Dr. Nicolas Alt ist mit diesem Beitrag im A&D-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Automation vertreten. Alle Beiträge des A&D-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen .
Intelligente Roboter sind die Treiber der Roboterrevolution und dringen von Agrar bis Transport in neue Branchen, als auch in private Haushalte vor. Grundlage dieser Roboter ist eine konstante Erfassung und Erkennung ihrer Umgebung. In einfachen Fällen wird eine 2D-Karte zur Navigation erstellt. Komplexe Systeme wie beispielsweise zum flexiblen Greifen erstellen ein 3D-Modell aus mehreren Kameraperspektiven, erkennen darin mittels Deep Learning spezifische Objekte und entwickeln einen an die aktuelle Situation angepassten Greifplan.
Im Gegensatz zu Industrierobotern erfolgen branchenübergreifend bei Servicerobotern Aktionen oder Bewegungen nicht mehr vorprogrammiert, sondern erst nach einer Planung auf Basis des Umgebungsmodells. Umgebung und Anlage werden also nicht mehr den Robotern angepasst, sondern die Serviceroboter passen sich zunehmend flexibel der Umgebung an. Sie sind ohne den Aufbau einer Infrastruktur in Fabriken, Büros und Wohnungen autonom einsatzfähig. Genau darin liegt ihr großes Potential.
Sensorlose Roboter – bis auf Kameras
Kameras und Bilderkennung (Computer Vision) kommen bei intelligenten Robotern eine Schlüsselrolle zu – denn durch Kameras entsteht erst das Umgebungsmodell, die Basis für jede Planung, Bewegung und Aktion. Visuelles Mapping (SLAM) ist bereits Standard in Staubsaugerrobotern und mobilen Plattformen, Systeme zur flexiblen Greifplanung drängen in den letzten Jahren verstärkt auf den Markt, bleiben aber weiterhin auch Forschungsthema.
Die Kamera wird zum essentiellen Sensor, die Fähigkeiten der Computer Vision definieren wesentlich den Einsatzbereich und die Fertigkeiten des Roboters. Getrieben durch Smartphones sind heute extrem kleine, leistungsstarke und günstige Kameras verfügbar. Dementsprechend sind bei manchen Servicerobotern bereits eine Vielzahl von Kameras verbaut.
Die benötigte Rechenleistung und Algorithmik haben zwar hohe Anforderungen, werden jedoch branchenübergreifend genutzt. In komplexen Anwendungen steigt allerdings auch der Bedarf an weiteren Sensoren. Da diese überall im „Körper“ des Roboters verbaut werden müssen, kommt es so schnell zu einer Komplexitätsexplosion der Sensorhardware und deren Verkabelung.
Kamerabasierte Sensorik
Auch hier können Kamerasysteme helfen: Sensoren lassen sich „virtuell“ als Softwaremodul implementieren, das Kamerabilder des Roboters selbst auswertet. Visevi Robotics bietet diese patentierte kamerabasierte Sensorik aktuell für taktile Sensoren, Kraftmomentensensoren und Winkelenkoder in Robotergelenken an.
Virtuelle Winkelenkoder lassen sich direkt durch die Erfassung von Positionen und Bewegungen des Roboterarms im Bild realisieren. Kraftmessungen erfolgen indirekt über passive elastische Elemente am Roboter, deren Verformung beobachtet wird. Zusätzliche Kameras sind hierzu nicht unbedingt nötig, da die Beobachtung für die virtuellen Sensoren aus der Distanz erfolgt und die Bildinformation für mehrere Algorithmen gleichzeitig verwendet wird.
Durch eine vollständig kamerabasierte Erkennung der Umgebung und des Roboterarms selbst ergeben sich eine Reihe weiterer Vorteile, wie kohärente Sensordaten, automatische Kalibrierung zum Objekt, geringeres Gewicht und reduzierte Hardwarekomplexität. Bis auf die Kamera lassen sich so sensorlose, aber trotzdem präzise und sensitive Roboterarme aufbauen. Deren Anwendungen – wie ultra-leichte Arme für Drohnen, mobile Manipulatoren für Lieferroboter, oder low-cost Reinigungsroboter für den Heimbereich – sind in der Tat eine Roboterrevolution.