Viele Use Cases für Edge Computing resultieren aus der Notwendigkeit, Daten direkt dort zu verarbeiten, wo sie erzeugt werden. Nur so lassen sich Latenzzeiten reduzieren, Bandbreitenbeschränkungen vermeiden und die Bewegungen vertraulicher Daten besser kontrollieren. Autonomes Fahren, moderne OT (Operational Technology)-Umgebungen oder Hightech-Anwendungen in der Medizin beispielsweise sind auf Echtzeitinformationen angewiesen und können sich keine Verzögerungen leisten. Müssen Daten zur Verarbeitung ins Rechenzentrum oder in die Cloud geschickt werden, sind diese kaum zu vermeiden.
Herausforderungen beim Implementieren
Eine Infrastruktur am Netzwerkrand ist allerdings nicht so einfach zu implementieren und zu verwalten. Ein Edge-as-a-Service-Modell kann bei den folgenden Herausforderungen helfen:
Komplexität der Infrastruktur. Jahrelang transferierten Unternehmen alles in die Cloud, um Prozesse zu verschlanken und Kosten zu reduzieren. Mit Edge Computing gibt es einen gegenläufigen Trend. Die Bereitstellung verteilter Systeme vom Rand aus ist jedoch komplex und wird wahrscheinlich nur in sehr großen Unternehmen zu den eigenen Kernkompetenzen zählen. Für die Infrastruktur, die Verwaltung, das Traffic-Routing und viele weitere Aufgaben müssten Unternehmen nun plötzlich wieder eine Field-Service-Organisation aufbauen. Auch die horizontale Skalierung von Edge-Systemen an einzelnen Standorten ist komplizierter, als wenn in einem zentralen Rechenzentrum die entsprechende Kapazität hinzugefügt wird. Der Mehraufwand für die physischen Standorte wird dann gerade für kleinere Unternehmen zu einem echten Problem.
Fehlendes Fachwissen. Beim Edge Computing kommen teilweise völlig neue IT-Komponenten zum Einsatz. Sensoren, Roboter, Gateways, Virtualisierungs- und Orchestrierungs-Frameworks, Künstliche Intelligenz und Machine Learning sowie private 5G-Infrastruktur sind für die meisten IT-Teams wahrscheinlich Neuland. Das entsprechende Fachwissen fehlt und müsste erst erlernt werden. Bei der Anzahl unterschiedlicher Technologien, Hard- und Softwarekomponenten, Protokolle und Schnittstellen, die Edge-Umgebungen mit sich bringen, wäre der Aufwand an Trainings allerdings so hoch, dass er sich normalerweise nicht rechnet.
Kleine IT-Teams. Edge-Computing-Standorte sind in der Regel weit entfernt, zudem gibt es dort nur wenige oder gar keine technischen Experten. Wenn jedoch ein Problem auftritt, muss die Infrastruktur schnell wiederhergestellt werden. Die wenigsten Unternehmen werden allerdings versierte Kräfte haben, die sich darum vor Ort kümmern können, und auch nicht genügend Mitarbeiter in der zentralen IT-Abteilung für den Verwaltungsaufwand einer solch heterogenen Infrastruktur.
Neue Sicherheitsrisiken. Die Datenverarbeitung am Netzwerkrand vergrößert darüber hinaus die Angriffsfläche für mögliche Attacken. Hacker können nun jedes Endgerät als potenziellen Einstiegspunkt nutzen. Gerade mangelhaft konfigurierte und abgesicherte Devices sind ein großes Risiko. In einem solchen Fall sind Angreifer nicht nur in der Lage, den laufenden Betrieb zu stören – sie können sich auch in das Firmennetzwerk einschleichen und Daten abgreifen. Häufige Fehler wie die Inbetriebnahme von Systemen mit einem Standardpasswort oder eine fehlende Multi-Faktor-Authentifizierung können beim Edge Computing schwerwiegende Folgen haben. Hinzu kommt, dass sich viele Edge-Geräte oft an abgelegenen Orten oder in rauen Umgebungen befinden, was zu Problemen mit der physischen Sicherheit führt.
Schnell implementiert, verwaltet, überwacht
„Mit einem Edge-as-a-Service-Angebot erhalten Unternehmen ein Rundum-sorglos-Paket, um die entsprechenden Anwendungen schnell zu implementieren, zu verwalten und zu überwachen. Solche Angebote enthalten Edge-Provisioning, Workload-Orchestrierung, Skalierung und Traffic-Routing sowie den Betrieb der Umgebung, aber auch die Integration ins Firmennetzwerk und Private 5G. Alle Aspekte der IT-Sicherheit lassen sich je nach Anforderung abdecken. Durch die Auslagerung dieser komplexen Aufgaben, die mit Anwendungen am Edge verbunden sind, können sich Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und gleichzeitig ihre TCO deutlich verbessern“, erklärt Marcus Giehrl, Practice Director Innovations and Smart Technologies bei NTT.
Und Giehrl weiter: „Edge-as-a-Service ist für alle Industriezweige interessant. Gerade Branchen, deren Geschäftsmodell ein ganz anderes ist, können sich völlig neue Möglichkeiten erschließen: In Krankenhäusern beispielsweise können Roboter Zimmer eigenständig säubern und vorbereiten, sodass die Fachkräfte mehr Zeit für ihre Patienten haben. Roboter mit KI-fähiger Arzneierkennungssoftware helfen, Medikamente zu identifizieren, zuzuordnen und zu verteilen. Sitzplatz-Upgrades, Informationen zu der Länge der Schlange vor den Verkaufsständen oder interaktive Infoterminals – in Sportstadien wiederum hat IoT-Technologie in Kombination mit Edge Computing das Potenzial, das Fan-Erlebnis zu revolutionieren.“