Intralogistik „Heutzutage sind Lösungsanbieter gefragt!“

Gregor Baumeister, Leiter des Bereichs Palettier- und Verpackungssysteme bei Beumer.

Bild: Beumer
20.02.2017

Im P&A-Interview spricht Gregor Baumeister, Leiter des Bereichs Palettier- und Verpackungssysteme bei Beumer, über die Arbeit und den Nutzen des globalen Kompetenzzentrums für diesen Bereich und die aktuellen Trends in der Intralogistik. Außerdem erklärt er, warum das Ende von Unternehmen als reine Produktlieferanten gekommen ist.

P&A:

Herr Baumeister, in Ihrer Funktion als Leiter des Geschäftsbereichs Palettier- und Verpackungssysteme bei der Beumer Group sind Sie für das globale Kompetenzzentrum in diesem Geschäftsfeld verantwortlich. Wie sieht die Vorgehensweise des Kompetenzzentrums aus und wie profitieren Ihre Kunden davon?

Gregor Baumeister:

In unseren Zielbranchen integrieren wir Verpackungs- und Intralogistik-Lösungen für branchenspezifische Anwendungen. Ein gutes Beispiel sind ganzheitliche Verpackungslinien für die chemische Industrie. Das Schüttgut gelangt vom Silo über eine Förderstrecke zu unserer innovativen Form-Fill-Seal-Anlage. Die Absackmaschine ist mit einer integrierten präzisen Wägetechnik ausgerüstet. Damit stellt sie die reproduzierbare Gewichtsgenauigkeit der Säcke sicher. Anschließend stapeln unsere Paletpac-Hochleistungslagenpalettierer die Säcke effizient auf Paletten. Um die Ladung zu sichern, setzen unsere Kunden auf die Hochleistungsverpackungsanlagen der Serie Stretch Hood. Alle Maschinen dieser Linie nutzen das gleiche Human Machine Interface. Dies erleichtert die Bedienung und verkürzt die Einarbeitungszeit. Am Ende dieser Verpackungslinie geht es noch weiter: Mit unseren Systemlösungen sorgen wir dafür, dass die palettierte und verpackte Ware weitergeleitet wird zur Einlagerung in einem angeschlossenen Lager – oder direkt weiter zum Versand.

Das klingt alles sehr gut durchdacht. Gibt es in Ihrem Unternehmen eine eigene Abteilung, die sich speziell darum kümmert?

Die entsprechenden Lösungen und Kompetenzen, um diesen Materialfluss zu realisieren, haben wir in unserem Intralogistik-Team gebündelt. Der Kunde erhält damit komplette Lösungen aus einer Hand. Das Team entwickelt auch Sonderlösungen für sehr anspruchsvolle Aufgabenstellungen. Wir haben zum Beispiel eine hoch redundante Applikation für die Kautschukindustrie installiert, die einen effizienten Materialfluss ermöglicht.

Wie haben sich die Anforderungen an die Intralogistik und in der Abfüll-, Palettier- und Verpackungstechnik im Lauf der vergangenen Jahre verändert?

Ich sehe in diesem Geschäftsfeld einen klaren Trend zu integrierten Systemen. Außerdem wünschen sich die Kunden die Komplettlösung aus einer Hand und damit nur einen – zuverlässigen und kompetenten – Ansprechpartner für die komplette Aufgabenstellung. Gefragt sind immer weniger Produktlieferanten als vielmehr Lösungsanbieter. Das heißt jedoch nicht, dass wir keine Einzelmaschinen mehr verkaufen. Wir stellen nur insbesondere bei sehr großen Unternehmen fest, dass sie die Verantwortung bündeln und nur noch einen Ansprechpartner für ihre gesamte Linie wollen.

Gefordert ist ein kontrolliertes, fehlerfreies und vor allem sachgerechtes Handling der Produkte. Inwieweit hat sich damit der Stellenwert der Steuerungstechnik in der Intralogistik gewandelt?

