Hochflexible Roboterschweißzelle für maximalen Output Duo meistert 1.000 Varianten

In der hochflexiblen Schweißanlage kommen zwei schlanke Motoman Sechsachs-Roboter vom Typ MA1440 zum Einsatz, die mit hoher Dynamik und Präzision bestechen. Die Idee, die beiden Roboter in erhöhter Arbeitsposition auf dem H-Tisch zu montieren spart Platz und gewährleistet eine perfekte Zugänglichkeit zu den Schweißbaugruppen.

Bild: Yaskawa
15.06.2022

Achsen und Rahmen für Nutzanhänger, Wohnwagen und Wohnmobile müssen für maximale Sicherheit höchste Qualität bieten. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Schweißtechnik, die eine erstklassige Nahtqualität sowie eine hochflexible Anlagentechnik ebenso beinhalten wie Roboter, die präzise, zuverlässig und prozesssicher arbeiten.

Die AL-KO Vehicle Technology Group ist ein global agierender Technologiekonzern. Mit hochwertigen Chassis- und Fahrwerkskomponenten für Anhänger, Freizeitfahrzeuge und Nutzfahrzeuge sowie Bau- und Agrarfahrzeuge steht die Unternehmensgruppe für beste Funktionalität, höchsten Komfort und Innovationen für mehr Fahrsicherheit. Der Konzern erzielt mit über 3.800 Mitarbeitenden und mehr als 30 weltweiten Standorten einen Umsatz von nahezu einer Milliarde US-Dollar. Bei aller Globalisierung und Expansion des erfolgreichen Unternehmens findet die Fertigung der bewährten AL-KO Anhängerkomponenten von der Auflaufeinrichtung bis zur Komplettachse traditionell in der Firmenzentrale in der schwäbischen Ortschaft Kötz statt.

Insbesondere die Schweißnähte in der Rahmenfertigung sind hohen dynamischen Belastungen ausgesetzt, weshalb das Fügen dieser Komponenten zu den anspruchsvollsten Aufgabenstellungen der Verbindungstechnik zählt. Prozesssichere Schweißverfahren und eine State-of-the-art-Anlagentechnik sind hier unabdingbare Voraussetzung, um maximale Bauteilqualität bei gleichzeitig uneingeschränkter Flexibilität zu garantieren.

Für die Fertigung von Quertraversen für Nutzanhänger mit einem Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen setzt AL-KO auf eine neue, wegweisende Schweißzelle, bei der sich zwei Motoman Roboter im Parallelschweißen üben. Die komplette Entwicklung der Schweißzelle ist ein Gemeinschaftsprojekt von AL-KO und Yaskawa. Ausgangspunkt war ein standardisiertes Pflichtenheft des schwäbischen Herstellers, in dem wesentliche Parameter, darunter Energieeffizienz, Sicherheitstechnik, Prozesszeiten sowie Qualitätsvorgaben, vordefiniert sind.

Maximale Flexibilität bei minimalem Flächenbedarf

Zwei Restriktionen machten die Planung der Anlage zur echten Herausforderung, wie Steffen Schumacher, Produktions- und Investitionsplaner bei AL-KO, betont: „Zum Einen stand für die komplette Anlage nur sehr wenig Platz zur Verfügung, so dass wir alle nur denkbaren Möglichkeiten nutzen mussten, um das Projekt überhaupt realisieren zu können. Zum anderen musste die Anlagentechnik ein Höchstmaß an Flexibilität garantieren, da wir rund 1.000 Varianten mit den Robotern schweißen müssen.“

Da auf der Anlage ausschließlich Quertraversen für besagte Nutzanhänger gefertigt werden, mag die extrem hohe Variantenanzahl zunächst schier unglaublich klingen. Bedenkt man aber, dass AL-KO über 50 Klein- und Großkunden bedient, relativiert sich diese Größe etwas. Lediglich bei der Blechstärke hält sich das Spektrum in Grenzen. Diese liegen durchweg im Bereich von zwei bis drei Millimetern.

Das Konzept der ultrakurzen Lieferzeiten

Der Anspruch des Unternehmens, Kunden möglichst innerhalb von fünf Tagen nach Auftragsfreigabe beliefern zu können, bedingt nicht nur eine unglaubliche Flexibilität, sondern auch das Vorhalten entsprechender Fertigungskapazitäten sowie eine umfassende und kostspielige Lagerhaltung. Dazu Schumacher: „Dieser Kundenservice der kurzen Lieferzeiten ist für uns natürlich eine echte Herausforderung. Gleichzeitig ist diese Kundenorientierung aber auch ein Alleinstellungsmerkmal, das Anhängerhersteller in aller Welt zu schätzen wissen. Unsere Aufgabe ist es, mit innovativen Produktions- und Intralogistikkonzepten Strukturen zu schaffen, die es ermöglichen, diese Strategie der kurzen Lieferzeiten wirtschaftlich zu leben.“

Wie solche Lösungen in der Praxis aussehen, beweist AL-KO mit der neuen Schweißanlage, bei der zwei schlanke Motoman Sechsachs-Roboter vom Typ MA 1440 zum Einsatz kommen. Jeder Roboter verfügt über einen eigenen Brennerreiniger und Drahtabschneider. Die Robotersteuerung ist eine Yaskawa DX200. Als Positionierer dient ein dreiachsiger H-Tisch, der aus dem Standardprogramm von Yaskawa stammt. Die Steuerung der kompletten Anlage übernimmt anwenderfreundlich eine Siemens SPS S7, auf der mittlerweile viele Schweißprogramme für die Varianten hinterlegt sind. Der Anwender muss nur das passende Programm auswählen und den Prozess starten.

