Zwischen der Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie (Namur) und dem Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) werden derzeit intensiv die Anforderungen des Baus modularer Produktionsanlagen an Automatisierungskonzepte diskutiert und an deren Umsetzung gearbeitet. Ziel ist dabei, Produktionsanlagen aus einzelnen Modulen zusammenzusetzen. Diese sollen auf der einen Seite die Steuerung der Module im Betrieb autark übernehmen, auf der anderen Seite aber auch im Engineeringprozess alle Informationen für die Bedienung und Visualisierung der Module in den überlagerten Systemen für eine automatisierte Erstellung der Oberflächen bereitstellen.
Die Vorteile für den Endanwender liegen dabei in der Reduktion von Komplexität in allen Phasen des Lebenszyklus der Produktionsanlagen. Zu nennen sind hier unter anderem Einsparungen im Engineering und niedrigere Investitionskosten für Module durch Skaleneffekte. Darüber hinaus ergibt sich auch eine größere Flexibilität in der Produktion durch Modultausch bei geänderten Anforderungen.
Aber auch für die OEMs ergeben sich neue Chancen durch Digitalisierung wie beispielsweise die Verbesserungen der Module auf Basis neuer Technologien und durch die Möglichkeit des Monitorings der global installierten Basis und deren Performance. Weiterhin können neue Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung implementiert werden.
Vorteile für das Anlagendesign
Das Festo Motion Terminal zeigt, wie Automatisierungstechnologien durch Digitalisierung neu definiert werden können. Hardware und Funktionalität wird im Motion Terminal konsequent getrennt. Vergleichbar mit dem Smartphone können durch die Installation von Motion-Apps individuelle Funktionen auf derselben Hardware umgesetzt werden. Dies ermöglicht die vollständige Entkopplung der Hardwareplanung (HW) von der eigentlichen Automatisierungsaufgabe. Die daraus resultierenden Vorteile sind:
Vereinfachte HW-Planung, da diese funktionsunabhängig ist,
Reduktion des Lagerbestands beim OEM bzw. der Ersatzteilvorhaltung beim Endanwender, da alle Funktionen auf einer HW-Plattform umgesetzt werden,
Flexibilität bei erforderlichen Funktionsänderungen im Modul, da diese über Motion-Apps realisiert werden und
kürzere Time-to-Market.
Weitere Anforderungen von OEMs in Richtung Schutz des geistigen Eigentums und die Manipulationssicherheit von Anlagen können ebenfalls über das Motion Terminal umgesetzt werden. Zusätzlich können aber auch die Module selbst durch die installierten Motion-Apps in Bezug auf deren Performance optimiert werden. OEMs und Endanwender profitieren beispielsweise von verbesserter Energieeffizienz, selbstadaptierenden Funktionen während der Inbetriebnahme und des Anlagenbetriebes, Zustandsüberwachung und Prozesstransparenz.
Energieeffizienz verbessern
Das Motion Terminal erlaubt, für das Öffnen und Schließen von Prozessventilen unterschiedliche Druckniveaus zu verwenden. Dadurch kann der Verbrauch von Druckluft drastisch reduziert werden, wenn für einen der beiden Arbeitshübe eine deutlich reduzierte Kraft bzw. Drehmoment erforderlich ist. Weiterhin kann nach einer frei parametrierbaren Anzahl von Schaltungen eine Diagnosefunktion aktiviert werden, die antriebsbezogen mögliche Leckagen detektiert und je nach Schwere der Leckage nur eine Meldung der Notwendigkeit einer Wartung sendet oder den Anlagenteil abschaltet. Dadurch können zeitaufwendige Suchen von Leckagen in ausgedehnten Netzen vermieden werden.
(Selbst-)Adaption
Falls die Produktion eine Umrüstung der Anlage und damit einhergehend eine Änderung einzelner Parameter im Motion Terminal erfordert, ist dies sehr einfach über eine integrierte Schnittstelle möglich. Die Parameter können aber auch über das überlagerte Leitsystem verändert und über Kommunikationsschnittstellen in das Motion Terminal im Feld geladen werden.
Das Motion Terminal kann aber auch eigenständig in der Inbetriebnahme geforderte Öffnungs- und Schließzeiten eines Prozessventils einstellen. Nach dem Setzen der Parameter werden dazu in einem Teachvorgang die Abluftdrosselungen automatisiert so eingestellt, dass die gewünschten Zeiten erreicht werden. Über die Betriebszeit der Anlage wird die Einhaltung der vorgegebenen Zeiten überwacht und unter Umständen eine Veränderung der Luftdrosselung so vorgenommen. Dabei werden die ursprünglichen Vorgabewerte eingehalten, falls sich auf Basis äußerer Einflüsse, beispielsweise durch zunehmende Reibung, die erreichten Zeiten verändern sollten. Dies erfolgt automatisiert und dezentral: direkt im Feld und ohne einen Eingriff des Bedien- oder Wartungspersonals.
Verbesserte Leistung des Portfolios
Die Möglichkeiten der Digitalisierung bietet OEMs auch einen besseren Zugriff auf die installierte Basis der Module. Über die Analyse der Produktionsdaten ergeben sich zum einen die Möglichkeit, bestehende Module in Bezug auf deren Design zu optimieren oder im Vorfeld bei Neuanlagen an Umgebungsbedingungen anzupassen. Zum anderen können neue Services etabliert werden. Dazu zählen untere anderem die kontinuierliche Überwachung der Anlage und das Erkennen von Prozessveränderungen oder sich abzeichnende zukünftig zu erwartende Ausfälle. Bei entsprechender Information an den Anwender können hier Ausfälle vermieden werden und ein erforderlicher Austausch von Komponenten in zyklischen Wartungsintervallen vorgenommen werden.