Sie schneiden ein sehr umfangreiches Thema an. Die Steuerungstechnik ist ein zentraler Bestandteil eines jeden mechatronischen Systems. Und gerade im Umfeld von Industrie 4.0 wird der schon seit Jahren bestehende Trend zusammengefasst, Material- und Datenflüsse zu parallelisieren. Wir sehen darin eine Evolution, der wir sehr aufgeschlossen und positiv gegenüber stehen. Denn die Vorteile, die der Anwender von sich selbst optimierenden und steuernden Systemen hat, liegen auf der Hand. Sie erkennen zum Beispiel selbstständig Blockaden im Materialfluss und wählen alternative Routen. Oder: Die Werkstücke tragen alle wichtigen Informationen in Form von Parametern über den Ablauf der Produktion in sich. Sie wissen, wer sie sind, und können sich über die RFID-Technik mit der Anlage „unterhalten“.

Wie realisieren Sie bei den Anwendern sicher gesteuerte und geregelte Materialflüsse?

Das hängt immer davon ab, wie komplex die Aufgabenstellung ist. Manche Anwendungen lassen sich allein auf SPS-Ebene umsetzen. Andere wiederum erfordern übergeordnete Materialflussrechner oder Warehouse-Control-Systeme. Jedes System, das wir planen und installieren, basiert zwar auf Standardmodulen, doch die Lösung ist ganz spezifisch auf den Kunden abgestimmt. Denn keine Kundenanforderung gleicht der anderen.

Beumer hat sich vom Maschinenbauer zum Systemintegrator und zum Softwareanbieter weiterentwickelt. Was haben Ihre Kunden davon?

Das eine ist untrennbar mit dem anderen verbunden – und Unternehmen wollen ja auch nur noch einen Ansprechpartner haben. Wer also Systeme integriert, muss auch die zugehörige Software anbieten. Liefern wir für einen Kunden eine komplette Verpackungslinie mit angeschlossenem Blocklager, erhält er von uns ein voll funktionsfähiges System mit allen mechanischen und elektrischen Komponenten sowie dem dazu passenden Software-Programm. Den Schlüssel, um die Leistung oder die Energieeffizienz zu steigern, sehen wir häufig in softwarebasierten Strategien. Nehmen Sie zum Beispiel im Auto die Getriebewahltaste „Sport“ und „Eco“. Das Umschalten erfolgt nicht mechanisch, das übernimmt die Software. Und genauso verhält es sich mit den verschiedenen Betriebszuständen in intralogistischen Systemen.

Worum handelt es sich bei diesen Intralogistik-Systemen, und welchen konkreten Nutzen hat der Anwender davon? In welchen Branchen kommen sie zum Beispiel zum Einsatz?

Für die Anwender sind wir Problemlöser, und so wollen wir von der Industrie auch wahrgenommen werden. Das zeigen wir mit diesen Systemen. Wir bringen keine sogenannten „Me too“-Lösungen auf den Markt, sondern effiziente und spezifische Systeme, die ganz individuelle Herausforderungen meistern. Ich hatte vorhin eine hoch redundante Applikation für die Kautschukindustrie erwähnt. Das ist ein sehr gutes Beispiel. Bei dieser Anwendung müssen die Kautschukballen nach dem Schneiden foliert und in große Behälter verpackt werden. Die spezielle Herausforderung dabei: Sie dürfen auf der Fördertechnik nicht anhalten, sonst würde der Kautschuk fließen, und ein Transport wäre nicht mehr möglich. Wir haben für den Kunden ein System entwickelt, das in allen Betriebszuständen einen kontinuierlichen Materialfluss sicherstellt. Umgesetzt haben wir das mit Komponenten aus unserem Portfolio. Dabei nutzen wir auch Technologien aus anderen Branchen – zum Beispiel transferieren wir Lösungen aus dem Geschäftsfeld Airport auf die Reifenindustrie. Weil wir branchenübergreifend arbeiten, können wir unseren Kunden ganz unterschiedliche Perspektiven anbieten.

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