Achema 2015 Industrie reduziert den Wasser-Durst

27.05.2015

Wie geht die Industrie mit der Ressource Wasser um? Auf der Achema 2015 steht Industrielles Wassermanagement als eines von drei Fokus-Themen im Mittelpunkt. Wir stellen Ihnen die größten Zukunftstrends schon heute vor.

Industrielle Nutzung von Wasser verursacht Kosten: Die Aufbereitung ist mit Konditionierungskosten verbunden, bei der Verteilung muss für die Pumpen Energie aufgewendet werden und nach Gebrauch gelangt Wasser meist in eine Nachbehandlung. Ökonomisch wie ökologisch ist es sinnvoll, Wasser weniger zu bewegen, zu erwärmen und nicht zuletzt zu verschmutzen – „Industrielles Wassermanagement“ ist gefragt. Das Ziel: Bestimmte Wasserqualitäten müssen bereitgestellt werden unter Kontrolle der dafür notwendigen Kosten, inklusive der Entsorgung. In wasserreichen Regionen ist dafür nicht der gleiche technologische Aufwand erforderlich wie in wasserarmen, wo jeder Tropfen wertvoll ist – dort werden Kosten zur weiteren Kreislaufschließung bis hin zur abwasserfreien Produktion (Zero Liquid Discharge) eher akzeptiert als beispielsweise in Deutschland. Generell gilt: Weil die Produktion und die Wassertechnik eng verzahnt sind, führt an der Entwicklung integrativer Technologien und Managementsysteme kein Weg vorbei.

Wasser-Recycling – abwasserfreie Produktion

Industrielles Wassermanagement gibt es nicht „von der Stange“ – zu diesem Schluss kam ein ProcessNet-Positionspapier im März 2014. Je nach Branche, Anwendung und Standort sind individuelle Konzepte notwendig. So lohnt sich ein Wasserrecycling in dem Sinn, dass Prozesswasser im Kreislauf geführt wird, meist nur, wenn die Ströme schwach verunreinigt sind. Bei Strömen, die hohe Konzentrationen an Verunreinigungen aufweisen und/oder Stoffe mit unterschiedlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften enthalten, erweise sich ein Wasser-Recycling meist als weniger effizient, so die Experten. Daher ist die Grundvoraussetzung für das Wasser-Recycling effizientes Wassermanagement, bei dem unterschiedlich gut recyclingfähige Abwässer voneinander getrennt geführt werden. Die meisten innerbetrieblichen Recyclingprozesse setzen in der Nähe oder direkt im Produktionsprozess an; hier ist die Komplexität der Wasserinhaltsstoffe begrenzt und der Aufwand für additive Verfahren vergleichsweise gering.

Ist es sinnvoll, statt sauberen Wassers einfach kein Wasser aus Anlagen mehr freizusetzen? Das Modell der abwasserfreien Produktion wird kontrovers diskutiert. Weltweit sind schon rund 400 Anlagen in Betrieb. Die Motive sind unterschiedlich: Unabhängigkeit von der lokalen Wasserversorgung besonders in wasserarmen Regionen, strenge Umweltauflagen bei der Einleitung zum Beispiel von Salzfrachten, die Rückgewinnung von Wertstoffen oder das Image. Interessant: ZLD-Anlagen durchlaufen Genehmigungsverfahren oft einfacher und schneller als konventionelle Anlagen. Problematisch ist jedoch die Behandlung der entstehenden Konzentrate. Wer die Wahl hat, sucht sich im Zweifel lieber einen wasserreichen Standort und optimiert sein industrielles Wassermanagement, als die erheblichen Investitionen und Betriebskosten für eine abwasserfreie Produktion auf sich zu nehmen. Vor allem der Energiebedarf ist hoch; Hoffnung hegen die Experten deshalb für stärker integrierte Konzepte für Wasser- und Energiemanagement.

Im Rahmen des EU-Projektes E4Water, dem aktuell weltweit größten Forschungsprojekt zum integrierten Wassermanagement in der Chemischen Industrie, arbeiten mehrere Industrieanlagen in Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Spanien an einer signifikanten Reduzierung ihres Frischwasserbedarfes. Bei Solvic NV oder Dow Benelux werden die Wasserströme verschiedener Betriebe miteinander vernetzt – das Abwasser der einen Anlage speist so aufbereitet die andere Anlage. Ziel ist eine Reduktion des Frischwasserbedarfs um bis zu 50 Prozent. Seit Jahren werden Membrane für die Wasseraufbereitung immer wichtiger. Es gibt gute Gründe dafür: Membrananlagen arbeiten vollautomatisch und kontinuierlich. Hinzu kommt, dass Membranmaterialien kostengünstiger und effektiver wurden, während der erforderliche Druck und damit der Energieeinsatz deutlich gesunken ist.

