Informations- und Kommunikationstechnik grüner gestalten Mehr Nachhaltigkeit durch mikroelektronische Forschung und Entwicklung

Entwicklung Carbon Footprint der Herstellung und Nutzung der IKT in Deutschland von 2013 bis 2033

Bild: Fraunhofer IZM
31.10.2023

Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) ist die Basis für viele große Zukunftsmärkte wie Künstliche Intelligenz (KI), New Mobility oder Smart Homes. Mit steigender Bedeutung der Branche geht jedoch auch ein vermehrter CO2-Ausstoß einher. Die Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums „Green ICT @ FMD“ haben in einer neuen Studie Prognosen für den zukünftigen Klima-Impact der IKT in den Anwendungsbereichen Rechenzentren, Telekommunikation sowie Haushalt erarbeitet. Auf dem „MikroSystemTechnik-Kongress“ 2023 stellte Dr. Nils F. Nissen die ersten Ergebnisse vor.

Ein Großteil unserer digitalen Welt wird durch IKT – deutsch für information and communications technology (ICT) – bestimmt, die unser Alltags- und Arbeitsleben durchdringen: von Smartphones über Smart Home-Anwendungen bis hin zu speziellen Sensorsystemen für das Internet der Dinge (IoT). Solche Technologien bereichern und erleichtern unser Leben. Gleichzeitig steigt aber auch der Bedarf und dadurch auch der Daten- und Energieverbrauch an.

Damit stellen IKT-Produkte sowohl in der Anwendung als auch in der Herstellung eine große Belastung für die Umwelt dar. Um die möglichen Einsparpotenziale bei der Produktion und Nutzung von IKT-Komponenten genauer zu identifizieren, arbeitet „Green ICT @ FMD“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kompetenzzentrum für ressourcenbewusste IKT, an einer Studie, die einen Blick auf die Gesamtheit der IKT in Deutschland gibt.

Erste Erkenntnisse für zukünftige IKT-Einsparpotenziale

Die Expertinnen und Experten rund um Dr. Nils F. Nissen vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) kommen in der Studie zum Ergebnis, dass die absoluten CO2-äquivalenten Emissionen der IKT-Nutzung sich bis 2030 auf etwa 20 Millionen t erhöhen werden. Je nach Entwicklung der Gesamtemissionen könnten diese in 2030 vier Prozent der in Deutschland entstehenden Treibhausgasemissionen ausmachen.

In der Studie „Carbon Footprint der IKT in Deutschland“ haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konkret den Ausstoß von CO2-Äquivalenten auf Basis ermittelter Bestandszahlen und den Energieaufwand der Nutzung und Herstellung der IKT in Deutschland untersucht. Zudem haben sie errechnet, wie die zukünftige Marktentwicklung die Geräteanzahl in jedem Jahr der Prognose höchstwahrscheinlich bestimmen wird. Anhand von Produktdaten zur Leistungsaufnahme ergibt sich zusammen mit einem definierten Nutzungsmuster der Stromverbrauch einzelner Produkte in jedem Nutzungsjahr.

Unter der Annahme eines bestimmten CO2-Emissionsfaktors des Strommix wurde anschließend die CO2-Intensität der IKT in der Nutzungsphase berechnet. Zusammen mit der CO2-Bilanz aus der Produktherstellung ergeben sich die Gesamtemissionen einer Produktkategorie. Um die Gesamtbilanz zu ermitteln, erfolgt eine Hochrechnung mit den jährlich ermittelten Bestandszahlen und den spezifischen Umweltdaten aus der Betrachtung der Herstellungs- und Nutzungsphasen. Hierbei werden auch Technologieentwicklungen bei den Umweltdaten berücksichtigt.

Die ersten Ergebnisse der Studie belegen einen deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs nach dem Jahr 2020 – getrieben durch das höhere Datenaufkommen in den Telekommunikationsnetzen und der steigenden Zahl und Auslastung von Rechenzentren. Im Bereich Haushalt prognostizieren die Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums einen leichten Anstieg des Verbrauchs, nachdem dieser bis etwa 2019 noch deutlich fallend war. Im Jahr 2030 werden in den genannten Anwendungsfeldern – Telekommunikation, Rechenzentren und Haushalte – über 30 Millionen Tonnen CO2-äquivalente Treibhausgase entstehen, das ist etwa 50 Prozent mehr als im Jahr 2021.

Die Herstellung der untersuchten IKT wird mit knapp 11 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten etwa ein Drittel der Emissionen ausmachen, rund zwei Drittel der Emissionen entfallen auf die Nutzungsphase. Die Studie soll zukünftig noch um weitere Produkte aus den Anwendungsbereichen Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie Gebäudeautomation und IoT erweitert werden.

Klima und Standort Deutschland unterstützen

Das Kompetenzzentrum „Green ICT @ FMD“ fokussiert sich darauf, den Ressourcenverbrauch von Sensor-Edge-Cloud-Systemen, energiesparenden Kommunikationsinfrastrukturen und ressourcenoptimierten Elektronikproduktionsprozessen zu bewerten und anschließend zu verbessern. Moderne vernetzte IKT-Systeme verfügen neben den zentralen Datenverarbeitungsinfrastrukturen (Cloud) über zunehmende Kapazitäten zur Datensammlung und -verarbeitung am Netzwerkrand (Edge). Dadurch ergeben sich mehr Möglichkeiten zur Optimierung von Datenverarbeitungs- und Übertragungsprozessen zwischen Cloud und Edge und damit eine Minimierung des Ressourcenverbrauchs bei der Nutzung von IKT. Weiteres Einsparpotenzial sehen die Forschenden bei der Entwicklung von leistungsfähigen Netzwerken wie 5G und 6G, aber vor allem auch bei den Treibhausgasemissionen, die während der Herstellung von mikroelektronischen Bauteilen anfallen.

Zudem spielt die direkte Unterstützung als erster Ansprechpartner für KMU und Start-ups, die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie die enge Vernetzung aller relevanten Stakeholder eine zentrale Rolle in der Arbeit des Kompetenzzentrums. Beispiele für dieses breite Angebot sind der „Green ICT Space“, ein Accelerator für nachhaltige Start-ups und KMU, der „Green ICT Award“ für herausragende Abschlussarbeiten im Bereich nachhaltiger IKT, das 2024 startende „Green ICT Camp“ für fachinteressierte Studierende oder die Vernetzungsveranstaltung „Green ICT Connect“.

Mit Zukunftsprognosen, intensiver Forschung und Entwicklung auf technologischer Ebene und begleitende Aktivitäten, adressiert das Kompetenzzentrum somit die zentralen Bereiche, die für eine nachhaltige Zukunft der IKT in Deutschland gebraucht werden.

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