Vor gut zwei Jahren hat Flottweg mit Xelletor eine neue Dekanterbaureihe vorgestellt, die deutlich mehr Leistung als Ihre bisherige C-Serie verspricht. Was ist das Besondere daran?
Peisl:
Die Baureihe ist speziell für die Entwässerung von Klärschlamm im Hochleistungsbereich konstruiert worden. Dazu muss man wissen: Die Entsorgung von Klärschlamm ist ein wesentlicher Kostenfaktor bei der Abwasserbehandlung. Je stärker der Klärschlamm entwässert wird, desto leichter wird er und desto kostengünstiger ist dessen Entsorgung. Speziell in Ländern, in denen der Entsorgungsansatz oder die Stromkosten sehr hoch sind, kommt Xelletor sehr gut bei den Anwendern an, auch wenn die Investitionskosten etwas höher sind als bei unserer C-Baureihe.
Die Kostenseite ist ein wichtiger Faktor bei der Abwasserbehandlung. Welche weiteren Anforderungen gibt es in diesem Bereich an die Technik?
Vielhuber:
Sehr viele Kommunen arbeiten daran, den Gesamtenergieverbrauch ihrer Kläranlagen zu reduzieren. Betreiber produzieren zum Beispiel einen Teil ihres Energiebedarfs selbst mithilfe von Klärgas. Auch gibt es viele Kommunen, die komplett energieautarke Anlagen anstreben und deshalb alle Bestandteile ihrer Anlage genau betrachten. Der Xelletor kann dort eine wichtige Rolle spielen, da er aufgrund seiner Bauweise sehr energiesparend ist. Im Vergleich zu Dekantern, die vielleicht zehn bis 15 Jahre alt sind, benötigt er rund 50 Prozent weniger Energie.
Aber sind nicht gerade Kommunen bei Neuinvestitionen oft sehr zögerlich – auch wenn es um technologisch fortschrittliche Produkte geht?
Peisl:
Viel hängt von der Budgetierung der einzelnen Kommunen ab – und von dem Return of Investment des einzelnen Produkts. Eine Kommune in Bayern hat erst kürzlich zwei Rotoren bei uns gekauft, da das Return of Investment bei weniger als einem Dreivierteljahr lag. Und auch wenn das Produkt dann möglicherweise 200.000 Euro teurer als geplant ist, hat die Rendite den Kämmerer der betroffenen Kommune überzeugt. In solchen Fällen sind Kommunen durchaus bereit, Geld auszugeben.
Was haben Sie im Vergleich zu Ihrer C-Baureihe verändert, um diesen Effizienzgewinn zu erreichen?
Peisl:
Der Bauweise der Maschine und insbesondere den Durchmesserverhältnissen kommt eine entscheidende Bedeutung beim Energiebedarf zu. Je größer der Durchmesser ist, auf den man Schlamm aufgibt, umso höher ist auch der Energieverbrauch. Mit der Xelletor-Baureihe haben wir es nun geschafft, dass der Schlamm sehr nahe am Zentrum aufgegeben wird und so deutlich energieeffizienter arbeitet. Man kann sich das am Beispiel eines Eistänzers vorstellen, der sich um die eigene Achse dreht: Wenn er seine Hände ausstreckt, ist er langsamer. Legt er seine Hände an den Körper – bei gleichem Energieeinsatz –, dann erhöht sich seine Drehzahl.
Vielhuber:
Für die effiziente Entwässerung ist eine hohe Zentrifugalbeschleunigung, die sogenannte g-Zahl, im Dekanter notwendig. Dafür benötigt man am Außendurchmesser der Trommel eine hohe Drehzahl. Am Austrag, wo Feststoff und Flüssigkeit die Maschine wieder verlassen, haben wir hingegen einen kleineren Durchmesser. Aus energetischer Sicht spart man so sogar potenziert Energie ein, da der Austragsdurchmesser für Feststoffe und Konzentrat kleiner ist.
