Modulbasierte Produktion Fit für Industrie 4.0

ABB AG

„Langfristig besteht die Vision, eigenständig automatisierte Module flexibel miteinander zu kombinieren und einen Prozess durch vorhandene Module abbilden zu können. “

Axel Haller, ABB, Vorsitzender des ZVEI-AK Modulare Automation

Bild: Mathias Ernert
04.05.2016

Ein Gastkommentar von Axel Haller, ABB Automation, als Vorsitzender des ZVEI-Arbeitskreises Modulare Automation und Dr. Jens Bernshausen, Invite, für den entsprechenden Namur-Arbeitskreis.

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Der chemisch-pharmazeutische Markt ist zurzeit im Umbruch. Die Produktlebenszyklen und damit die Anlagenlaufzeiten werden immer kürzer. Klassische Anlagenkonzepte, wie die monolithisch engineerte Produktionsanlage, werden langfristig nicht mehr rentabel produzieren können.

Aufgrund dessen werden in der Prozessindustrie zurzeit modulare Anlagenkonzepte entwickelt, die ein effizienteres Engineering von Prozessentwicklung über Verfahrenstechnik bis hin zur Automatisierung versprechen. Der Faktor Time-to-market kann somit erheblich reduziert werden.

Forschungsprojekte wie beispielsweise F3-Factory haben gezeigt, dass der Einsatz von verfahrenstechnisch gekapselten Einheiten, also von wiederverwendbaren Modulen, hierbei einen erheblichen Anteil haben kann. Allerdings zeigte sich, dass klassische Automatisierungssysteme diese Modularisierung nicht ausreichend unterstützen. Schließlich besteht langfristig die Vision, eigenständig automatisierte Module flexibel miteinander zu kombinieren und einen Prozess durch vorhandene Module abbilden zu können.

Um dieses Plug-and-Produce-Konzept, welches auch im Rahmen von Industrie 4.0 für Prozessanlagen gefordert ist, langfristig nutzen zu können, bedingt es neuer Automatisierungskonzepte. Die Anforderungen für diese Konzepte wurden von dem Namur AK 1.12 in der Namur-Empfehlung NE 148 zusammengefasst. Die NE 148 stellt insbesondere die Forderung dar, Prozessmodule zukünftig eigenständig zu automatisieren und über herstellerneutrale Schnittstellen und Beschreibungen in ein übergeordnetes System zur Orchestrierung der Modulfunktionen einzubinden.

Zur Realisierung sind natürlich alle Hersteller von Automatisierungssystemen gefordert, zukünftig solche Systeme anzubieten. Als Reaktion auf die von der Namur veröffentlichten Empfehlung wurde im ZVEI-Fachbereich „Messtechnik und Prozessautomation" des Fachverbands Automation der Arbeitskreis „Modulare Automation“ gegründet. Zielsetzung war in enger Kooperation mit dem Namur-AK 1.12 die Anforderungen aus der NE148 zu bewerten. Das Ergebnis hieraus wurde in dem White-Paper „Modulbasierte Produktion in der Prozessindustrie – Auswirkungen auf die Automation im Umfeld von Industrie 4.0“ veröffentlicht.

Aufgrund der in weiten Teilen positiven Bewertung und der intensiven Forderungen der chemisch-pharmazeutischen Prozessindustrie nach einer Realisierung modularer Automatisierungssysteme wurde Anfang 2015 eine gemeinsame Initiative der Namur und des ZVEI ins Leben gerufen, die sich mit der Spezifizierung einer herstellerneutralen Beschreibung von Modulen und deren Funktionalitäten befasst. Seitdem beschäftigen sich insgesamt vier Arbeitskreise mit unterschiedlichen Aspekten dieser Beschreibung. Als Basis für die Tätigkeiten der Arbeitskreise dient ein Lastenheft und ein dazugehöriges Fallbeispiel. Hierbei wurde besonders Wert darauf gelegt, die Anforderungen der herstellerübergreifenden Schnittstelle möglichst genau zu spezifizieren.

Der Export aus dem Modulengineering-Werkzeug sowie die Integrationsmechanismen in das Orchestrierungssystem sollten dagegen weitestgehend offengelassen werden. Denn hierin wird zukünftig das Alleinstellungsmerkmal der Automatisierungshersteller liegen. Nur die Systeme, die sich einfach und effizient integrieren lassen, werden sich zukünftig durchsetzen.

Axel Haller, Vorsitzender des ZVEI-AKs Modulare Automation

Dr. Jens Bernshausen, Leiter des Namur-­AKs Automatisierung modularer Anlagen

Bildergalerie

  • „Nur die Systeme die sich einfach und effizient integrieren lassen, werden sich zukünftig durchsetzen.“
Dr. Jens Bernshausen, Invite, Leiter des Namur-AK 1.12:

    „Nur die Systeme die sich einfach und effizient integrieren lassen, werden sich zukünftig durchsetzen.“

    Dr. Jens Bernshausen, Invite, Leiter des Namur-AK 1.12:

    Bild: Markus Hintzen

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