A&D fragt nach „Entscheidend ist die Fähigkeit zur Zusammenarbeit ”

Bild: KD Busch
09.02.2016

Dr. Karl Tragl, Vorstandsvorsitzender bei Bosch Rexroth, diskutiert seine Ansicht zur Fabrik der Zukunft und informiert über die energieeffizienten Maßnahmen, die in jüngster Zeit vom Unternehmen durchgeführt wurden.

A&D:

Wie sieht Ihr Lösungsansatz bezüglich Industrie 4.0 aus und wie planen Sie die Voraussetzungen für Ihr gesamtes Produktportfolio einzuführen?

Karl Tragl:

Bosch Rexroth fährt eine duale Strategie, sowohl als Betreiber als auch als Anbieter von Produkten und Lösungen für Industrie 4.0. Als Betreiber erforschen wir das Potenzial in vielen werkseigenen Pilotprojekten. Dabei setzen wir sämtliche integrierbare Antriebs- und Steuerungstechnik ein und sammeln auf diese Weise Anwendungserfahrung. Andererseits beliefern wir unsere Kunden mit Produkten und Lösungen für Industrie 4.0. Die Produktion kann nur dann erfolgreich sein, wenn Endanwender, Maschinenhersteller, Wissenschaft und Automatisierungshersteller sie in kleinen, aber raschen Schritten implementieren.

Wird sich die die Rolle der Menschen an den Maschinen mit Industrie 4.0 wesentlich ändern? Wenn ja, wie?

Im Gegensatz zu Lösungsansätzen in der Vergangenheit hat Industrie 4.0 nicht die menschenfreie Fabrik, sondern die enge Wechselwirkung zwischen IT, Maschinen und Menschen als Ziel. Nur mit diesem Zusammenspiel lassen sich Effizienz-Potenziale erschließen. Das Arbeiten in einer vernetzten Fabrik wird anspruchsvoller, aber auch flexibler sein. Ergonomische Arbeitsgestaltung und Arbeitsanleitungen können sowohl unterschiedliche Körperformen als auch die Erfahrungen von Arbeitnehmern berücksichtigen. Insgesamt wird der Anteil an physisch schwerer, monotoner und sich ständig wiederholender Arbeit abnehmen. Das Aufgabenspektrum bewegt sich in Richtung Koordination und Verbesserung. Menschen erhalten eine neue Rolle als Entwickler, Anwender und Entscheidungsträger. Gleichzeitig wird kontinuierliche Aus- und Weiterbildung immer wichtiger.

Wie sieht die Fabrik der Zukunft aus, und wie berücksichtigt Bosch Rexroth das jetzt schon?

Die Fabrik der Zukunft wird eher eine vernetzte Industrie sein. Eines der Hauptziele ist die kostengünstige Herstellung von kleinen Losgrößen. Unsere Erfahrung mit Pilotprojekten zeigt, dass der Übergang auf Industrie 4.0 nicht auf einmal erfolgt. Vielmehr sehen wir den größten Fortschritt dort, wo Veränderungen implementiert werden, die sich rasch managen lassen. Dabei könnte es sich um eine einzige dezentralisierte intelligente Station handeln, an welcher der Anwender Erfahrung sammelt und darauf aufbauend andere Stationen umwandelt. Dies könnte aber auch die erste Anwendung von Zustandsüberwachung für individuelle Achsen sein, um eine vorausschauende Wartung für die gesamte Maschinenanlage zu entwickeln. Zum Beispiel läuft in der Multi-Produktlinie in unserem Werk in Homburg die Fertigung von mehr als 200 Varianten von Hydraulikventilen, die sich aus mehr als 2000 unterschiedlichen Komponenten zusammensetzen, auf einer einzigen Fertigungsstraße. Neun Stationen erkennen ein individuelles Werkstück mithilfe von RFID, rufen den zu diesem Stück gehörenden Arbeitsplan von einem Server ab und entscheiden sofort, wann und wie es bearbeitet werden muss. Das Ergebnis ist eine Produktivitätssteigerung um 10 Prozent, und die Lagerhaltung in der Produktion wird um nahezu ein Drittel reduziert. Sobald wir eine vollständige Wertschöpfungskette in einer Fabrik haben, können wir die Zulieferer auch in internationale Netzwerke integrieren.

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