Karl Düsterberg, der 1958 gemeinsam mit einem Freund das Unternehmen Apetito gründete, war ein Pionier. Anfangs produzierte und verkaufte das Unternehmen nur Fertigmenüs. Doch in den folgenden zwei Jahrzehnten führte Düsterberg das Cateringgeschäft sowie Essen auf Rädern ein. Beides war bis dato in Deutschland nicht bekannt bzw. gab es noch nicht. Heute besetzt Apetito drei Geschäftsfelder: die Gemeinschafts- und Individualverpflegung, das Retailgeschäft sowie das Cateringgeschäft. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile weltweit über 8.000 Mitarbeiter und hatte 2015 einen Umsatz von 800 Mio. Euro.
Durch die positive Entwicklung in den letzten dreieinhalb Jahrzehnten war das bestehende Tiefkühllager mit Kommissionierung in Rheine mit zunehmendem Wachstum an seine Grenzen gestoßen. Daher beschloss man, ein neues hochmodernes Logistik- und Versandzentrum am Standort Rheine zu bauen. Apetito beauftragte die Dortmunder Swisslog als Generalunternehmer mit der Umsetzung.
Herzstück des 2013 eröffneten Logistik- und Versandzentrums ist ein automatisiertes Kartonlager mit daran angeschlossenem Kommissionierbereich. Über 2.000 verschiedene Produkte allein aus dem Systemmarkt-Segment, abgepackt in 60 Kartonformaten, werden hier kommissioniert. Um den Packern und Auslieferungsfahrern die Arbeit zu erleichtern und Verwechslungen bzw. Fehler zu vermeiden, werden alle Produkte, die für einen Kunden bestimmt sind, in rot, blau oder gelb markiert. Hierfür ist an zwei Stationen jeweils eine Etikettieranlage bestehend aus je drei Alpha Compact Etikettenspendern von Bluhm Systeme installiert, die die Kartons mit den entsprechenden Etiketten versehen. Gut acht Millionen von rund zwölf Millionen Kartons pro Jahr verlassen so etikettiert das Logistikzentrum in Rheine.
Minusgrade sind eine Zerreißprobe
„Wir sind es gewohnt, dass Lieferanten erst einmal mit den extremen Temperaturen bei uns zu kämpfen haben. Viele versichern, dass ihre Technik für den Einsatz im Tiefkühlbereich geeignet sei – doch wenn sie den Beweis antreten sollen, sieht es leider oft anders aus“, berichtet Klaus Schmalbrock, Abteilungsleiter für die Bereiche Versand, Verladung, à la carte und TK-Technik bei Apetito. „Manchmal entscheiden minimale Abweichungen beim eingesetzten Material darüber, ob es der Kälte stand hält oder nicht.“ Schmalbrock arbeitet bereits seit 31 Jahren für das Unternehmen und hat in dieser Hinsicht schon viel erlebt.
Dass die Temperaturen von minus 24 Grad Celsius zur Zerreißprobe für die Technik werden können, hat auch der Kennzeichnungsanbieter Bluhm erfahren müssen. Nachdem etliche andere Anbieter für Kennzeichnungstechnik schon im Vorfeld bei der Anfrage von Apetito dankend abgewunken hatten, nahm Bluhm die Herausforderung an. Doch das Projekt war kein Selbstläufer. Die Etikettierung sollte im Tiefkühlbereich erfolgen und für die Etikettierer war nur wenig Platz auf einer Hochbühne eingeplant. Eine Verlagerung der Etikettierer in einen Bereich mit Plusgraden oder eine Einhausung war nicht vorgesehen.