Zukunftsmodell Zero Liquid Discharge?

Mehr als zwei Drittel der weltweit neu installierten Entsalzungskapazität basiert heute auf Umkehrosmose-Verfahren. Im Vergleich zu den traditionellen verdampfungsbasierten Technologien benötigt die Umkehrosmose keine Wärmeenergie. Das senkt die Kosten für das entsalzte Wasser – aus diesem Grund geht der Trend selbst in Regionen mit niedrigen Energiekosten wie dem Nahen Osten in Richtung Umkehrosmose. Nicht nur Meerwasser, auch entsalztes Grundwasser kann zur Wasserversorgung beitragen – so beispielsweise im trockenen Süden der USA, wie GTAI (Germany Trade & Invest) berichtet. Texas, Florida und Kalifornien sind im Land führend bei der Anwendung der Technologie. Vor allem in Kalifornien gewinnt die Meerwasserentsalzung an Bedeutung, Megaprojekte sind in Planung. Der Bedarf an effizienten Pumpen und widerstandsfähigen Membranen steigt. Bei der Finanzierung der Vorhaben geht der Trend zu Public-Private-Partnerships. Große Potenziale bestehen bei mobilen Entsalzungsanlagen, berichtet Jim Taft, Executive Director der Association of State Drinking Water Administrators (ASDWA). Die Nachfrage dürfte anziehen, da solche Anlagen im Süden des Landes bei verstärkt auftretenden Dürreperioden oder vorübergehenden Versorgungsproblemen kurzfristig aushelfen könnten.

Einige Anbieter von Membrananlagen sind dazu übergegangen, ihre Anlagen zu standardisieren. Diese Plug-and-Play-Lösungen erfordern durch den Serien-Charakter einen geringeren fertigungstechnischen Aufwand. Sie werden sowohl für die Aufbereitung von Brauchwasser und Trinkwasser als auch zur Behandlung von Abwasserteilströmen im industriellen Bereich angeboten. Die vorgefertigten Anlagen können mit wenigen Handgriffen angeschlossen werden.

Membranverfahren: Der Natur abgeschaut

Eine Kontamination des Prozesswassers mit Produktionsstoffen ist bei direktem Kontakt unvermeidlich. Daher finden sich die Substanzen in unterschiedlichen Konzentrationen im Prozessabwasser wieder. Bei Wertstoffen, kann eine Rückgewinnung nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein. Ein französisches Unternehmen hat eine Technik entwickelt, um selbst winzige Spuren von wertvollen Metallen effizient aus Industrieabwässern zu filtern. Dazu werden verschiedene Filter aus Polymer-Kügelchen installiert, mit denen sich Metalle selektiv verbinden. Zur Filterung kleinster Mengen von Edelmetallen ist die Technologie bereits in einigen europäischen Unternehmen im Einsatz.

Abwasser ist auch eine bisher wenig genutzte Wärmequelle. Während bislang die Nutzung dieser Energie in der Prozesstechnik eher selten möglich war – unter anderem wegen der bisherigen Begrenzung der Heizungsvorlauftemperatur von Wärmepumpen auf meist 65 °C – offeriert ein Anbieter nun Hochtemperatur-Wärmepumpen mit einer Vorlauftemperatur bis 100 °C. Damit eröffnen sich vollkommen neue Anwendungsmöglichkeiten im Bereich des industriellen und gewerblichen Einsatzes von Wärmepumpen. Kühlsysteme sind für die Industrie wesentliche Voraussetzung für den reibungslosen Betrieb. Dabei spielt die Kühlwasserbehandlung eine wichtige Rolle – nicht allein unter den Gesichtspunkten der Vermeidung von Ablagerungen und Korrosion, sondern auch zum Sicherstellen der Hygiene. Hintergrund: Aus Biofilmen gelangen kontinuierlich Legionellen und Pseudomonaden in das Kreislaufwasser und können das Personal ebenso wie die Anwohner von Industrieunternehmen gefährden. Dem kann man entgegenwirken, in dem der Aerosolaustrag verringert und die Legionellenvermehrung aktiv bekämpft wird.

Bildergalerie

  • Ein Laufrad wird in einerm Wasserkraftwerk angeliefert und eingebaut.

    Ein Laufrad wird in einerm Wasserkraftwerk angeliefert und eingebaut.

    Bild: Andrith Hydro Group

Verwandte Artikel