Der Maschinen- und Anlagenbau gilt als Herzstück der deutschen Investitionsgüterindustrie und ist einer der größten industriellen Arbeitgeber Deutschlands. Dabei sind seine überwiegend mittelständischen Betriebe mit vielen Herausforderungen konfrontiert: Als Auftragsfertiger produzieren sie meist in kleinen Losgrößen, die sie trotz komplexer Fertigungsprozesse fristgerecht fertigstellen müssen. Zudem haben nun auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie die gesamte Industrie ins Straucheln gebracht.
Automatisierung kann helfen, mit solchen Unwägbarkeiten umzugehen: Sie ermöglicht Fertigungsbetrieben, effizienter zu produzieren und sich flexibel auf variable Produktionsbedingungen einzustellen. Herkömmliche Industrieroboter sind jedoch nicht nur teuer, sondern setzen auch spezielle Schutzvorrichtungen sowie zeitintensive Schulungen voraus. Zudem ist ihre Programmierung aufwendig und erfordert Expertise – ein Nachteil, wenn sich die Auftragslage jeden Tag ändern kann und es schnell gehen muss.
Flexibel mit kollaborativen Applikationen
Kollaborative Applikationen schaffen Abhilfe. Der Begriff beschreibt die Kombination aus kollaborierendem Roboterarm (Cobot), leistungsfähiger Sensorik und funktionalen Endeffektoren, zum Beispiel Greifern oder Werkzeug-Aufsätzen. Entsprechende Applikationen lassen sich nach erfolgreicher Risikobeurteilung unmittelbar neben dem Menschen einsetzen, was Schutzzäune obsolet macht. Sie sind intuitiv bedienbar, in der Regel über die Nutzeroberfläche des jeweiligen Cobots. So können Anwender die Applikation leicht für neue Anwendungen umrüsten.
Das End-of-Arm-Tooling lässt sich durch Werkzeugwechsler zudem schnell austauschen, sodass ein und derselbe Roboterarm unterschiedlichste Aufgaben übernehmen kann. Vor diesem Hintergrund eignen sich kollaborative Applikationen ideal für die Auftragsfertigung, bei der sich die Produktion bei jedem Auftrag auf neue Werkstücke, Prozesse und Verfahren einstellen muss. Durch die schnelle Umrüstung ist bereits die Herstellung kleiner Chargen rentabel.
Cobots und End-Of-Arm-Tools lassen sich unkompliziert integrieren und sind oft schon nach wenigen Stunden einsatzbereit. Dadurch profitieren Anwender von einem schnellen ROI, was die Anschaffung auch für KMUs erschwinglich macht.
Einsatzspektrum ausweiten
Mittlerweile optimieren kollaborative Applikationen verschiedenste Prozesse. In Kombination mit der richtigen Sensorik und entsprechendem Greifwerkzeug können sie selbst hochpräzise Montageaufgaben übernehmen. Dazu gehören etwa Schrauben, Dichten, Nieten oder das Einsetzen von Stiftverbindungen.
Elektrische Parallelgreifer wie der RG2-FT von OnRobot können Ventile in Zylinderköpfe einsetzen oder Schaltgetriebe montieren. Beim RG2-FT funktioniert dies über optische Sensoren sowie Kraft-/Drehmomentsensoren in seinen Fingerspitzen. Diese übermitteln die Prozessdaten an den Roboterarm, der seine Bewegungen verzögerungsfrei anpasst. So kann der Greifer Objekte zentriert fassen und genau positionieren, selbst wenn er die exakten Parameter nicht kennt. Gerade in der Feinmontage, wo filigrane Werkstücke millimetergenau platziert werden müssen, ist das von Vorteil.
Kraftaufwand genau dosieren
Auch die Maschinenbeschickung lässt sich mithilfe kollaborativer Applikationen leicht automatisieren. Diese eintönige Tätigkeit bindet häufig die wertvolle Arbeitszeit qualifizierter Mitarbeiter. Da gerade bei CNC-Maschinen Werkstücke unterschiedlicher Form und Größe im Spiel sind, muss sich eine Automatisierungslösung flexibel darauf einstellen. Greifer mit individuell justierbaren Fingerspitzen wie der RG2 und der RG6 von OnRobot passen ihren Griff selbständig an das Objekt im Fokus an.
Vision-Systeme wie OnRobots Eyes machen die Applikationen noch selbständiger, denn dadurch können Cobots auch zufällig angeordnete Teile greifen und einheitlich positionieren, zum Beispiel in der CNC-Maschinenbeschickung. Auch der 3FG15-Greifer optimiert diesen Prozess, indem er dank der Ausrichtung seiner drei Finger auch zylindrische Objekte problemlos greift.
Mit der richtigen Sensorik und dem entsprechenden Greifwerkzeug können Cobots außerdem beim Entgraten, Polieren oder Schleifen unterstützen. Kraft-/Drehmomentsensoren befähigen sie, die aufgewandte Kraft genau zu dosieren und an das jeweilige Werkstück anzupassen. Die Beispiele zeigen, wie das zunehmende Feingefühl der Applikationen Anwender befähigt, Produktionsschritte zu automatisieren, bei denen dies zuvor undenkbar war.
Fit für die Zukunft
Bei alledem macht der Einsatz kollaborativer Applikationen die Fertigung skalierbar. Bei Bedarf lassen sich Produktionsvolumina erhöhen oder herunterschrauben, denn Robotik-Anwendungen arbeiten wenn nötig rund um die Uhr. Mitarbeiter können sich indes anspruchsvolleren Aufgaben widmen, bei denen ihre Expertise stärker zum Tragen kommt – beispielsweise in Qualitätsprüfung, Produktentwicklung oder Prozessoptimierung.
Gerade in Zeiten rückläufiger Auftragszahlen stellt dies einen entscheidenden Vorteil für Fertigungsbetriebe dar, die bei unvorhergesehenen Marktschwankungen nicht zwangsläufig Personal entlassen müssen. So verleihen kollaborative Applikationen Maschinen- und Anlagenbauern die Flexibilität, adäquat auf eine zunehmend volatile Auftragslage zu reagieren. So tragen sie dazu bei, die Branche auch in Zeiten wirtschaftlicher Unruhe wettbewerbsfähig zu halten.