In der Mikrowelt herrschen besondere physikalische Gesetze. Ein Beispiel: Je kleiner eine Rohrleitung ist, desto größer ist die Oberfläche im Verhältnis zum Innenraum. Oberflächeneffekte wie etwa Reibung wirken sich stärker aus. Daher funktionieren Antriebstechniken, wie wir sie aus Makrowelt kennen, in Mikrosystemen nicht. Neue Lösungen sind gefragt.
„Wir beschäftigen uns mit zwei unterschiedlichen Strömungsszenarien in Mikrosystemen“, sagt Schönecker. „Zum einen mit der Flüssigkeitsbewegung relativ zu einer Oberfläche, wie sie bei Pumpvorgängen in Rohrleitungen erforderlich ist. Zum anderen erproben wir verschiedenste Transportvehikel, die sich relativ zu einer ruhenden Flüssigkeit bewegen sollen, also quasi wie ein Boot. Über derartige Mikroschwimmer wird in der Forschungscommunity viel diskutiert, da sie unter anderem zum Stofftransport in miniaturisierten Anwendungen dienen könnten.“
Pumpbewegungen in mikrotechnischem System
Um einen Antrieb der Strömung in Mikrokanälen zu ermöglichen, nutzen Schönecker und ihre Arbeitsgruppe als Festkörper spezielle Strukturen mit sogenannten superhydrophoben Oberflächen. Diesen gelingt es, unterstützt durch ein spezielles geometrisches Design, zugeführte Wärme so zu verteilen, dass sich die Flüssigkeit in Bewegung setzt. Die Strömungsbewegung entsteht, indem der Temperaturgradient die Oberflächenspannung der Flüssigkeit verändert und eine Zugwirkung auftritt.
„Letztendlich wollen wir verstehen, wie sich Pumpbewegungen in einem mikrotechnischen System umsetzen lassen“, erläutert die Nachwuchswissenschaftlerin. „Vorstellbar ist beispielsweise, dass so künftig die Abwärme von einem elektrisch betriebenen Bauteil dazu dienen kann, eine Kühlflüssigkeit ins Strömen zu versetzen.“
Miniaturisierte Thermoboote
In punkto Mikroschwimmer untersucht Schönecker ebenfalls Licht beziehungsweise Wärme als Ursache der Bewegung. „Forschungsgegenstand sind aktuell überwiegend Miniaturvehikel, an denen eine chemische Reaktion abläuft, um sie in Bewegung zu versetzen“, so Schönecker. „Sprich, die Transporter sind abhängig von einem Treibstoff, der entweder auf der Wasseroberfläche schwimmt oder den sie selbst mit sich führen müssen. Diese Abhängigkeit von chemischen Systemen besteht bei unserem Forschungsansatz nicht.“
Stattdessen verändern die Mikrotransporter, die die Forscherin erprobt, mit dem eigenen Aufwärmen lokal die Oberflächenspannung der Flüssigkeit, in der sie schwimmen. Das verleiht ihnen – gleiches Prinzip wie oben – den nötigen Antrieb. Weitere Fragestellungen, mit denen sich Schönecker beschäftigt: Welches Design erlaubt es, dass die Mikroschwimmer gerichtete Bewegungen ausführen und wie lassen sich diese bestmöglich steuern?
„In ersten Versuchen mit miniaturisierten Thermobooten sowie mit weiteren asymmetrisch strukturierten Partikeln konnten wir unter Licht- beziehungsweise Wärmeeinwirkung bereits Bewegungen nachweisen“, fasst die Forscherin zusammen.
Emmy-Noether-Förderung
Schönecker erklärt weiter: „Mithilfe der Emmy-Noether-Förderung werden wir nun unsere Versuchsansätze erweitern und optimieren. Darüber hinaus ist es uns möglich, mit den zusätzlichen Mitteln aus dem Forschungsgroßgeräte-Programm ein Konfokalmikroskop mit Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie anzuschaffen, mit dem wir Strömungsgeschwindigkeiten in einer extrem hohen Ortsauflösung und ganz nahe an Grenzflächen messen können. Sprich, wir können umfassend sichtbar machen, was im kleinesten Detail passiert.“
Das Emmy Noether-Programm der DFG ermöglicht herausragend qualifizierten Nachwuchswissenschaftlern die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe. Im Rahmen des Förderprogramms „Forschungsgroßgeräte“ stellt die DFG investive Mittel zur anteiligen Finanzierung von Forschungsgroßgeräten an Hochschulen zur Verfügung.