Um dem begrenzten Platzangebot wirkungsvoll zu begegnen, setzten die Planer auf eine ungewöhnliche Lösung. Yaskawa Salesmanager Roland Hermann erinnert sich: „Als uns die räumlichen Restriktionen bewusst wurden, war klar, dass wir hier alle Register würden ziehen müssen, um unter diesen Gegebenheiten eine gut zugängliche Lösung zu finden. Letztlich führte die Idee, die beiden Roboter auf dem H-Tisch zu montieren, zum Erfolg. Die erhöhte Arbeitsposition der Roboter gewährleistet zudem eine perfekte Zugänglichkeit zu den Schweißbaugruppen. Die komplette Zelle ist gerade mal 4,2 Meter breit und 4,7 Meter lang.“

Schweißnähte erster Güte

Da AL-KO großen Wert auf die Schweißnahtqualität legt und die Ausführung der Schweißnähte sowohl technisch wie optisch höchsten Ansprüchen gerecht werden muss, kam nur Premium-Schweißtechnik in Frage. „Konkret schweißen wir die Haltewinkel an die Traversen, über die diese Querträger mit den Längsträgern der Anhänger verschraubt werden. Diese Verbindung ist sicherheitsrelevant, weshalb hier ein prozesssicheres, erstklassiges Schweißergebnis unabdingbar ist“, so Schumacher.

Nicht zuletzt deshalb fiel die Wahl auf den renommierten Hersteller Fronius, der sowohl die Schweißstromquelle TPS 500i als auch die wassergekühlten Roboterbrenner beisteuerte. Zum Einsatz kommt die CMT-Technologie, die einen weitgehend spritzerfreien Schweißprozess mit geringem Bauteilverzug garantiert. Zudem reduziert auch der Einsatz von zwei Robotern grundlegend den Bauteilverzug, obgleich diese Lösung vorrangig wegen der erheblich kürzeren Schweißzeiten realisiert wurde.

Einfache Bedienung der Anlage

Die Bedienung der Anlage hält keine großen Überraschungen parat: Während die Roboter auf der einen Anlagenseite schweißen, ist auf der anderen Seite des H-Tisches ein Mitarbeiter mit der Entnahme der Fertigteile sowie dem Einlagen neuer Bauteile beschäftigt. Die Taktzeiten variieren je nach Variante deutlich, jedoch ist stets gewährleistet, dass die Entnahme- und Einlegearbeiten etwas weniger Zeit in Anspruch nehmen als die reinen Schweißzeiten. So können die Motoman Schweißroboter ihre beeindruckende Dynamik ohne Wartezeiten voll ausspielen. Einzig das Drehen das H-Tisches bestimmt die Nebenzeiten.

Was die Losgrößen auf der Anlage angeht, machen sich natürlich die vielen Varianten nicht unbedingt positiv bemerkbar. „Dennoch ist es uns gelungen, auf eine durchschnittliche Losgröße von 27 zu kommen. Grob gerechnet liegen die Losgrößen zwischen 10 und 100 Bauteilen. Noch kleinere Stückzahlen lassen sich automatisiert nicht wirklich rentabel herstellen und werden – so sie sich nicht vermeiden lassen – im Handschweißverfahren gefertigt“, betont AL-KO Fertigungsleiter in der Rahmenteilfertigung Gökhan Kocak.

Alle Zielvorgaben erfüllt

Dass die Schweißergebnisse, die die Anlage prozesssicher liefert, die hohen Erwartungen in jedem Fall erfüllen, beweisen die Erst- und Letztteilebemusterungen, die für jeden Fertigungsauftrag in der Rahmenteilfertigung obligatorisch sind. Zusätzlich nehmen die Anlagenbediener, die die Teilebestückung und -entnahme manuell ausführen, stets eine visuelle Kontrolle jedes Bauteils vor.

„Yaskawa steht für Qualität und Prozesssicherheit beim Schweißen wie kein anderer Roboterhersteller. Die beiden Schweißroboter überzeugen mit hoher Dynamik und Präzision. Dank ihrer schlanken Bauweise kommen sie mit den beengten Platzverhältnissen bestens zurecht. Alles in allem konnten wir mit der gemeinschaftlich entwickelten Anlage unsere Zielvorgaben optimal umsetzen“, resümiert Steffen Schumacher.

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