Ethernet-Netzwerk Kommunikationsgrenzen sprengen

Das Medienmodul MM992-2VD kann in alle modularen Scalance X-300 Switches sowie Scalance S627-2M integriert werden. Somit lassen sich bestehende Netzwerkinfrastrukturen mit neuer Technik ergänzen.

Bild: Siemens
07.09.2015

Datennetzwerke werden heutzutage in unterschiedlichsten Applikationen weitestgehend als Ethernet-Netzwerke installiert. Internationale Standards legen dafür eine Kupferleitung mit einer Maximallänge von 100 m fest. Ethernet wird aber auch immer häufiger in Industrieapplikationen eingesetzt, bei denen diese Grenze überschritten werden muss. Eine technische Lösung hilft nun, Kupferleitungen länger als 100 m zu realisieren.

Netzwerke auf Basis von Ethernet sind heute die am meisten verbreiteten Kommunikationsnetzwerke weltweit. Ihr Aufbau und ihre Struktur sind in internationalen Normen und Standards beschrieben. Die Applikationen, in denen solche Netzwerke eingesetzt werden, reichen vom Büronetzwerk, das die Arbeitsplatzrechner in Unternehmen verbindet, bis hin zu Kleinstnetzwerken im Heimbereich. Alle diese Netzwerkstrukturen werden nach den Regeln der ISO/IEC 11801 aufgebaut. Dort ist beschrieben, wie eine Verbindung zwischen zwei aktiven Netzwerkknoten oder einem Netzwerkknoten und einem Endgerät aufgebaut werden soll. Dieser Standard beschreibt aber auch die maximale Länge dieser Verbindung mit Installationsleitungen und dünnen Patch-Leitungen. Die so aufgebaute Verbindung darf eine Maximallänge von 100 m nicht überschreiten, da sonst eine zuverlässige Datenkommunikation über die Kupferleitungen nicht mehr sichergestellt werden kann.

Ethernet-Netzwerk in der Industrie

Die Verbreitung von Ethernet nimmt immer mehr zu. Es kommt auch in der Automatisierung von Industrieapplikationen wie einer Automobilfertigung oder in einer Energieschaltanlage zum Einsatz. Netzwerke für diese Anwendungen lassen sich schwer mit den in den internationalen Standards beschriebenen Netzwerkstrukturen wie etwa der Sternstruktur realisieren. Dort wird die Netzwerkstruktur meist von der Applikation bestimmt. Bei der Fertigung in einer Automobilproduktion muss sich das Netzwerk entlang des Fertigungsprozesses aufspannen, eine Sternstruktur könnte nur mit sehr langen Leitungen und somit hohen Kosten umgesetzt werden. In der Energieschaltanlage müssen redundante Netzstrukturen einen Netzausfall vermeiden. Zusätzlich zu den veränderten Netzstrukturen bildet aber auch die maximale Kupfer-Leitungslänge von 100 m eine große Einschränkung zum Realisieren von Industrienetzwerken, da aufgrund der räumlichen Ausdehnung der Anlage oft längere Leitungen benötigt werden.

Kommunikation von Industrieapplikationen

In der Vergangenheit wurden Industrieapplikationen oft mit Bussystemen wie Profibus realisiert. Dort sind Kupfer-­Leitungslängen größer 100 m kein Problem. Der Nachteil in solch einer Anlage waren aber die unterschiedlichen Kommunikationssysteme. Die Daten aus der Fertigung mussten bei­spielsweise zur Aufbewahrung an die entsprechenden Archivierungssysteme weitergeleitet und somit auch auf Ethernet-basierte Systeme übertragen werden. Um diese Konvertierung zu vermeiden, werden aktuell immer häufiger Ethernet-basierte Automatisierungssysteme wie Profinet in der Industrieauto­matisierung eingesetzt. Somit wurde ein einheitliches und durchgängiges Kommunikationsverfahren eingeführt. Das hatte zwar viele Vorteile, allerdings den entscheidenden oben bereits erwähnten Nachteil der begrenzten Kupferleitungslänge von maximal 100 m laut ISO/IEC 11801.