Volker Bluhm, Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung der Bluhm Systeme, erinnert sich: „Das erste Etikettenmaterial wurde bei der Kälte steif und brüchig und war nicht automatisch zu verarbeiten. Und bei den Etikettenspendern gab es nach Inbetriebsetzung zunächst Probleme mit der Linearachse, obwohl wir diese vorher wochenlang in der Kälte getestet hatten.“ Doch die Ingenieure gaben nicht auf und fanden eine Lösung. Verschiedene Etikettenmaterialien und Kleber wurden ausprobiert, bis das passende Etikettenmaterial gefunden war, welches sich auch bei den extremen Temperaturen vollautomatisch verarbeiten lässt und haftet. Bei den Etikettenspendern testete man Linearachsen verschiedener Anbieter und machte die Lager tiefkühltauglich. Der Ehrgeiz und das Durchhaltevermögen des Kennzeichnungsanbieters haben sich letztendlich ausgezahlt. Heute etikettieren an zwei Zuführlinien Etikettieranlagen vom Typ Alpha Compact die durchlaufenden Kartons mit farbigen Etiketten.
Fehlerquote und Retouren reduzieren
Das Farbmarkiersystem gibt es bei Apetito seit Klaus Schmalbrock denken kann. Zu Beginn wurden die Kartons mit Kreide gekennzeichnet, doch sie schmierten. Später sei man auf Permanentmarker umgestiegen. Aber hier bestand, wie schon bei der Kreide, die Gefahr, dass der Mitarbeiter eine Markierung vergisst. Manchmal sei es auch passiert, dass mit einem Strich aus Versehen zwei Kartons gekennzeichnet wurden. „Das Verfahren war also fehleranfällig und die Reklamationsquote aufgrund von falsch ausgelieferter Ware hoch“, berichtet Schmalbrock. „Die Überlegung, Tintenstrahldrucker einzusetzen, wurde schnell verworfen. Denn bei Kälte klumpt die farbige Tinte schnell. Verdünnt man sie, hat man keinen gezielten Strahl, sondern es sprüht in alle Richtungen.“
Zuverlässiger und schneller als bisher geht es nun mit den Etikettierern. Alle Kartons einer Kundenbestellung erhalten vollautomatisiert das gleiche Farbetikett. Der nächste Kundenauftrag bekommt dann eine andere Farbe zugeteilt. So wissen die Mitarbeiter anhand der Farbe und Menge, ob sie alle Kartons für einen Auftrag beisammen haben. Ein zeitaufwändiges, mühseliges Abhaken jeder einzelnen Position entfällt. Aber nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch die Großkunden profitieren, hilft ihnen das Farbsystem doch beispielsweise dabei, Drittkunden einfacher und zuverlässiger zu beliefern.
Ausgefeilte Technik
Die zu etikettierenden Kartons kommen in scheinbar zufälliger Reihe auf den Förderbändern an. Doch der Schein trügt, denn dahinter steckt ein ausgeklügeltes System: Die Reihenfolge und Sortierung der Kartons ist von der Swisslog-Anlagensteuerung genau vorgegeben. Am Warenein- und ausgang werden die Barcode-Etiketten der Produkte gescannt. Alles andere läuft über ein Tracking-System von Swisslog. Deren Logistiksteuerung teilt den Etikettieranlagen mit, welches Farb-Etikett auf welchen Karton aufgespendet werden soll.
Lichtschranken erfassen die unterschiedlichen Kartonhöhen. Der Spendehub überwindet Distanzen von bis zu 800 mm. Unmittelbar vor der Kartonoberfläche stoppt der Spendestempel und das Etikett wird im Tamp-Blow Verfahren ohne Kartonberührung aufgeblasen. Für eine bessere Haftung befindet sich an dem Stempel eine weiche Bürste, die das Etikett feststreicht. 50 bis 60 Kartons pro Minute etikettiert die Anlage auf diese Weise störungsfrei.
Die Alpha Compact Etikettenspender sind robuste Systeme und für den Dauerbetrieb geeignet. Die Rollenendevorwarnung signalisiert den Bedienern rechtzeitig, wenn eine Etikettenrolle zu Ende geht.
„Die Investition in die Etikettieranlage hat sich in jeder Hinsicht gelohnt“, resümiert Klaus Schmalbrock. „Nicht nur, dass wir Zeit einsparen und die Anzahl der Retouren seit Einführung der Etikettierung erheblich zurückgegangen sind. Auch die Kosten konnten wir durch den Einsatz der neuen Etikettiertechnik senken.“