Forschungsprojekt zu Zukunftstechnologie Mit Quantencomputing zum vollständigen digitalen Zwilling

Die Ausführung von digitalen Zwillingen ist derart rechenintensiv, dass die reale Anwendung in der Industrie heute noch auf sich warten lässt. Quantencomputing soll Abhilfe schaffen.

Bild: iStock, jamesteohart
14.02.2022

Bei der Erzeugung eines vollständigen digitalen Zwillings kommen komplexe und rechenintensive Simulationsmodelle zum Einsatz, was den Einsatz in der industriellen Praxis sehr erschwert. Zukünftig sollen daher Fertigungssimulationen mithilfe unterschiedlicher Algorithmen und Technologien des recheneffizienten Quantencomputings beschleunigt und dadurch Hürden für den industriellen Einsatz abgebaut werden.

Die Hochleistungszerspanung ist eine wichtige Technologie zur Produktion von High-Tech-Komponenten in Industrien wie Triebwerksbau, Halbleiterindustrie und Medizintechnik. Trotz der hohen Effizienz moderner Zerspanprozesse betragen die Produktkosten, je nach Bauteil, oftmals mehrere tausend bis hunderttausend Euro. Ein erheblicher Anteil dieser Kosten entsteht bei zeit- und kostenintensiven Produktionsanläufen sowie durch Qualitätsmängel und Ausschuss innerhalb der laufenden Produktion.

Die Prozessauslegung, -verbesserung und -überwachung auf Basis eines digitalen Zwillings gewinnt deshalb zunehmend an Bedeutung. Digitale Zwillinge sind virtuelle, datenbasierte Repräsentationen der Bauteile sowie der Fertigungsumgebung. Die Erstellung eines vollständigen digitalen Zwillings erfordert den Einsatz anspruchsvoller numerischer Simulationsmodelle und Algorithmen des Machine Learning.

Die Modelle bilden den Fertigungsprozess und seine Auswirkungen auf das Bauteil zwar präzise ab, ihre Ausführung ist jedoch derart rechenintensiv, dass die reale Anwendung in der Industrie heute noch auf sich warten lässt. Hier fehlt es vielen Unternehmen an einer entsprechend leistungsstarken digitalen Infrastruktur.

Quantencomputing beschleunigt die Erstellung digitaler Zwillinge

Das Forschungsprojekt „QUASIM – Quantum Computing Enhanced Service Ecosystem for Simulation in Manufacturing“ verbindet erstmals Quantencomputing (QC) und die metallverarbeitende Industrie: Ziel der Projektpartner ist die Entwicklung und Erprobung von Lösungen des Quantencomputings in der Fertigung, etwa für Zerspanprozesse.

Sie möchten herausfinden, inwiefern eine QC-Unterstützung die Erstellung eines digitalen Zwillings in der Zerspanung beschleunigen und damit die Ergebnisqualität verbessern kann.

Berechnung komplexer Modelle auf Quantencomputer-Hardware

Das Fraunhofer IPT hat sich zum Thema „Digitaler Zwilling“ eine weitreichende Expertise erarbeitet, die sich auch in dPart wiederfindet, ein am Fraunhofer IPT entwickeltes Rahmenwerk für den digitalen Zwilling in der Zerspanung. Das Rahmenwerk wird im Zuge zahlreicher Forschungs- und Entwicklungsprojekte stetig erweitert und wird auch im Projekt QUASIM zum Einsatz kommen.

Zur Erstellung der digitalen Zwillinge kommen unter anderem komplexe Modelle und Algorithmen aus der Numerik und dem maschinellen Lernen zum Einsatz, mit denen sich beispielsweise Kräfte und Prozessschwingungen dynamisch simulieren und visualisieren lassen.

Um die aufwändigen Berechnungen zu beschleunigen, wird die dPart-Softwareplattform um eine sogenannte „Quantum-as-a-Service“-Komponente (QaaS) erweitert: Für kritische Simulationen greift das dPart-Framework auf ein QaaS-Back-End zu, um die Recheneffizienz zu steigern. Für ihre Forschungsarbeiten können die Projektpartner reale QC-Hardware nutzen: sowohl die gerade in Betrieb genommene QC-Infrastruktur am Forschungszentrum Jülich als auch der „IBM Q System One“ des Kompetenzzentrums „Quantencomputing Baden-Württemberg“.

Die QaaS-gestützte Software zur Erstellung des digitalen Zwillings wird in die industrielle Praxis überführt und dort getestet. Anschließend ist ein Transfer der Ergebnisse in Form einer Know-how-Lizenzierung geplant.

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