Um weitere Strecken überbrücken zu können, müssen Komponenten eingesetzt werden, die neben Kupferschnittstellen auch Lichtwellenleiter-Schnittstellen (LWL) besitzen. Mit Hilfe dieser Schnittstellen können Längen von wenigen Kilometern bis zu mehreren 100 km überbrückt werden. Diese Technik ist aber teurer als eine Kupferverbindung, und der Anschluss von Glas-LWL muss zum Teil von Spezialfirmen oder über vorkonfektionierte Leitungen realisiert werden. Für viele Industrieapplikationen wäre es daher wünschenswert, wenn Leitungslängen von 100 bis 500 m auch mit Kupferleitungen realisiert werden könnten.

Mit neuer Technik Grenzen sprengen

Industrieapplikationen, die also weitere Strecken als 100 m überbrücken mussten, hatten in der Vergangenheit keine andere Chance, als zusätzliche aktive Komponenten zu platzieren oder Netzwerkkomponenten mit LWL-Schnittstellen zu verwenden. Dies führte aber zu höheren Installationskosten für solche Netzwerke.

Um dies nun zu umgehen, wurde das Übertragungsverfahren von Gigabit-Ethernet so modifiziert, dass dieses nicht nur Gigabit-Ethernet über acht Adern übertragen kann, sondern tatsächlich auch geringere Datenraten über größere Leitungsstrecken. Dies bedeutet, dass über eine 500 m lange 8-adrige Ethernet-Leitung 100 MBit/s übertragen werden können. Ebenso lassen sich 100 MBit/s auch über eine 300 m lange 4-adrige Ethernet-Leitung übertragen. Wird die Datenrate weiter reduziert, so funktioniert über eine 2-adrige Leitung die Übertragung von 10 MBit/s bis zu 1000 m weit.

Mit dieser Technik wurde also die 100m-Grenze für Kupfer-Ethernet-Leitungen aufgebrochen. Um dies nun auch für Industrieapplikationen nutzbar zu machen, hat Siemens ein Medienmodul realisiert, das in den modularen Switches aus der Produktfamilie Scalance X-300 eingesetzt werden kann. Ohne Umsetzung der Telegramme auf andere Übertragungsverfahren wie SHDSL (Symmetrical High-speed Digital Subscriber Line) können jetzt bei Bedarf Ethernet-Verbindungen über Strecken größer 100 m aufgebaut werden.

Kupfer-Ethernet-Verbindungen über 100 m

Mit der Erweiterung um das Medienmodul MM992-2VD (Variable Distance) ermöglichen nun die modularen Sca­lance-Switches aus der Produktfamilie X-300 sowie die Security Appliance Scalance S627-2M, Ethernet-Verbindungen auch über Strecken größer 100 m aufzubauen. Ohne eine zusätzliche Telegramm- oder Medienwandlung können Verbindungen mit etablierten Kupferleitungen und Steckverbindern realisiert werden. Durch dieses Modul lassen sich sogar bestehende Leitungen, die nur unter großem Aufwand erneuert werden können, etwa Verbindungen durch Brandschotts, für eine Ethernet-Kommunikation nutzen. Mit dem neuen Medienmodul lassen sich somit Ethernet-Verbindungen realisieren, ohne zusätzliche, aktive Komponenten installieren oder aufwändige LWL-Verkabelung einsetzen zu müssen.

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  • Die Medienmodulaufbautechnik kann flexibel in bestehende Netzwerkkomponenten eingesetzt werden. Mittels Projektierung lassen sich ein oder zwei Schnittstellen für Leitungen größer 100 m verwenden.

    Die Medienmodulaufbautechnik kann flexibel in bestehende Netzwerkkomponenten eingesetzt werden. Mittels Projektierung lassen sich ein oder zwei Schnittstellen für Leitungen größer 100 m verwenden.

    Bild: Siemens

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