Konventionelle Solarturmkraftwerke arbeiten mit einer Salzschmelze als Wärmeträgermedium, wobei das Temperaturlimit bei 600 °C liegt, da es aufgrund der Korrosivität des Salzes sonst zu Schäden kommt. Im Projekt HelioGLOW setzte das Team dagegen auf einen aus Festkörpern bestehenden Wärmeträger, der eine Erhöhung der Betriebstemperaturen auf mehr als 1.000 Grad Celsius erlaubt und die Effizienz deutlich steigert. Die Wärmeträger werden im konzeptuell erarbeiteten Verfahren ähnlich wie in einem Karussell durch den Receiver gefahren und direkt aufgeheizt. Die Firma Kraftblock entwickelte dafür neuartige keramische Receiverelemente, deren nicht-korrosives und umweltfreundliches Material sich durch eine hohe Wärmespeicherkapazität auszeichnet. Hergestellt in einem Recycling-Verfahren, ist das Keramikmaterial zudem preisgünstig.
In einem Teststand am Fraunhofer ISE wurde das Material hinsichtlich Temperaturentwicklung und Stabilität charakterisiert, anschließend im Solarsimulator des IMDEA-Instituts für Energieforschung in Madrid getestet. Anhand der Messergebnisse konnte das Projektteam das Verhalten des Materials unter hochkonzentrierter Solarstrahlung bewerten. „Das nächste Ziel ist, das Material des Receivers weiterzuentwickeln, sodass die Energie tiefer ins Innere des Körpers geleitet wird“, erklärt Dr.-Ing. Gregor Bern, Gruppenleiter Konzentrierende Systeme und Technologien am Fraunhofer ISE.
Da in dem neuartigen Festkörper-Receiver Strahlungsempfänger, Wärmeträger und Speichermaterial in einer Komponente kombiniert werden, sinken die Kosten für die Errichtung des Kraftwerks. Der Wärmeübertragungswiderstand und die Flussdichtelimitierungen bei konventionellen Rohr-Receivern entfallen. Die erreichten höheren Temperaturen, die auch bei fluktuierender Sonneneinstrahlung besser gehalten werden, senken die Kosten der solarthermischen Stromerzeugung ebenfalls.
Luftwand reduziert Wärmeverluste um 30 Prozent
Ein Problem bei Turmkraftwerken sind die konvektiven Wärmeverluste, die bei hohen Temperaturen und einer starken Konzentration von Sonnenlicht auftreten und die Effizienz verringern. Während die Luft am Receiver Temperaturen über 600 °C erreicht, liegt die Temperatur der Umgebungsluft typischerweise im Bereich um die 30 bis 40 °C. Beim Vorbeiströmen am Receiver nimmt die kühlere Luft dessen Wärme auf. Eine Möglichkeit zur Trennung der verschiedenen Luftvolumina sind Quarzglasfenster, die es jedoch nicht in der erforderlichen Größe gibt.
Das Fraunhofer ISE testete daher die Idee einer „Luftwand“, die von starken Düsen an der Öffnung des Receivers gebildet wird und zu einer Trennung der Luftvolumina führt.
„Zu dieser Lösung gab es bisher nur Simulationen, aber die Technologie ist bisher noch nie im Kraftwerksbereich demonstriert worden“, erläutert Moritz Bitterling, wissenschaft-licher Mitarbeiter im Projektteam des Fraunhofer ISE.
In einem mit circa 50 Temperatursensoren versehenen Testaufbau im Realmaßstab simulierte das Team mit Heizelementen einen 600 Grad Celsius heißen Receiver. Für das Projekt legte der Industriepartner Luftwandtechnik GmbH eigens ein Luftwandsystem für die Hochtemperaturanwendung aus und installierte es im Receiverteststand des Fraunhofer ISE in Freiburg. Im Versuchsaufbau wurden die konvektiven Wärmeverluste mit und ohne Luftwand und die für das Erreichen von 600 °C nötige Heizleistung gemessen. Geeignete Betriebsparameter, wie der Winkel der Luftwand-Düsen und die Austrittsgeschwindigkeit der Luft, wurden in Kooperation mit der Luftwandtechnik GmbH ermittelt. Dadurch konnten die konvektiven Wärmeverluste des Receivers um 30 Prozent reduziert werden. Die Technologie lässt sich auch in anderen Industrien mit Hochtemperaturprozessen einsetzen. Dort kann die Abschottung großer Temperaturunterschiede, zum Beispiel an Hochöfen, Verluste reduzieren. In Nachfolgeprojekten wollen die Projektpartner dies erproben.
Weiterentwicklung von Heliostaten und Gesamt-Kraftwerk
In der solarthermischen Stromerzeugung geht der Trend zu kleineren Turmkraftwerken. Das Fraunhofer ISE begleitete daher im Rahmen von HelioGLOW die Firma Sbp sonne bei der Weiterentwicklung ihres Stellio-Heliostaten. Ziel war die weitere Kostenreduktion durch ein optimiertes Design des Pylons und die Anpassung des Designs an die Anforderungen kleiner Turmkraftwerke. Das Fraunhofer ISE führte Vermessungen am Heliostaten mittels 3D-Laserscanning durch und erprobte das Verfahren für eine schnelle Vermessung von Heliostaten im Feld. Mittels deflektrometrischer Vermessungen von Spiegeloberflächen im Labor analysierte das Team Verformungseffekte unter spezifischen Belastungsszenarien.
Aus allen genannten Komponenten wurde am Fraunhofer ISE ein Gesamt-Konzept erarbeitet, das den Receiver aus Festkörper-Wärmeträger und Luftwand sowie den verbesserten Stellio-Heliostaten in ein solarthermisches Kraftwerk integriert. Dafür wurde untersucht, welcher Kraftwerksprozess sich am besten für eine Kopplung eignet und wie die Wärme von den Festkörpern an den Kraftwerksprozess übertragen werden kann. Das Gesamtsystem wurde im thermohydraulischen Simulationstool ColSim CSP modelliert, untersucht und anschließend technoökonomisch bewertet. So konnten die bestehenden technisch-ökonomischen Modelle erweitert und die optimale Auslegung und Betriebsführung eines Kraftwerks mit den neuen Komponenten ermittelt werden.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz finanziert und vom Projektträger Jülich unter dem Förderkennzeichen 0324174 betreut.