Politik unter Zugzwang Kann die Wärmepumpenindustrie die großen Erwartungen erfüllen?

Es sollen bereits im Jahr 2024 500.000 Wärmepumpen installiert werden, der Feldbestand soll bis 2030 von derzeit 1,4 auf 6 Millionen Anlagen anwachsen.

Bild: iStock, imaginima
01.02.2023

Der Bundesverband Wärmepumpe legt aktuelle Einschätzungen zur Branchenentwicklung vor und geht dabei sowohl auf aktuelle Marktentwicklungen als auch auf erforderliche Rahmbedingungen für den weiteren Markthochlauf ein. Die aktuelle Branchenstudie ist von den hohen Erwartungen der Bundesregierung geprägt, die in zentraler Weise darauf setzt, dass der Wärmepumpenausbau rasch zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor und zur Minderung der Abhängigkeiten von Gasimporten beiträgt.

„Die Industrie geht momentan massiv in Vorleistung. Die Unternehmen investieren in die Erweiterung von Fertigungskapazitäten, in neue Werke und neue Arbeitsplätze“, sagt BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel. „Das trägt Früchte: Der Absatz konnte im letzten Jahr um 53 Prozent auf 236.000 Geräte gesteigert werden. Jetzt ist die Politik am Zug: Die Industrie braucht für den weiteren Ausbau der Kapazitäten verlässliche Rahmenbedingungen und industriepolitische Unterstützung.“

Bundesregierung verunsichert Verbraucher

Die Branchenstudie hält eine weitere Beschleunigung bei den Installationszahlen und das Erreichen der 500.000-Marke bis 2024 für realistisch. Dafür darf aber auch die aktuell sehr hohe Nachfrage nicht abbrechen. Die Eingriffe der Bundesregierung mit den Preisbremsen für Gas und Strom, haben bei Verbraucher für Verunsicherung gesorgt. „Warum wurde fossiles Erdgas steuerlich entlastet, der zunehmend erneuerbar erzeugte Strom aber nicht?“, fragt Sabel. Diese Widersprüche müsse die Politik jetzt schnell auflösen.

Chancen für einen verlässlichen Planungsrahmen sieht die Studie in der bevorstehenden Novelle des Gebäudeenergiegesetzes. Dort soll nach den Plänen der Ampelkoalition verankert werden, dass ab 2024 jede neue Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden muss. Die Maßnahme soll den Gebäudesektor wieder in Richtung der Klimaziele bringen. Wärmepumpen würden endgültig zur neuen Standardheizung.

Auch das Fachhandwerk bekäme so mehr Verlässlichkeit, worauf es sich in den kommenden Jahren einstellen und fokussieren muss. „Das Fachhandwerk macht momentan eine beachtliche Entwicklung durch. Das Interesse von Handwerkern*innen am Einbau von Wärmepumpen ist groß, die Fortbildungsangebote der Hersteller und Innungen werden stark nachgefragt. Diese Entwicklung muss durch eine klare Perspektive verstetigt werden.“ so Sabel.

Absatz wächst

Die Absatzzahlen der Industrie werden laut Branchenstudie auch nach 2024 weiter anwachsen und könnten bis Ende des Jahrzehnts bei einer Millionen Geräten pro Jahr stehen. Das erfordert große Umwälzungen in der Heizungsindustrie, einer mittelständischen Branche, deren Werke auch häufig wichtige Arbeitgeber in ländlichen Regionen sind.

Die Unternehmen handeln und bauen ihre Werke aus, stellen neues Personal ein und richten sich verstärkt auf Wärmepumpen aus. Zugleich erwarten sie von der deutschen Bundesregierung und der EU, dass sie auf einen fairen Wettbewerb achtet. Denn mit Blick auf das nicht nur in Europa große Marktpotenzial werden derzeit zum Beispiel in den USA mit dem Inflation Reduction Act die dort ansässigen Hersteller stark subventioniert.

„Die Heizungsindustrie in Deutschland und Europa ist bei der Wärmewende auf Kurs. Massive Investitionsprogramme der Hersteller sichern die zukünftig benötigten Wärmepumpenmengen ab.“ stellt Dr. Tillman von Schroeter, Geschäftsführer von Vaillant Deutschland fest: „Die Politik sollte die Industrie auf diesem Weg unterstützen. Die im Koalitionsvertrag angekündigten Superabschreibungen sind dafür ein gutes Beispiel, sie verbessern die Liquidität, um die Investitionspläne umzusetzen. Aber auch die Immobilienbesitzer*innen benötigen gute und verlässliche Rahmenbedingungen, daher sollte eine nachhaltige Energie- und Förderpolitik die Sanierung alter Heizungen in den Mittelpunkt stellen.“

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