zu müssen.“ Neben Volkswagen hat Wandelbots mit anderen Unternehmen Exklusivverträge, die dem Startup Zugang zu deren Automatisierungsarbeit ermöglicht. Zudem kooperieren die Dresdner in F&E-Projekten mit verschiedenen Hochschulen.
Vom Produkt zum Business via Cloud
Das primäre Geschäftsfeld von Wandelbots liegt heute bei Roboteranwendungen im industriellen Umfeld von Fertigungsunternehmen. Tätigkeiten in den Bereichen Montage, Logistik und Fertigung sind mit dem Einsatz der Technologie mit deutlich reduziertem Aufwand durchführbar, denn die Programmierung der Roboter können die Werksarbeiter mithilfe der intelligenten Kleidung und Software selbst übernehmen. Dabei ist die Branche nicht entscheidend. „Wir werden zunächst ganz klassisch Softwarelizenzen verkaufen“, sagt Georg Püschel. „Die Software wird möglicherweise mit einem PC oder sogar zusammen mit einem Roboter ausgeliefert, um die Integration für unsere Kunde möglichst einfach zu machen.“ Später strebe man eine Cloud-Lösung an, bei der nur eine Kommunikationskomponente heruntergeladen werde.
„Natürlich verkaufen wir dann auch die Körpersensoren, aber diese stehen nicht im Vordergrund unserer Vertriebsaktivitäten.“ Dieses Jahr wird das Start-up eine erste Produktversion fertig stellen, die an Kunden ausgeliefert werden kann. Neben einigen Forschungskooperationen wollen die Jung-Manager viel Arbeit in die Erschließung neuer Anwendungsfälle stecken. „Wir haben bereits neue Mitarbeiter angestellt und wachsen bis Jahresende auf etwa 15 Entwickler, Projektmanager und Robotikexperten. Nächstes Jahr streben wir einen zweistelligen Millionenumsatz an“, wirft Püschel den Blick nach vorne.