Norbert Hauser, Vice President Marketing, Kontron: Um die Chancen des IIoT nutzen und erfolgreich umsetzen zu können, werden starke Partner gebraucht. Nur im Zusammenspiel von Spezialisten für die verschiedenen Ebenen der Automatisierungspyramide lassen sich alle Anforderungen und Möglichkeiten des IIoT abdecken. Wir bei Kontron im Verbund mit S&T sind überzeugt davon, dass wir mit dem Zusammenwachsen von IT und OT den Kunden neue, erweiterte Angebote machen müssen. Wir bieten für unsere Kernkompetenz, die Embedded-/IoT-Hardware und -Software, Lösungen aus einer Hand an. Deshalb unterstützen wir Standards wie OPC UA und TSN, um die technische Integration über verschiedene Partner hinweg zu erleichtern: von IoT-Devices über Edge- und Fog-Computing, die Embedded Cloud bis hin zur Public Cloud. Wir zertifizieren unsere Hardware auch für führende Cloud-Anbieter, wie Microsoft mit Azure, damit unsere Kunden Lösungen wie Azure IoT Edge einfach einsetzen können. Und wir bieten Embedded Hardware einschließlich Software an, die sich nahtlos in bestehende IT- und OT-Landschaften einfügt. Im Verbund mit S&T kann Kontron seine Embedded-Hard- und Software-Kompetenz genau um die Beratungs- und Softwareangebote ergänzen, die es Unternehmen erleichtern, neue Technologien wie IIoT in bestehende Architekturen zu integrieren. Dennoch wird es immer noch einer Reihe weiterer Partner, zum Beispiel Automatisierer, bedürfen, die für die Anwender eine nutzbringende, effiziente und umfassende IIoT-Umgebung auf die Beine stellen.
Dr. Bernhard Kirchmair, Chief Digital Officer, Vinci Energies: Das IIoT zielt im Wesentlichen darauf ab, Produktionssysteme und -prozesse immer vollständiger zu automatisieren und intelligent zu machen. Das verlangt zunächst nach einer Vernetzung von Anlagen innerhalb einer Fabrik sowie später von mehreren Standorten in einer übergreifenden IIoT-Plattform. Für diesen Informationsaustausch zwischen operativer Technologie (OT) mit IT ist viel Übersetzungsarbeit in Signal- und Datenverarbeitung nötig. Denn für die wirklich autonome Produktion müssen Systeme unterschiedlicher Hersteller störungsfrei miteinander kommunizieren können – von der Feld- bis zur Unternehmensleiterebene. Diese komplexe Übersetzungsaufgabe können Anbieter von Automatisierungstechnik alleine nicht leisten. Sie sprechen meist nur die Sprache ihres Standards. Weitere Kompetenzen aufzubauen wäre möglich, aber nicht effizient. Erst als Ökosystem kann das IIoT richtig funktionieren. Hier kommen unabhängige Systemintegratoren ins Spiel. Sie kombinieren IT-Expertise und Industrie-Know-how und können Kommunikation und Datenaustausch zwischen den vielfältigen Komponenten realisieren: von Sensoren, Robotern, Anlagen und Applikationen bis hin zum User Interface für den Menschen – und das alles standortübergreifend via Cloud-Infrastruktur.
Kai Bergemann, Business Development Lead – Connected Services, Rockwell Automation: Bei IIoT-Projekten werden Experten aus den Bereichen IT und OT benötigt. Die notwendige Expertise im IT-Bereich haben die klassischen Automatisierungsanbieter in den letzten Jahren aufgebaut und ihr Portfolio erweitert, sodass es heute sehr gut möglich ist, auch komplexe IIoT-Projekte durchzuführen. Rockwell Automation hat vor vielen Jahren den Grundstein mit der Umstellung auf standardisiertes Ethernet/IP gelegt. Inzwischen werden neuste Technologien wie mobile Clients und Cloud-basierte Lösungen eingesetzt, die weitreichende Performance- und Kosteneinsparungen ermöglichen. Intelligente Maschinen und Komponenten liefern hierzu die Daten und können einfach in Anlagen integriert werden. Das Fundament einer IIoT-Infrastruktur oder eines Connected Enterprise, wie wir es bei Rockwell Automation nennen, bilden die Connected Services. Hier arbeiten wir eng mit etablierten Partnern wie Microsoft, Cisco, VMware und Panduit zusammen. Dazu zählt zum einen der Bereich Cyber-Sicherheit zum Schutz der Anlagen vor Hacker-Angriffen, zum anderen eine sichere und zuverlässige Netzwerk- und IT-Infrastruktur, die auch den Anforderungen der Produktion gerecht wird. Cloud-basierte Lösungen stehen als Basis für Remote-Services zur Überwachung und Optimierung der Anlagen zur Verfügung. In unserem Kompetenzzentrum in Karlsruhe können wir für die spezifischen Anforderungen unserer Kunden individuelle Wege für die Realisierung von IIoT-Projekten aufzeigen.