Bei der Xelletor-Baureihe wurde innen auch auf einen klassischen Schneckenkörper verzichtet. Wie genau sieht jetzt die Innenkonstruktion aus?
Vielhuber:
Wir haben im Inneren eine offene Gitterkonstruktion. Flüssigkeit und Feststoff können sich so – ganz ohne Begrenzungen – in alle Richtungen verteilen, was wiederum einen noch effizienteren mechanischen Trennprozess ermöglicht. Die Gitterstruktur im Xelletor sieht auf den ersten Blick möglicherweise erst mal einfach aus; es gibt in dem rotierenden System aber einige Details, die wir bei der Entwicklung beachten mussten. Für die Ausprägungen der Gitterstruktur waren viel Kopfarbeit und viele Simulationen vonnöten.
Hat es intern viel Überzeugungsarbeit gebraucht, damit Sie sich von dem klassischen Zentrifugenkonzept mit Schneckenkörper trennen?
Vielhuber:
Nein, nicht sehr. Wir versuchen generell immer wieder andere Denkweisen zu erarbeiten und uns zu fragen: „Was wäre wenn?“ In den meisten Fällen landet man allerdings schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen …
Wie haben die Anwender auf den komplett neu konzipierten Dekanter reagiert?
Peisl:
Die Verkaufszahlen zeigen, dass die Kunden dies gut aufgenommen haben. Wir werden trotzdem die C-Baureihe weiter bedienen, da der Xelletor eine Hochleistungsmaschine ist. Aber besonders in anspruchsvollen Regionen, wie in Deutschland, sind die Entsorgungskosten für entwässerten Klärschlamm hoch. Die Kläranlagenbetreiber sind folglich gewillt, ihre Betriebskosten hierfür zu senken.
Vielhuber:
Es gab anfangs gewisse Vorbehalte wegen der Gitterstruktur. In Schlämmen ist manchmal Verzopfungsmaterial enthalten, und einige Betreiber haben hier die Gefahr gesehen, dass sich dieses an der Gitterstruktur anlagert. Diese Vorbehalte haben wir allerdings in Versuchen schnell relativieren können: Alles, was in die Maschine reingeht, kommt auch wieder raus.
Hat in die Motivation für die Entwicklung des Xelletors auch hineingespielt, dass man mit der C-Serie in Bezug auf Energiereduktion an die physikalischen Grenzen gestoßen ist?
Vielhuber:
Auch, ja. Diese Grenzen, die man mit einer herkömmlichen Konstruktion hat, bedingen natürlich auch im Ergebnis Limitierungen, bezüglich dessen, was man erreichen kann. So auch im Energieverbrauch. Vor allem in kritischen Märkten mit hohen Entsorgungskosten wollten wir deshalb ein Produkt realisieren, das nochmals eine Performance-Steigerung bringt.
Peisl:
Dies spiegelt sich aber auch im Preis der Maschine wider. Der Klärschlammmarkt wird über öffentliche Ausschreibungen bedient; Investkosten spielen da natürlich bei der Entscheidung eine Rolle. Folglich müssen Klärschlammmaschinen für ihre Anwendung optimiert sein: Features, die für mehr Performance sorgen, werden in der Maschine berücksichtigt, andere Merkmale hingegen konsequent weggelassen.
Aber der Betreiber spart dafür aber am Polymer-Flockungsmittel …
Peisl:
Die Betreiber müssen hier schon entscheiden, was ihnen wichtiger ist: Polymereinsparung oder einen höheren Trockensubstanzgehalt im Schlamm. Die Einsparung von Polymer mit gleichzeitig höherem Trockensubstanzgehalt erzielt man nur in seltenen Fällen. Meist spart man Polymer bei gleichem Trockensubstanzgehalt oder erzielt einen höheren Trockensubstanzgehalt bei gleicher Polymermenge. Dies hängt von den örtlichen Begebenheiten des Betreibers ab: Die eine europäische Kommune kämpft mit hohen Entsorgungskosten; die eingesetzte Polymermenge spielt hier keine Rolle – auch wenn das Flockungsmittel teuer ist. Die Priorität liegt ganz klar auf der Entsorgung. Eine andere Kommune hingegen möchte die Kosten für das Polymer senken, weil sie beispielsweise für die Entsorgung eine eigene Verbrennung betreiben und die Betriebskosten für die Entsorgung nicht ins Gewicht fallen. In anderen Ländern kann es wiederum ganz anders aussehen: In China wird zum Beispiel der Xelletor hauptsächlich für höhere Durchsatzleistungen eingesetzt. Jede Region hat hier unterschiedliche Ansätze.
