Fahrzeuge und Umgebung vernetzen Bosch entwickelt Grundlage für sicheren mobilen Datenaustausch

Automatisierter Überholvorgang mit Spracherkennung auf der Bosch-Teststrecke in Renningen.

Bild: Bosch
14.09.2022

Das öffentlich geförderte Projekt „GAIA-X 4 moveID“ erarbeitet einen Standard für Kommunikation zwischen Fahrzeugen und ihrem Umfeld, um so die für die elektrifizierte, automatisierte und vernetzte Mobilität der Zukunft zu ermöglichen.

In welchen Parkhäusern gibt es gerade freie Ladesäulen? Wo sind in der Innenstadt noch Parkplätze verfügbar? Und wie lassen sich diese Informationen digital übermitteln und die Services anbieterübergreifend abrechnen? Die Antwort auf diese und ähnliche Fragen setzt einen sicheren Datenaustausch zwischen den Fahrzeugen und ihrer Umgebung voraus. Genau diese Grundlage erarbeitet jetzt ein Forschungsprojekt, bestehend aus Hochschulen, Autozulieferern und Systemprovidern unter Leitung des Konsortialführers Bosch.

Das Projekt „GAIA-X 4 moveID“ soll in den kommenden drei Jahren die nötigen Standards und technologische Konzepte entwickeln, die den sicheren Informationsaustausch zwischen Anbietern und Kunden von Mobilitätsanwendungen ermöglichen. Das Ziel: dezentrale digitale Fahrzeugidentitäten. Für den Massenbetrieb von Elektromobilen, das automatisierte Fahren sowie den Aufbau vernetzter Städte wird dies zu einer wichtigen Voraussetzung. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert „GAIA-X 4 moveID“ mit 14 Millionen Euro, trägt so die Hälfte der Projektkosten.

Mit Vernetzung digitale Services flächendeckend anbieten

„Eine ganzheitliche, angebotsübergreifende, transparente Systemarchitektur für den Austausch von Daten im Straßenverkehr ist heute nicht verfügbar. Zwar gibt es einzelne Unternehmen, die aktuell schon Dienste anbieten. Aber diese Services sind auf spezielle Anwendungen, Fahrzeuge oder Kundengruppen zugeschnitten“, erklärt Peter Busch, Projektleiter von Konsortialführer Bosch. Die Infrastruktur beispielsweise ist oftmals kartografiert, allerdings liegen Informationen zur Verfügbarkeit der Services aufgrund fehlender Vernetzung der vielen, unabhängig agierenden Anbieter selten vor. „Damit Nutzer beispielsweise alle verfügbaren Ladesäulen finden oder Ladevorgänge bezahlen können, bedarf es offener Standards“, erklärt Busch.

Dabei müsse stets gewährleistet sein, dass die Daten sicher verarbeitet und nicht von einzelnen Anbietern ausschließlich zu eigenen Zwecken verwendet werden. Nur so könne das notwendige Vertrauen der Nutzer wachsen und ein breites Angebot aller verfügbaren Dienstleistungen wie etwa das sogenannte Deep-Parking (Nutzen von sonst nicht verfügbaren Parkplätzen) entstehen. Das Konsortium baut deshalb auf dem europäischen GAIA-X-System auf, das technische, ökonomische und rechtliche Grundlagen für eine vertrauenswürdige und sichere Dateninfrastruktur definiert.

GAIA-X setzt dazu auf Dezentralisierung und das Zusammenspiel verschiedener Cloud-Anbieter mit gemeinsamen Richtlinien. In diesem Sinne handelt auch das Projekt „GAIA-X 4 moveID“, nutzt Open Source für seine Entwicklungen, und stellt diese allen Anbietern für unterschiedliche Geschäftsmodelle zur Verfügung.

Fahrzeuge werden zu Marktplätzen

Mit den von „GAIA-X 4 moveID“ anvisierten Standards können Fahrzeuge Informationen mit anderen Fahrzeugen und ihrer Umgebung sicher und souverän ohne „Vermittler“ austauschen. Zu den „Infrastrukturpartnern“ der Fahrzeuge zählen beispielsweise Ladesäulen, Schranken, Lichtsignalanlagen oder Parkplätze.

Das Forschungsprojekt will für Interaktion und Handel der Akteure untereinander Management- und Verwaltungsservices entwickeln mit Hilfe international anerkannter Hard- und Software. Vor allem im autonomen Fahrbetrieb können die Anbieter so Angebote wie Nachrichten, Unterhaltung, Navigation und vieles mehr mit dem System des Autos verknüpfen. Allein der Markt für Dienstleistungen rund um das vernetzte Parken wird weltweit auf zehn Milliarden Euro jährlich geschätzt. Zudem ist das gezielte Ansteuern von Parkmöglichkeiten ein wichtiger Beitrag zum Abbau von Verkehr und Emissionen – die Suche nach einem Stellplatz macht heute rund ein Drittel des innerstädtischen Verkehrs aus.

Auch für den Erfolg der Elektromobilität ist die Verfügbarkeit von Informationen ein wesentlicher Faktor. In Europa werden Schätzungen zufolge bis 2030 gut die Hälfte der neu zugelassenen Automobile elektrisch angetrieben. „Ihre Nutzer müssen sich darauf verlassen können, möglichst rasch und rechtzeitig Lademöglichkeiten zu finden. Die Vernetzung der Systeme ist dafür grundlegend“, sagt Busch.

Intensiver Datenaustausch als Basis für automatisiertes Fahren

Automatisiertes Fahren im Massenbetrieb ist nur denkbar, wenn Automobile schnell und zuverlässig mit ihrer Umgebung kommunizieren. Der hierzu notwendige Datenaustausch ermöglicht eine klimafreundliche Steuerung der Verkehrsströme, die sich nach dem aktuellen Aufkommen richtet. So können Städte den Zugang zu bestimmten Bereichen in Echtzeit regulieren und Staus vermeiden.

Dieses so genannte Zoning setzt allerdings voraus, dass Fahrzeuge veränderte Bedingungen sofort erkennen und entsprechend neue Routen wählen. Im Rahmen von „GAIA-X 4 moveID“ wird Zoning mit Testfahrzeugen erstmalig grenzübergreifend im Testfeld Deutschland-Frankreich-Luxemburg (Merzig/Saarbrücken) demonstriert. Autos erhalten dynamisch Informationen zur Einfahrt in definierte Bereiche.

Die Projektteilnehmer im Überblick: Robert Bosch, Materna Information & Communications, Denso Automotive Deutschland, Continental Automotive Technlogies, Wobcom, ecsec, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Atos Information Technology, Chainstep, Peaq Technology, Zeppelin Universität, Datarella, 51nodes, Bigchain DB, Fetch.ai Research & Development, ITK Engineering, Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Airbus Defence and Space, Delta Dao

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