Timo Ross, Prokurist und Leiter Marketing & Produktmanagement, mdex: Es stehen wohl viele Unternehmer vor dem (klassischen) „Henne-Ei-Problem“. Wozu eine funktionierende Produktion anfassen, mit weiteren Sensoren versehen und mit der (bösen) IT verbinden? Nur um zusätzliche Daten zu sammeln? Der (zusätzliche) Nutzen, der sich aus IIoT-Projekten ergibt, wird sich erst aus der Verfügbarkeit von unterschiedlichen Datenquellen in einer gemeinsamen Plattform ergeben. Als praktisches Beispiel kann man immer wieder Predictive Maintenance heranziehen. Natürlich kann man nur Muster in Betriebsdaten erkennen, die zu einem „Ausfall“ führen, wenn man diese im Vorfeld gesammelt hat und es auch zu einem Ausfall gekommen ist, aus dem man lernen kann. Bei der Erhebung neuer Daten (zum Beispiel durch zusätzliche Sensoren), dem sicheren Transport in die IT-Welt und vor allem beim Sammeln, Speichern und Visualisieren der Daten, können externe Dienstleister eine sinnvolle Ergänzung sein, da diese Spezialisten auf ihrem jeweiligen Gebiet sind. Hier hat sich ein großer Dschungel aus vielen unterschiedlichen (Cloud-)Lösungen entwickelt, für die es kompetente Partner zu finden gilt, um am Ende die richtige Lösung für den jeweiligen Anwendungsfall auszuwählen.
Stefan Selke, Segment Marketing Manager MOEM, EMEA, Eaton Industries: Die Bündelung von Kompetenzen ist in jedem Fall notwendig, durch den Aufbau eigener Ressourcen, den Zukauf entsprechender IT-Firmen oder durch Partnerschaften. Der Erfolg der daraus entstehenden neuen Einheiten wird oft anhand der Kompetenzen in den Disziplinen wie IT-Sicherheit, Protokolle, Datensicherheit, Visualisierungsmöglichkeiten in der Cloud oder der Anzahl der angebundenen Systeme gemessen. Eine weitere wichtige Kompetenz ist, wie gut das Unternehmen seine Kunden dabei beraten kann, aus der vorab genannten Infrastruktur einen möglichst hohen Nutzen abzuleiten. Dies ist sehr oft die schwierigste Disziplin. Der Endanwender kann den Zusammenhang zwischen einem Problem und den Lösungsmöglichkeiten, welche die Digitalisierung mit sich bringt, häufig noch nicht selbst herstellen. Es gilt, dem Kunden den Weg von der Feststellung eines Produktionsausfalles und der Ermittlung der Ursache bis hin zu einer Lösung über die Digitalisierung der Abläufe darzustellen. Die Unternehmen, die es am besten schaffen, über die Darstellung eines Nutzens ihre Kunden vom Einstieg in die Digitalisierung zu überzeugen, werden damit langfristig Erfolg haben. Denn wenn die Kunden den ersten Schritt gemacht und Mehrwerte in Form von gesteigerter Produktivität realisiert haben, werden diese selbst weitere Ideen für neue Anwendungen entwickeln.
Dieter Conzelmann, Geschäftsführer, Bizerba Busch: Um IIoT-Services für die Kunden anbieten zu können, benötigt man Expertenwissen hinsichtlich der Anwendung, der Automatisierung und der IT-Technologie und trotzdem lautet meine Antwort: Ja, Anbieter von Automatisierungstechnik können das. Das Expertenwissen für die benötigte IT-Technologie, zum Beispiel Cloud, Data Analytics, Visualisierung, kann heute eingekauft werden. Diese IT-Technologie steht zum Abruf bereit. Die Daten dafür stehen heute gekapselt in den Automatisierungslösungen ebenfalls oft bereit und müssen nur sicher zugänglich gemacht werden. Aus der Menge an Daten die richtigen Geschäftsprozesse mit dem dazugehörigen Geschäftsmodell abzuleiten, ist die Herausforderung für Automatisierungstechnikanbieter. Mit geeigneten Methoden, wie dem „Success Loop“, kann jeder Automatisierungshersteller sehr schnell basierend auf bestehenden Geschäftsmodellen neue innovative Geschäftsmodelle finden.
Jürgen Hahnrath, Head of IoT Solutions, Cisco: Die Komplexität von IIoT-Projekten resultiert aus der Vielzahl beteiligter Systeme bei gleichzeitig hohen Anforderungen an die gewünschten Funktionen und Ergebnisse. Zum Beispiel unterscheiden sich die Ebenen, auf denen die Daten gesammelt und verarbeitet werden. Nicht jeder Datenpunkt muss bis zum ERP-System übertragen und nicht jede Information zuerst in der Cloud abgelegt und analysiert werden. So entstehen, je nachdem wofür sie gebraucht werden, eigene Anforderungen an die Datenaufbereitung. Daraus ergeben sich komplexe Netzwerkzusammenhänge. Doch es lassen sich auf den unterschiedlichen Ebenen die Systeme, Protokolle, Schnittstellen und Beteiligten definieren, um einen Überblick über das Gesamtsystem zu erlangen. Anschließend lassen sich die Daten filtern und dort bereitstellen, wo sie benötigt werden. Dies bedarf einer hohen Vernetzung und Automatisierung sowie zuverlässiger IT-Security. Diese „IoT Threat Defense“ bildet eine solide Basis für IIoT. Die dadurch entstehende Gesamtarchitektur ist zudem um Aspekte wie Rollout, Betrieb und Change Management zu ergänzen. Entsprechend sind die erforderlichen Kompetenzen zu ermitteln und zu bündeln. Dann werden die Komplexität beherrschbar und der gewünschte Mehrwert realisierbar.