Initiative fördert Pilotvorhaben im Gesundheitsbereich Mit dem Förderturbo schneller vom Labor zum Patienten

13.04.2018

Bei vielen Krankheiten ist Zeit ein kritischer Faktor. Um nicht zu viel davon zu verlieren, fördert eine neue Initiative vielversprechende Forschungsvorhaben, damit Patienten schneller davon profitieren können.

Die Medizinforschung hat im letzten Jahrzehnt entscheidende Fortschritte gemacht: Das neue Verständnis molekularer und zellulärer Grundlagen von Krankheiten lässt neue Ansätze bei Diagnostik, Therapie und Prävention zu. Verknüpft man medizinisches Wissen mit Ingenieurs-Know-how, entstehen darauf neuartige Medizinprodukte.

Das größte Hindernis: Bei der Entwicklung neuer Medikamente und Medizintechnik klafft oft eine zeitliche Lücke zwischen der Neuentdeckung vielversprechender Wirkstoffe und Produkte und der Weiterentwicklung zu Arzneimitteln und Medizingütern durch die Industrie. Das behindert die Translation.

„Diese Translation, also die schnelle und gezielte Überführung präklinischer Forschungsergebnisse in für den Menschen nützliche medizinische Anwendungen und Therapien, ist eine enorme Herausforderung für die Gesundheitsforschung. Für Deutschland sehen wir hier Nachholbedarf“, erklärt Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.

Deshalb haben die Fraunhofer-Gesellschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft gemeinsam mit der Deutschen Hochschulmedizin nun die Proof-of-Concept-Initiative ins Leben gerufen, um die Translation von innovativen, vielversprechenden Forschungsvorhaben zu fördern.

Millionen für Medizinforschung

Bis zu zwölf Millionen Euro stellen die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft und die Deutsche Hochschulmedizin in den nächsten drei Jahren für die Initiative zur Verfügung. Anfang Februar wurden von einer Fachjury aus Wissenschaft, Wirtschaft und Regulierungsbehörden die vier vielversprechendsten Forschungsvorhaben aus 82 Bewerbungen für eine Förderung bestimmt.

„Die Weiterentwicklung dieser potenziell bahnbrechenden Wirkstoffe und Therapeutika werden wir in den nächsten Jahren unterstützen, damit sie schnell den Weg in die Medizin und in den Markt finden“, sagt Prof. Otmar D. Wiestler, der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft.

Prof. Reimund Neugebauer empfiehlt: „Um den gesteigerten Forschungsbedarf in diesem wichtigen medizinischen Sektor zu decken, sollte ein eigenes Translationsprogramm aufgelegt werden, das der Bund, die Länder und Industriepartner durch einen gemeinsamen Fonds finanzieren.“ Konkret schlagen die drei Projektpartner vor, einen Fonds mit einem Budget von rund 60 Millionen Euro aus je zur Hälfte öffentlichen und Industriemitteln über einen Zeitraum von zehn Jahren zur Entwicklung von potenziellen Wirkstoffen einzurichten.

Die ausgewählten Projekte der PoC-Initiative

  • 1. Mit der Sleeping Beauty gegen Krebs: Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat 2017 mit der sogenannten CAR-T-Zelltherapie erstmals eine Gentherapie zugelassen. Mit dieser Therapieform konnten in klinischen Studien bei Krebserkrankungen Behandlungserfolge erzielt werden. Die Therapie steht im Zentrum eines Forschungsvorhabens, das die PoC-Initiative mit rund 2,8 Millionen Euro unterstützen wird. Die am Universitätsklinikum Würzburg entwickelten Chimären Antigen-Rezeptoren (CAR) erkennen ein bestimmtes Molekül (ROR1), das auf gesunden Zellen kaum vorkommt, dafür aber umso mehr auf Krebszellen wie bei einer Leukämieerkrankung, bei Brust- oder Lungenkrebs. Bei dem Forschungsvorhaben erfolgt der non-virale Gentransfer durch das sogenannte Sleeping-Beauty-Transposon-System (SB100X). Gefördert werden präklinische Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit der ROR1 CAR-T-Zellen für die klinische Translation in eine Phase I Studie (First-in-Man).

  • 2. Nebenwirkungen bei Krebspatienten lindern: Das Krebsmedikament Paclitaxel kam vor mehr als 25 Jahren auf den Markt und wird heute bei der Behandlung verschiedenster Krebsarten wie Brust-, Prostata- oder Eierstockkrebs eingesetzt. Der Wirkstoff kann aber unangenehme Nebenwirkungen haben, etwa ein Kribbeln oder Taubheitsgefühl sowie Schmerzen in den Fingern und Zehen. Bislang gibt es kein Medikament, das diese Nebenwirkungen verringern könnte. Ein Kandidat ist aber der Wirkstoff TMP-002. Die PoC-Initiative fördert eine neue klinische Studie zu TMP-002 mit insgesamt 650.000 Euro, um die Wirksamkeit und Sicherheit des Wirkstoffs bei der Behandlung von Patientinnen mit Eierstock- oder Brustkrebs in einer Phase II-Studie untersuchen.

  • 3. Nanopartikel gegen Lungenhochdruck: Müde, kurzatmig und generell wenig körperlich belastbar: Das sind die Symptome von Patienten mit Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie). Einen neuen, vielversprechenden Therapieansatz bei Lungenhochdruck fördert die PoC-Initiative mit rund 3,6 Millionen Euro. Es soll ein neuartiges Medikament bestehend aus einem hocheffektiven Wirkstoff in bioverträglichen Nanopartikeln entwickelt werden, das die Patienten über eine Inhalation erhalten. Der Wirkstoff greift direkt an den erkrankten Lungengefäßen an, um deren tumorartige Veränderungen zu heilen. Die Nanopartikel dienen wie eine Miniatur-Transportfähre dazu, den Wirkstoff zielgerichtet und damit nebenwirkungsarm zu verabreichen.

  • 4. Ein Boost für die Heilung von Hepatitis B: Bei etwa 260 Millionen Menschen ist das Hepatitis-B-Virus lebenslang im Blut nachweisbar. Die Hepatitis B führt in vielen Fällen zu Leberzirrhose und Leberkrebs und fordert dadurch jährlich 880.000 Menschenleben. Die PoC-Initiative unterstützt mit knapp 2,6 Millionen Euro ein Forschungsvorhaben, das erstmals eine Heilung der chronischen Hepatitis B ermöglichen könnte. Für die therapeutische Impfung sollen für Prime und Boost unterschiedliche Komponenten verwendet werden. Die neue therapeutische Hepatitis-B-Impfung wurde bereits erfolgreich in präklinischen Studien getestet. Die Förderung erlaubt abschließende präklinische Studien, immunotoxikologische Untersuchungen und eine klinische Studie der Phase I.

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