Phosphor und seine Verbindungen sind wesentliche Bestandteile des Lebens und unverzichtbar in unserem Alltag. Im menschlichen Körper spielt das Element eine entscheidende Rolle bei der Energieübertragung und vielen Zellfunktionen. Phosphorverbindungen finden Anwendung in Düngemitteln, Wasch- und Reinigungsmitteln, Medikamenten und vielen anderen Produkten. Darüber hinaus ist Phosphor ein essentieller Bestandteil von Flammschutzmitteln, Batterieelektrolyten und Katalysatoren.
Auf der Erde kommt Phosphor ausschließlich gebunden in Form von Phosphaten vor. Die Herstellung phosphorhaltiger Chemikalien erfolgt normalerweise in einem sehr aufwendigen und energieintensiven mehrstufigen Verfahren. Dabei wird zunächst der hochgiftige weiße Phosphor (P4) über einen Redox-Umweg hergestellt und anschließend zu Phosphortrichlorid (PCl3) und anderen problematischen und teilweise sehr giftigen Zwischenprodukten weiterverarbeitet. Die Phosphorchemie auf der Basis von P4 ist insgesamt mit erheblichen Problemen verbunden, spielt aber aufgrund ihrer großen Bedeutung eine unverzichtbare Rolle in der chemischen Industrie.
Äußerst relevant für industrielle Anwendungen
Jan J. Weigand, Professor für Anorganische Molekülchemie an der TU Dresden, veröffentliche zusammen mit seinem Team eine erstaunlich einfache Methode zur Herstellung von phosphorhaltigen Chemikalien. Dieses Verfahren wandelt primäre und sekundäre Phosphatquellen direkt in phosphorhaltige Chemikalien um, und das in nur zwei Schritten, ohne gefährliche Zwischenprodukte wie den weißen Phosphor (P4) zu verwenden.
Weigand erklärt: „Die Vorstellung des neuen Verfahrens ist für mich ein wirkliches Highlight meiner wissenschaftlichen Laufbahn und das Ergebnis von über 15 Jahren Forschungsarbeit. Wir haben eine Blaupause für eine wesentlich nachhaltigere Phosphorchemie entwickelt. Unser Herstellungsprozess ist aufgrund seiner Einfachheit in Bezug auf Ressourcen, Kosten und Zeit äußerst relevant für industrielle Anwendungen.“
„Wir haben bereits zwei Patente dafür eingereicht, von denen eines bereits offengelegt wurde. Der neue Syntheseweg ermöglicht eine größere Unabhängigkeit von Drittländern, da Europa selbst keine Produktionsstätte für P4 mehr besitzt, welches immer noch ein unverzichtbares Zwischenprodukt in der industriellen Phosphorchemie darstellt. Europa ist derzeit auf die Produktion in Ländern wie Vietnam und China angewiesen. Unser Verfahren kann in Zukunft eine Resilienz von phosphorhaltigen Chemikalien gewährleisten“, erklärt Jan J. Weigand den innovativen Charakter des Verfahrens.
Direktere und energieeffizientere Wertschöpfungskette möglich
Erstautor Tobias Schneider beschreibt den Ablauf der neuen Methode: „Uns ist es gelungen, mit einer einfachen chemischen Reaktion, bei der in Phosphaten durch einen labilen Liganden wie Pyridin zwei Sauerstoffatome ersetzt werden, ein vielseitiges Phosphorylierungsmittel herzustellen.“
„Dieses Reagenz ermöglicht einen Redox-neutralen Zugang zu einer Vielzahl wichtiger phosphorhaltiger Chemikalien mit verschiedenen Anwendungen, indem es mit verschiedenen Nukleophilen wie Aminen, Alkoholen oder Pseudohalogeniden sehr bereitwillig reagiert. Das Verfahren ermöglicht eine direktere und energieeffizientere Wertschöpfungskette, indem es kostengünstige Rohstoffe wie Phosphorsäure oder andere Phosphatquellen verwendet und somit den Einsatz von weißem Phosphor als Zwischenprodukt umgeht“, führt Schneider weiter.
Das Team um Prof. Weigand arbeitet derzeit daran, die Bandbreite der mit dem neuartigen Verfahren herstellbaren phosphorhaltigen Chemikalien zu erweitern und die in dem Prozess notwendigen Chemikalien über elektrochemische Methoden zu recyceln, um einen effizienten Kreislaufprozess zu entwickeln. Dadurch können Ressourcen weiter geschont und Kosten eingespart werden.