Industrie 4.0 mag als Begriff für viele zwar noch immer schwer fassbar wirken, doch schon jetzt sind direkte Anwendungen und Auswirkungen dieser Entwicklung Realität. Ein Schlagwort, das in diesem Zusammenhang oft fällt, ist Modularisierung. Während Produktionsstraßen in der Regel einmalig aufgebaut wurden, sollen sie zukünftig noch flexibler werden. Bisher mussten Einzellösungen und verarbeitende Maschinen diverser Hersteller in Einklang gebracht werden. Außerdem war es nötig, physikalische Anordnung, Adaption von Transportsystemen und auch die Kommunikation der Maschinen anzupassen.
Das Baukastendenken der Industrie 4.0 steht jedoch nicht mehr nur für große, frei kombinierbare Fertigungseinheiten, sondern geht noch einen Schritt weiter und setzt bereits im Kleinen auf Komponentenebene an: Es sieht Prozessmodule vor, die standardisiert sind und schnell und flexibel zusammengesetzt werden können. Wird unter diesen Voraussetzungen die Produktion einmal umgestellt, zieht man buchstäblich die Stecker ab und konfiguriert die Produktion kurzerhand neu.
Der Würfel für alle Fälle
Das modulare Denken endet jedoch nicht an den Abdeckungen der Moduleinheiten. Denn auch die Komponenten der Maschine müssen modular und flexibler werden. Als ein Hersteller von Steckverbindern mit viel Erfahrung auf diesem Gebiet hat Harting eine modulare Lösung für Ethernetverkabelung nach dem Baukastenprinzip entwickelt. Damit trägt das Unternehmen den modularen Gedanken auf die unterste Ebene der Produktion. PreLink heißt dieses System, das die bisher feste und unlösbare Verbindung von Kabel und Steckverbinder in zwei getrennte Einheiten zerlegt. Die erste Einheit bildet der Steckverbinder. Dieser verfügt nun über keine unlösbare Kabelaufnahme mehr, sondern die immer wieder verwendbare Aufnahme für den PreLink-„Würfel“.
Die zweite Einheit ist der Abschlussblock, eine genormte und einheitliche Aufnahme, die acht Schneidklemmkontakte (IDC) umfasst. Diese sind in der Lage, sowohl Massiv- als auch Litzenleiter aufzunehmen. Alle acht Leiter werden bei der Montage in die entsprechenden Öffnungen geschoben, mit der PreLink-Montagezange gleichzeitig kontaktiert und die überstehenden Adern werden bündig abgeschnitten. Das spart viel Montagezeit, die früher dafür nötig war, jede Litze einzeln anzuschließen und zu kürzen. Der Abschlussblock lässt sich in einer breiten Palette von Steckverbindern einrasten. Zur Auswahl stehen Steckverbinder und Buchsen in RJ45, in M12, sowie ein spezielles Verbindungselement. Dieses verbindet ganz einfach zwei mit PreLink-Würfel konfektionierte Kabel.
Abweisend und austauschbar
Für Einsatzumgebungen, die einen besonderen Schutz gegen das Eindringen von Staub oder Flüssigkeiten verlangen, hat Harting die RJ45-Steckverbinder in einer Variante mit IP65/67-geschütztem PushPull-Gehäuse entwickelt. Das Gehäuse ist zum einen in Kunststoff erhältlich und eignet sich in dieser Form für Einsatzumgebungen, in denen Säuren oder Laugen verwendet werden oder die Wettereinflüssen ausgesetzt sind. Eine zweite Variante aus Zink-Druckguss schützt gegen Schweißperlen und ist damit der Steckverbinder der Wahl für Robotikanwendungen in der Automobilproduktion. Für besonders harte Fälle, zum Beispiel in Einsatzumgebungen im Industrie-Umfeld, steht das RJ45-Modul auch im robusten Han-3 A-Gehäuse oder als Han-Modular-Variante.
Bewegte Datenleitungen, Kabel und Steckverbinder unterliegen einem natürlichen Verschleiß, wenn sie die Sensoren beweglicher Maschinenteile verbinden. Sie müssen deshalb früher oder später getauscht werden. Die PreLink-Technik erlaubt es nun, diese Wartungszeiten zu minimieren und Stillstandzeiten zu verkürzen: Denn während es bisher notwendig war, ein verschlissenes Kabel komplett mit Steckverbindung zu tauschen, können nun Kabel und Steckverbindung bei Verschleiß unabhängig voneinander getauscht werden. Und zwar schneller, als ein handelsübliches Kabel mit fest vercrimptem Steckverbinder. Die Steckverbinder müssen lediglich aufgeklappt und der „Würfel“ eingesetzt werden. Danach muss der Steckverbinder nur noch geschlossen werden und schon ist die Schnittstelle betriebsbereit.
Hält alle Optionen offen
Welche Vorteile bietet das System nun in der Praxis? Bei der Prozessindustrie spielt die Überwachung großer Areale mittels Kameratechnik eine wichtige Rolle. Die Kameratechnik liefert dabei immer höhere Auflösungen, die gleichzeitig aber auch höhere Datenraten bedingen. So werden die meisten modernen Überwachungssysteme selbstverständlich via Ethernet angesteuert. Da die Areale in Raffinerien oder Kraftwerken aber häufig groß sind, bedeutet dies lange Wege für die Technik und damit auch lange Kabelstrecken. Verständlich, dass Anlagenbetreiber hier Geld einsparen wollen und eine Versorgung der Kamera ungern über zwei getrennte Leitungen vornehmen. PoE und PoE+, die Stromversorgung über Ethernet, ist das Stichwort. PreLink unterstützt beide Energieversorgungen. Damit ist nur eine Leitung notwendig.
Und wo liegt der Vorteil eines modularen Systems? Man stelle sich vor, der Steckverbinder am Kabel müsste getauscht werden, weil er defekt ist. Oder die Kamera würde getauscht und die neue besitzt einen anderen Anschluss oder letztlich, dass das Kabel selbst kaputt ist. Ist nun ein Steckverbinder über Crimp- oder Schneidklemmkontakte angebracht, kann man möglicherweise das Kabelende kürzen und neu anschließen.
Je nach Einsatzort kann dies aber einen großen Aufwand bedeuten, der im schlimmsten Fall nicht prozesssicher ist. Ist das Kabelende zu kurz für eine solche Reparatur oder Anpassung des Steckverbinders, muss das Kabel ebenfalls ausgetauscht werden. Da sich mit PreLink jede Komponente unabhängig, schnell und einfach tauschen lässt, zeigt sich, wie wichtig die Modularisierung bis auf die unterste Ebene ist.