Ein Team ist immer nur so gut, wie seine Mitglieder. Es ist jedoch nicht ausreichend, einfach nur die Besten aus den unterschiedlichen Fachbereichen an einen Tisch zu setzen. Jedes Teammitglied muss auch die Möglichkeit bekommen, seine vertrauten Werkzeuge und Methoden einzusetzen, um das beste Ergebnis zu erzielen. In der Realität ist das oft nicht einfach umzusetzen – das gilt auch im Maschinenbau. Maschinenbauer benötigen IT- und OT-Experten, die in interdisziplinären Teams zusammenarbeiten. Nur so können sie die Möglichkeiten des Industrial IoT voll ausschöpfen und vernetzte Maschinen entwickeln. Allerdings prallen hier zwei Welten aufeinander: Während sich OT-Experten mit Maschinenentwurf, SPS-Programmierung und Maschineninbetriebnahme auskennen, sind IT-Experten mit höheren Programmiersprachen und Konzepten wie C++, Python und JavaScript vertraut und arbeiten mit Open-Source-Software und Linux. Bislang hat es sich als schwierig erwiesen, eine gemeinsame Plattform zu finden, auf der beide Gruppen nahtlos ihre Expertise nutzen können.
Auf zu neuen Wegen
Die Herausforderung liegt darin, die Hürde in der Zusammenarbeit zwischen IT-Welt und OT-Welt zu überwinden und beide Welten optimal zu verbinden. Bisher haben beide Fachbereiche eher nebeneinander gearbeitet als miteinander. „Mit dem Industrial IoT ist nun der Zeitpunkt gekommen, das zu ändern“, sagt Stefan Schönegger, IoT-Spezialist bei B&R. „Die Grenze zwischen der IT- und der OT-Welt muss verschwinden, damit wir fortschrittliche Datenbanksysteme, maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz und IoT-Algorithmen direkt in Maschinen integrieren können.“ Die größte Schwierigkeit dabei ist, dass Steuerungssysteme aktuell nicht die volle Bandbreite an höheren Programmiersprachen ausführen können, wie es zum Beispiel in einer Linux-Umgebung der Fall wäre. Die Voraussetzung für die Verbindung von IT und OT muss daher sein, sämtliche Linux-Software für das Steuerungssystem zugänglich und verständlich zu machen.
IT- und OT-Welt optimal verbinden
Genau an diesem Punkt setzt B&R mit dem neuen enhanced crossover Operating System, kurz exOS, an. „Mit exOS überwinden wir die Hürde, die IT und OT bisher voneinander getrennt hat. Maschinenbauer können nun jede beliebige Linux-Software im B&R-System verwenden und so endlich die IT- und OT-Welt optimal verbinden. Damit erhalten Maschinenbauer Zugang zu einem der weltweit größten Software-Ökosysteme“, sagt Schönegger. Mit exOS steht es jedem Linux-Softwareentwickler frei, in welcher Programmierumgebung (IDE) er den Programmcode entwickelt, kompiliert und debuggt. Anschließend lässt sich die Linux-Anwendung mit Hilfe von exOS einfach in das Steuerungssystem integrieren und Hand in Hand mit dem B&R-Echtzeitbetriebssystem Automation Runtime verwenden. „Das bietet einen großen Vorteil. Der Entwickler kann in seiner gewohnten Entwicklungsumgebung, zum Beispiel mit Eclipse oder Visual Studio, arbeiten und auf seine Erfahrungen und Expertise mit diesen Werkzeugen zurückgreifen“, erklärt Schönegger.
Ein zentrales Engineering-Tool
Die fertige Linux-Anwendung wird vom Entwickler als exOS-Paket in das B&R-System importiert. Ab diesem Entwicklungsschritt kann Automation Studio als zentrales Engineering-Tool verwendet werden. Das Softwaremanagement und die Softwarediagnose sollen sich so wesentlich einfacher und übersichtlicher gestalten. Zusätzliche Werkzeuge sind nicht notwendig. „Das heißt, nicht nur der Linux-Softwareentwickler, sondern auch der Ingenieur, der die Maschine in Betrieb nimmt, kann in seiner gewohnten Umgebung arbeiten, da exOS alle Ebenen vereint“, sagt Schönegger.
