Auf der SPS 2022 hat Endress+Hauser für Füllstoffapplikationen die 80-GHz-Radar-Produktfamilie Micropilot mit Ethernet-APL-Schnittstelle auf den Markt gebracht. Welche weiteren Produkte mit beziehungsweise für Ethernet-APL folgen?
Endress+Hauser wird Ethernet-APL über die meisten Messparameter unterstützen, das Angebot umfasst über das IIoT-Ökosystem Netilion auch Digitalisierungsservices. Bei der Durchflussmessung werden die Geräte Promag und Promass mit den Geräteelektroniken Proline 300/500 und das Vortex-Durchflussmessgerät Prowirl 200 mit Ethernet-APL ausgestattet werden, bei den Drucktransmittern die High-End-Geräte Cerabar und Deltabar sowie in der Temperaturmessung der neue Kopftransmitter iTEMP TMT86.
Welche Vorteile bringt Ethernet-APL für Ingenieure sowie für Bedien- und Wartungspersonal?
Für Ingenieure bringt es den Vorteil, dass der Planungsaufwand im Vergleich zu klassischen Feldbustopologien geringer ist. Grund hierfür sind die reduzierte Komponentenauswahl und die Direktverdrahtung zwischen Feldkomponenten und den Ports in den Switches. Im laufenden Anlagenbetrieb profitieren Anwender vom enormen Geschwindigkeitszuwachs während der Gerätekommunikation auf 10 Mbit/s. Gerade bei datenintensiven Use-Cases wie Parametersicherung macht dies den Umgang spürbar schneller. Die durchgängige Vernetzung der gesamten Anlage mit Ethernet-Technologie vereinfacht außerdem den Zugang zu den Komponenten – ebenfalls ein großer Vorteil.
Wie können Betreiber Ethernet-APL in ihren Anlagen einsetzen?
Mit der Verfügbarkeit von den ersten Profinet-APL-Feldgeräten können diese über die passenden Kommunikationsbaugruppen, die sogenannten Field Switche, Punkt zu Punkt verbunden werden. Ist bereits Profinet als führendes Kommunikationsprotokoll in der Automatisierungstopologie vorhanden, gestaltet sich dieser Einsatz als recht einfach. Dann ist lediglich die Auslegung der Netzwerktopologie notwendig, um festzulegen, wie viele dieser Switche in welcher Kombination eingesetzt werden müssen.
Wie arbeiten Ethernet-APL und industrielle Ethernet-Protokolle wie Profinet zusammen?
Ethernet-APL entspricht der physischen Schicht im OSI-Schichtmodell. Die Technologie arbeitet mit jeglichen Industrial-Ethernet-basierten Protokollen des Applikations-Layers zusammen. So ist es für die Hersteller einfach möglich, sowohl Profinet als auch Ethernet/IP oder Modbus-TCP als Protokoll auf dem Ethernet-APL-Layer zu verwenden.
Wie schützen Anwender ein Ethernet-APL-Netzwerk gegen Cyberattacken?
Die Empfehlungen der Protokollanbieter und die einschlägigen Richtlinien und Normen werden gemäß den Security-Anforderungen aus der Prozessautomatisierung heraus weitgehend berücksichtigt. Dies sind insbesondere die IEC TR 63069 sowie die Normenreihen zu IEC 62443 und ISO/IEC 27000. Die dort beschriebenen Maßnahmen, um Profinet-APL-Komponenten und Netzwerke gegen Cyberattacken zu schützen, sind auf Ethernet-APL Lösungen durchgängig anwendbar.
Was sind die typischen Anwendungsfälle von Ethernet-APL in der Inbetriebnahme und dem Anlagenbetrieb?
Die meisten Feldgeräte mit Ethernet-APL nutzen Webservertechnologien, die auch für Inbetriebnahmen genutzt werden können, was diese erheblich vereinfacht. So sind Inbetriebnahmen unabhängig vom Betriebssystem und vom verwendeten Endgerät mit jedem Browser zu bewerkstelligen. Beim Anlagenbetrieb kommt dann die schnelle Performance von 10 Mbit/s zum Tragen.
Noch sind nicht alle Geräte auf dem Markt Ethernet-APL-fähig. Können Anwender trotzdem schon Ethernet-APL als Hauptinfrastruktur installieren? Und wenn ja, welches Vorgehen raten Sie hier?
Es können Profinet-APL-Geräte auch gemischt mit anderen Geräten eingesetzt werden, welche ein anderes Kommunikationsprotokoll, wie zum Beispiel HART oder Profibus, unterstützten. Wichtig ist immer darauf zu achten, dass die jeweiligen Kommunikationsbaugruppen untereinander harmonieren. Als Grundvoraussetzung ist zu nennen, dass in Profinet-APL Strukturen auch zwingend immer eine Profinet-Kommunikationsbaugruppe vorhanden sein muss, welche mit der Steuerung kommuniziert. Die darunter vorhandenen Technologien sind dann modular verwendbar. So lassen sich zum Beispiel auch an ein Profinet-Netzwerk problemlos HART-Feldgeräte über passende Profinet-Remote-IOs gemischt mit Profinet-APL-Feldgeräten betreiben. Diese würde man dann an einen passenden APL-Field-Switch anschließen.
Die Vergangenheit zeigt: Es braucht einige Jahre, bis sich neue Kommunikationstechnologien etabliert haben. Bis wann rechnen Sie mit einem breiten Einsatz der Technologie?
Aufgrund der doch breiten Akzeptanz der Anwender, vermehrt auf Zusatzinformationen aus den Feldgeräten zuzugreifen, ist eine erhöhte Nachfrage zum Einsatz von Ethernet-APL-Feldgeräten in den nächsten zwei bis fünf Jahren absehbar. Da sich der Mehrwert vor allem über den Einsatz neuer Geschäftsmodelle und Anwendungsbereiche erstreckt, gehen wir davon aus, dass hier in drei bis zehn Jahren eine spürbare Anwendernachfrage entsteht.