Von Cannabis bis Sonnenschutz Lebensmittelchemie mit Fokus auf Verbraucher

Die 52. Deutschen Lebensmittelchemietage sind für die Prozessindustrie besonders interessant, da sie neue Standards und neue Methoden zur Qualitätssicherung und Analyse von Produkten wie Cannabis und Wein präsentieren, die für die Entwicklung von Produktions- und Prüfprozessen entscheidend sind.

Bild: publish-industry, DALL·E
29.08.2024

Die 52. Deutschen Lebensmittelchemikertage finden vom 16. bis 18. September an der Technischen Universität München in Freising statt. Im Mittelpunkt der Jahrestagung der Lebensmittelchemischen Gesellschaft (LChG), der größten Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), stehen Lebensmittelqualität und Verbraucherschutz. Dabei geht es unter anderem um die Herausforderungen für Prüflaboratorien durch das Cannabisgesetz, die Prüfung von Produkten und die automatisierte Analyse von Inhaltsstoffen.

Das neue Cannabisgesetz stellt amtliche Kontrolllabore bei der Analyse und Qualitätssicherung von Cannabisprodukten vor neue Herausforderungen. Die gesetzlichen Anforderungen für Stichprobenkontrollen sind noch unklar. Es fehlen Beurteilungsstandards, Toleranzbereiche und standardisierte Methoden für Cannabinoide wie THC und CBD, aber auch deren Rückstände. Während früher die Strafbarkeit von Cannabis im Vordergrund stand, geht es heute um den Schutz der Konsumierenden. Stichproben sollen die Reinheit und korrekte Deklaration des THC- und CBD-Gehalts sicherstellen.

Qualitätssicherung für mehr Sicherheit

Dr. Dirk W. Lachenmeier vom CVUA Karlsruhe stellt auf der Tagung eine effiziente Kontrollmöglichkeit vor. Er hat gemeinsam mit seinem Team ein Verfahren entwickelt, das verschiedene analytische Methoden kombiniert. Eine Standardisierung dieses Verfahrens könne laut Lachenmeier eine konsistente Qualitätssicherung gewährleisten und die Sicherheit für Konsumierende erhöhen. Zudem erhöhe sie die rechtliche Sicherheit für Anbauvereinigungen und Labore.

Spannende Einblicke in die Prüfung von Sonnenschutzmitteln verspricht der Vortrag von Dr. Maren Hegmanns, ebenfalls CVUA Karlsruhe. UV-Strahlung ist die Hauptursache für Hautkrebs und kann viele weitere gesundheitliche Schäden verursachen. Sonnenschutzmittel können davor schützen. Dazu müssen sie aber sicher sein, dürfen keine Schadstoffe enthalten und müssen den angegebenen Lichtschutzfaktor (LSF beziehungsweise SPF für „Sun Protection Factor“) aufweisen. Die Bestimmung des Lichtschutzfaktors ist nicht mit klassischen analytischen Methoden vergleichbar. „Goldstandard" ist die In-vivo-Bestimmung, bei der Testpersonen UV-Strahlung ausgesetzt werden.

Zwei alternative Methoden sind in Vorbereitung, aber aufwendig und teuer. Hegmanns und ihr Team haben im vergangenen Jahr über 150 Sonnenschutzmittel mit einer neuen Methode untersucht. Organische UV-Filter wurden mittels HPLC-DAD und anorganische UV-Filter mittels Photometrie oder komplexometrischer Titration bestimmt. Der Lichtschutzfaktor wurde theoretisch mit einem In-silico-Rechner bestimmt. Es zeigte sich, dass viele Produkte, insbesondere solche mit „SPF 50+“, Abweichungen von mehr als 40 Prozent aufwiesen. Für diese Proben wurden In-vivo-SPF-Ergebnisse angefordert und weiter untersucht. In ihrem Vortrag erläutert Hegmanns die Vorgehensweise. Außerdem geht sie darauf ein, wie Sonnenschutzmittel auf Kontaminanten getestet werden und dadurch die Produktqualität verbessert werden kann.

EU-Regulierung und neue Methodik

Philip Mayr, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Würzburg, stellt eine Methode vor, mit der die Inhaltsstoffe von Wein schnell und einfach überprüft werden können. Denn mit der Änderung des EU-Weinrechts müssen Weinerzeugnisse ab Dezember 2023 direkt auf der Flasche oder über einen Online-Link eine Zutatenliste und eine Nährwertdeklaration enthalten. Bisher mussten nur allergene Zutaten gekennzeichnet werden. Um die Richtigkeit der deklarierten Zutaten schnell und einfach überprüfen zu können, hat Mayr mit seinem Team zusätzlich zu den bestehenden Klassifizierungsmethoden eine neue Quantifizierungsmethode etabliert und validiert. Diese ermöglicht es, durch externe Kalibration von nur zwei Substanzen alle relevanten Weinparameter gleichzeitig quantitativ zu bestimmen und softwaregestützt auszuwerten. Wie das Team dabei vorgegangen ist und wie die Methode kontinuierlich weiterentwickelt wird, erläutert Mayr im Rahmen der Tagung.

Diese und weitere aktuelle Themen rund um Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz stehen auf dem Programm der 52. Deutschen Lebensmittelchemietage. Das vollständige Programm und weitere Informationen finden sie auf der Website.

Die GDCh gehört mit rund 30.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 27 Fachgruppen, darunter die Lebensmittelchemische Gesellschaft, deren Aufgabe es ist, den Gedankenaustausch auf dem Gebiet der Lebensmittelchemie und deren Nachbardisziplinen zu fördern und fachliche Anregungen zu vermitteln. Die Lebensmittelchemische Gesellschaft ist mit über 2600 Mitgliedern die größte Fachgruppe in der GDCh.

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