Retrofit ist für Sie ebenfalls ein wichtiges Feld. Kann man die C-Serie mit dem Rotorsystem nachrüsten?
Peisl:
Ja, es wird allerdings der komplette Rotor nachgerüstet. Aktuell sind wir dazu auch mit vielen Kunden im Gespräch. Es gibt aber auch den Fall, dass das Einsparpotenzial mit einem neuen Rotor gleich hoch ist wie mit der schon im Einsatz befindlichen C-Serie, weil die Anlage beispielsweise noch relativ neu ist. Da lohnt sich ein Retrofit nicht.
Viele Unternehmen, beispielsweise Kompressorenhersteller, gehen nicht mehr über den Verkauf ihrer Produkte, sondern stellen den Betreibern ihre Maschinen zur Verfügung und berechnen dies nach dem Durchsatz, den die Maschine leistet. Gibt es solche Überlegungen ebenfalls bei Flottweg?
Peisl:
Aktuell nicht. Ich kann mir dies für die Zukunft aber durchaus vorstellen, da dies mit Sicherheit für einige Kommunen interessant sein könnte. Allerdings müssen wir dies intern auch abbilden können, auch der Service muss darauf abgestimmt sein: Denn solange die Maschinen uns gehören, möchten wir keinen erschwerten Zugriff auf sie haben. Wir vermieten aber schon jetzt unsere Maschinen über mehrere Jahre an Betreiber. Die Abrechnungen laufen hier aber über die Lohnunternehmen.
Lässt sich die neue Konstruktion des Xelletors auch auf Dekanter für andere Branchen übertragen?
Vielhuber:
Denkbar ist hier einiges. Man darf dabei allerdings nicht vergessen, dass die Fahrweise bei der Klärschlammentwässerung speziell ist. Es gibt nur wenige Anwendungen, bei denen mit so viel Feststofffracht in der Trommel gefahren wird, um die Flüssigkeit herauszudrücken. Aktuell konzentrieren wir uns aber auf die Weiterentwicklung des Xelletors im Klärschlamm.
Welche Anforderungen sehen Sie aktuell in der Branche, die in die Entwicklung einfließen können?
Peisl:
Großes Thema ist, ganz klar, die Digitalisierung. Wir reden momentan über die Basismaschine. In der nächsten Zeit wird es aber einen großen Sprung in Richtung Online-Überwachung vom Hersteller geben. Dafür bedarf es Überwachungselemente und Sensorik. Wir haben dafür in den letzten Monaten schon einige neue Bauteile entwickelt. Bisher liegt die tägliche Überwachung noch in der Hand des Maschinenbetreibers. Wir beobachten aber eine starke Tendenz in die Richtung, dass der Kunde die Überwachung in die Hände des Maschinenherstellers legt, um so die Betriebssicherheit zu garantieren. Aber hier spielt natürlich auch die Frage des Datenschutzes eine Rolle: Nicht jeder Betreiber will, dass der Maschinenhersteller Zugriff auf die Daten der Anlage hat.
Vielhuber:
Letztlich kommt es darauf an, dass sich die Kunden solchen Techniken öffnen. Es ist ein Datenaustausch zweifellos, ohne den geht es nicht. Da ist organisatorisch noch viel zu leisten, auf der rechtlichen Ebene auch. Und auch wir als Hersteller müssen uns kapazitiv aufstellen, um unsere Produkte im Auge zu behalten und im Störfall entsprechende Schritte einzuleiten.