Effiziente Wartung
Neben der unkomplizierten Inbetriebnahme ist auch eine schnelle und einfache Wartung ein wesentliches Qualitätsmerkmal für smarte Maschinen. Servicetechniker müssen zum Beispiel bei einem Maschinenstillstand schnellstmöglich identifizieren, wo das Problem liegt und Rücksprache mit dem Maschinenbauer halten können. exOS bietet vielseitige Diagnosefunktionen. Das B&R-System zeichnet sämtliche Fehlermeldungen des Steuerungsbetriebssystems und der Linux-Anwendung durchgängig auf und stellt sie dem Anwender zur Verfügung. Darüber hinaus lassen sich Hardware-Komponenten einfach tauschen. Die Maschine ist so ohne Neuprogrammierung binnen Minuten wieder einsatzbereit. „exOS macht die Wartung wesentlich effizienter und minimiert Stillstandszeiten von Maschinen und Anlagen deutlich“, so Schönegger. Nicht nur die Hardware lässt sich bei Bedarf tauschen, auch bei der Software können notwendige Maschinenupdates, zum Beispiel per Remote-Verbindung, vorgenommen werden.
Zukunftssichere Lösung
Die Crossover-Lösung von B&R verfügt über diverse integrierte Funktionen. Damit lassen sich hybride Maschinenapplikationen mit Steuerungs- und Linux-Anwendungen wesentlich einfacher erstellen. Die integrierten Funktionen werden symmetrisch in Automation Runtime und Linux ausgeführt. „exOS nutzt dafür Basistechnologien und Werkzeuge aus dem B&R-System und bindet die Linux-Anwendung in die B&R-Entwicklungsumgebung ein. Alle Freiheiten von Linux bleiben erhalten“, sagt Schönegger. Zu den Funktionen zählen unter anderem ein einheitliches Projektmanagement für Linux- und Echtzeitanwendungen in Automation Studio sowie eine automatische Übertragung der Linux-Anwendung von Automation Studio auf die Steuerung und die Linux-Umgebung. Darüber hinaus bringt exOS eine nutzerfreundliche API für einen leistungsfähigen Datenaustausch mit. Die API sorgt für eine einfache und gepufferte Prozessdatenkommunikation zwischen dem Steuerungsbetriebssystem und Linux und überträgt Daten konsistent im Millisekundenbereich.
Skalierbar für jeden Anwendungsfall
Um exOS zu nutzen, benötigen Maschinenbauer lediglich einen Automation PC oder Panel PC von B&R. „Automation Runtime und Linux laufen auf demselben Gerät. Das heißt, die Linux-Anwendung wird Hand in Hand mit zyklischen Steuerungs-Anwendungen ausgeführt. Das ist unter anderem bei fahrerlosen Transportsystemen (FTS) von Nutzen“, sagt Schönegger. Solche Transportsysteme basieren zum Beispiel auf der Open-Source-Robotikplattform ROS. Dabei läuft die dynamische Pfadplanung in ROS unter Linux, die Antriebsregelung hingegen in Automation Runtime. Beides lässt sich mit exOS in einer Hypervisor-Konfiguration optimal synchronisieren und einfach auf einem Automation PC integrieren.
IT und OT arbeiten Hand in Hand
Als flexible Crossover-Lösung verbindet exOS zwei technische Welten, die sich bisher nur schwer auf einen Nenner bringen ließen und bricht die Barriere zwischen IT und OT auf. „Damit bietet B&R nicht nur den Zugang zu einem der weltweit größten Software-Ökosysteme, sondern verbindet auch das Beste aus beiden Welten für hybride und adaptive Maschinenkonzepte“, sagt Schönegger. Maschinenbauer können das Know-how ihrer Entwickler und Ingenieure aus beiden Bereichen voll ausschöpfen und innovative Maschinenkonzepte für smarte Fabriken umsetzen.