Verfahrenstechnik Kalzinierung verkürzt

Die beiden neuen Verfahren wurden im Technikum, dem firmeneigenen Ingenieurzentrum, zusammen mit Kunden entwickelt.

Bild: Zeppelin Systems GmbH
22.06.2015

Weniger Aufwand – das sollte ein neues Verfahren zum Kalzinieren und Coaten von mineralischen Füllstoffen bieten. Die Kalzinierung in einem neuen Mischer stellt eine Alternative zur klassischen Herstellung im Drehrohrofen dar. Der wesentliche Vorteil besteht darin, dass im Mischer auch gecoatet werden kann.

2011 gab es für den Geschäftsbereich Henschel Mixing Technology bei Zeppelin Systems mehrere Anfragen zur Entwicklung eines alternativen und weniger aufwendigen Herstellungsprozesses für mineralische Füllstoffe. Dazu gehören unter anderem Flammschutzmittel, Brandhemmer oder Scavenger Agents. „Wir freuen uns, zwei neue Verfahren etablieren zu können“, so Dr. Stephan Poller, General Manager Henschel Mixing Technology. Im Rahmen eines Projektes fuhren die Ingenieure von Zeppelin Systems zahlreiche Versuche, die die Effektivität von Kalzinierung und Beschichtung der Mineralien bestätigten.

Kalzinierung eignet sich beispielsweise für die Herstellung des Scavenger Agents und Thermostabilisators CAHC. Dabei wird die Rezeptur durch Friktion bis zu einer Temperatur von 300 °C aufgeheizt. Ziel ist es, die Feuchtigkeit aus dem Material zu entfernen und die Spuren der Feuchtigkeit anschließend durch Thermolyse zu beseitigen. Das Material verändert sich während der Prozedur physikalisch und wird zudem chemisch zersetzt. Die freigesetzten Gase, wie zum Beispiel Wasserdampf und Ammoniak werden über ein spezielles Aspirationssystem entzogen. Dadurch werden die gewünschten Eigenschaften erreicht. Für das weitere Handling der Masse kann die fertige Mischung bei Bedarf in einem Kühlmischer heruntergekühlt werden.

Fließverhalten optimieren

Bei der Beschichtung der Mineralien wird einem Rohstoff eine Flüssigkeit oder ein Pulver zugefügt, das diesen vollständig umhüllt. Dadurch lassen sich die chemischen Eigenschaften dem Additiv entsprechend in die gewünschte Richtung verändern. Die mineralische Beschichtung zielt darauf ab, die Bindungsstärke des Minerals mit der Polymer-Matrix zu verbessern sowie die mechanischen Eigenschaften und das Fließverhalten zu optimieren. Das Verfahren eignet sich unter anderem für die Verarbeitung von Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid und seltenen Erden. Das Material wird zum Beispiel mit Stearinsäuren, Silanaten oder Titanaten überzogen. Stearinsäuren zählen zu den nichtreaktiven, Silanate und Titanate zu den reaktiven Haftvermittlern. Bei Silanaten ist zu beachten, dass je nach Typ als Nebenprodukt Methanol oder Ethanol freigesetzt werden kann.

Die beiden neuen Verfahren wurden im Technikum, dem firmeneigenen Ingenieurzentrum, zusammen mit Kunden entwickelt. So wie viele anderer Verfahren zur Verarbeitung und Herstellung von sensiblen Rohstoffen: „In unserem Technikum haben wir etliche der heute angewendeten Standardverfahren für die Kunststoff- und Chemie-Industrie entwickelt“, so Dr. Poller. Die Entwicklungsarbeit hat darüber hinaus die Herstellung von Metallic-Pulverlacken, Masterbatches, keramischen Pulvern, Hart- und Weich-PVC und anderen chemischen Produkten maßgeblich vereinfacht und verbessert.

Mischanlage zum Kalzinieren und Coaten

Die im Technikum entwickelten Verfahren zur Kalzinierung und zum Coating lassen sich ohne Einschränkungen reproduzieren und werden mittlerweile in zahlreichen Anlagen von Kunden angewendet. Zum Einsatz kommt dabei ein Schnell- beziehungsweise Intensiv-Mischer des Typs FM. Ausgestattet mit einer Standardmotorleistung, einem Frequenz­umrichter sowie einem (doppelten) Variantwerkzeug liegt die Mischzeit bei 45 bis 60 Minuten pro Charge. Im konventionellen Verfahren dauert allein der Kalzinierprozess mehrere Stunden. Der Schnellmischer hat eine Umfangsgeschwindigkeit von 20 bis 60 m/sec, einen Füllgrad von 80 bis 85 Prozent und ist für ein Schüttgewicht von 0,4 bis 1,0 kg/dm3 ausgelegt. Für den Scavenger Agent CAHC dauert der Kalzinierungsprozess bei einer Temperatur von 240 °C sogar nur 30 Minuten.

Damit nehmen die neuen Verfahren nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch, die die klassische Herstellung in einem Drehrohrofen benötigt. Für die Herunterkühlung der Masse stehen ein Henschel-Vertikal-Mischer des Typs KM oder ein Henschel-Horizontal-Mischer des Typs HC aus dem Hause Zeppelin zu Verfügung. „Durch die Kombination von Schnell- beziehungsweise Intensiv-Mischer mit einem Kühlmischer in einer Mischanlage wird ein höchst leistungsfähiger und effizienter Prozess erzielt“, so Dr. Poller.

Hitzebeständige Abdichtungen

Auf die Fertigung solcher Mischanlagen oder die Integrierung einzelner Komponenten in bestehende Systeme ist Zeppelin seit über 50 Jahren spezialisiert. Entsprechend der Kundenwünsche und der Anforderungen an das Produkt können Mischanlagen individuell angepasst werden. So ist bei der Kalzinierung oder der mineralischen Beschichtung beispielsweise die hohe Temperatur zu berücksichtigen. Es werden hitzebeständige Abdichtungen sowie wärmebeständige Schmierfette und Lager verwendet. Um vor der Hitze zu schützen und gleichmäßige Prozesstemperaturen zu gewährleisten, werden spezielle Isolierungen und Abdeckungen verbaut. Dadurch wird zusätzlich Energie eingespart.

Darüber hinaus wird beim Kalzinieren ein spezielles Filtersystem zum Aspirieren der Trocknungsbrüden benötigt. Da bei der Beschichtung mineralischer Füllstoffe je nach gewähltem Verfahren Methanol und Ethanol entstehen können, kann die Gaskonzentration permanent mit Hilfe stationärer Gaswarngeräte überwacht werden. In diesem Fall muss bei der Auslegung der Mischer und Anlagen spezielle Vorsorge für den Explosionsschutz getroffen werden. Dieses Beispiel zeigt die sehr gute Eignung der Henschel-Mischer für den Einsatz in der chemischen Industrie.

Bildergalerie

  • Die neuen Verfahren nehmen nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch, die die klassische Herstellung in einem Drehrohrofen benötigt. Für die Herunterkühlung der Masse steht u.a. der Horizontal Mischer HCE mit wasserdurchfliesender Werkzeugoberfläche und speziellem Edelstahl-Doppelmantel zur Verfügung.

    Die neuen Verfahren nehmen nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch, die die klassische Herstellung in einem Drehrohrofen benötigt. Für die Herunterkühlung der Masse steht u.a. der Horizontal Mischer HCE mit wasserdurchfliesender Werkzeugoberfläche und speziellem Edelstahl-Doppelmantel zur Verfügung.

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