Für Menschen ist es einfach: Einer hält ein Teil fest, jemand anders hält ein weiteres Teil und eine dritte Person schraubt die Teile aneinander. Roboter können das bislang nicht. In einem Forschungsprojekt im Rahmen des Bayerisches Verbundforschungsprogramms (BayVFP) entwickelt das Institut für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) der Hochschule Coburg gemeinsam mit dem Automobilzulieferer Brose nun ein Kalibriersystem, um eine höhere Positionsgenauigkeit mehrerer Roboter im Verbund zu erreichen.
Prof. Dr. Thorsten Uphues sitzt im großen Konferenzraum des ISAT, das er zusammen mit seinem Kollegen Prof. Dr. Klaus Drese leitet. Er führt ein verständliches Beispiel heran: „Ein Roboter alleine arbeitet sehr präzise, aber sobald Roboter im Verbund arbeiten, ist die Präzision schlecht. Wenn einer ein Teil hält und ein anderer eine Schraube reinschrauben soll, kann es sein, dass er das Schraubloch gar nicht trifft.“ Damit formuliert Uphues das Ziel des Projektes, das nun für drei Jahre läuft: „Wir möchten mehrere Roboter in einem freien Verbund so präzise zueinander justieren, dass sie immer die Schraublöcher genau treffen.“
Wettbewerbsfähig im Automobilsegment
Das Forschungsprojekt wird vom Programm „Elektronische Systeme in Bayern“ (ELSYS) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert. Hintergründig geht es darum, im aktuellen Wandel in der Automobilbranche wettbewerbsfähig zu bleiben. „Wir müssen für unsere Produktionsstandorte immer flexiblere, automatisierte Fertigungskonzepte entwickeln, welche eine wirtschaftliche Fertigung ermöglichen und mit denen wir den hohen Anforderungen unserer Kunden auch zukünftig gerecht werden“, sagt Claus Schäfer, Technologieverantwortlicher Automatisierung bei der Brose-Gruppe. Das Projekt leiste dazu einen wesentlichen Beitrag, „denn die Effizienz und Genauigkeit der Kalibrierung von Multi-Robotersystemen wird deutlich verbessert.“
Durch das mobile Kalibriersystem sollen die Roboter in einer flexiblen Fertigungszelle schneller und einfacher zueinander vermessen werden können. Das sei ein wesentlicher Schritt hin zu einer hochflexiblen vorrichtungslosen Fertigung, wie Schäfer ergänzt.
Laserstrahl als Orientierung
Das ISAT beschäftigt sich mit hochgenauen Messverfahren im Bereich Ultraschall und Optik. Darin liegt laut Uphues auch der Schlüssel: „Wir entwickeln eine Justage in einer Fertigungszelle mit einem Laserstrahl. Der Roboter kann sich an diesem Laserstrahl orientieren und bekommt ein Feedback, wo er sich befindet.“ Wird das mit allen Robotern im Raum gemacht, tasten sich alle perfekt an dem Laserstrahl entlang. „Das ist die Innovation daran.“
Die Programmierung der Roboter und der Schnittstellen zu den Automatisierungssystemen sowie die Planung und Realisierung eines Demonstrators leistet der Projektpartner Brose. „Es funktioniert nur zusammen. Damit schaffen wir einen geschlossenen Kreis, einen sogenannten ‚Closed Loop‘, in dem der Roboter immer die Rückmeldung erhält, ob er die korrekte Position mit ausreichender Präzision erreicht hat oder nicht“, erklärt Uphues.
Dass es den Professor bei dem Projekt wieder öfter ins Labor ziehen wird, freut ihn sehr. „Ich gehe immer gerne ins Labor und es liegt oft das eine oder andere Messgerät zum Testen bei mir im Büro“, sagt Uphues. Und er gibt zu: „Ich bin einfach Experimentalphysiker und vielleicht ein bisschen pedantisch, was das Messen und die Genauigkeit angeht.“ Diese Eigenschaft wird dem Forschungsvorhaben wahrscheinlich zugutekommen.