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Dream-Team OPC UA ermöglicht Konvergenz von OT und IT

Die OPC Foundation stellt mit der FLC Initiative das Gravitätszentrum für OPC UA basierende Kommunikation auf der Feldebene – über 320 Experten von 65 Firmen arbeiten kooperativ zusammen.

Bild: iStock, metamorworks
28.09.2021

OPC UA ist mehr als nur ein Standard für den Datenaustausch. Die Architektur besitzt die Fähigkeit, Maschinendaten nicht nur zu transportieren, sondern auch maschinenlesbar semantisch zu beschreiben und verbindet beides mit Security. Durch die ständige Weiterentwicklung des Kommunikationsstandards reicht er in die Cloud, aber nun auch bis in die Feldebene, beherrscht Echtzeit im Zusammenspiel mit TSN. OPC UA versteht sich als harmonisierte Lösung im Prozessumfeld und der Fabrik und wird so zum Dream-Team für die Konvergenz von OT und IT. Dieser Artikel gibt erstmals einen umfassenden Status mit dem Fokus auf die Fabriklösung.

Bereits im Juni 2015 gründete die OPC Foundation eine Arbeitsgruppe, um OPC UA für eine deterministische Übertragung über Ethernet Time-Sensitive Networking (TSN) zu ertüchtigen und dazu entsprechende PubSub-Erweiterungen für TSN zu spezifizieren. Im November 2018 wurde die Field Level Communications Initiative (FLC) mit Unterstützung aller großen Automatisierungshersteller und weiterer namhafter Technologieanbieter unter dem Dach der OPC Foundation gegründet, um alle Aktivitäten für OPC UA für die Anforderungen der Feldebene zu erweitern und entsprechende Spezifikationen für die verschiedenen Anwendungen in der Prozess- und Fabrikautomation zu erarbeiten.

Bestandteil dieser Aktivitäten ist es auch, die höheren Protokoll- und Datenmodellierungsebenen für die verschiedenartigen Anwendungen und auf unterlagerte Kommunikationsstandards und Übertragungsphysiken abzubilden. Eine besonders wichtige Rolle kommt dabei dem Mapping auf Ethernet TSN zu: Einerseits ermöglicht TSN eine echtzeitfähige Datenübertragung, zum anderen erlaubt es, dass verschiedene IT- und OT-Protokolle in einer gemeinsamen Netzwerkinfrastruktur koexistieren können. In Kombination mit dem Ethernet Advanced Physical Layer (APL) beziehungsweise Single Pair Ethernet (SPE) kann OPC UA damit auch die Anforderungen der Feldebene abdecken und erschließt dadurch neue Anwendungsgebiete in der Prozessindustrie, der diskreten Fertigung und darüber hinaus.

Eine einzige harmonisierte OPC UA Lösung für alle diese Anforderungen ist das gesetzte Ziel: Der größte Vorteil einer durchgängigen OPC UA-basierten Lösung vom Feld bis in die Cloud (und auch in umgekehrter Richtung) besteht darin, dass keine Protokoll- oder Datenkonvertierungen erforderlich sind, um auf prozess- und produktionsrelevante Informationen zuzugreifen, die zur Umsetzung von Industrie 4.0-Konzepten benötigt werden. Stattdessen kann über einen einheitlichen Kommunikationsstandard direkt auf die modellierten Informationen in den entsprechenden Geräten – wie Steuerungen, Feldgeräten – zugegriffen werden; sicher, herstellerübergreifend und zukunftssicher.

Erweiterungen für die Feldebene

Die entsprechenden OPC UA Erweiterungen werden unter dem Begriff der OPC UA FX (Field eXchange) Spezifikationen geführt. Diese ermöglichen im ersten Schritt die horizontale (und mit TSN auch deterministische) Anbindung von Geräten aus unterschiedlichen Ökosystemen. Mit der vertikalen Erweiterung von OPC UA bis in die Feldebene steht dann in einem zweiten Schritt eine einheitliche Lösung zur Verfügung, die alle relevanten Anwendungen – inklusive Motion, Safety, Realtime – in der industriellen Automatisierung abdeckt und gleichzeitig die vollständige Durchgängigkeit vom Sensor bis in die Cloud gewährleistet.

OPC UA FX – Status heute

Das erste Release der Field Level Communications Initiative besteht aus vier Spezifikationsteilen (OPC UA Parts 80-83) und fokussiert sich auf die C2C-Kommunikation (Controller-to-
Controller) zum Austausch von Prozessdaten und Konfigurationsdaten mithilfe von OPC UA Client / Server- und PubSub-Erweiterungen in Kombination mit Peer-to-Peer-Verbindungen und einer Basisdiagnose. Zwei weitere Arbeitsgruppen der Field Level Communications Initiative, die wichtige Spezifikationen für eine Standardisierung von Motion und Functional Safety erarbeiten, haben ebenfalls Fortschritte erzielt:

  • Die Safety Arbeitsgruppe, die aus einer Zusammenarbeit mit der Profibus Nutzerorganisation entstanden ist, wird in Kürze die Version 2.0 der OPC UA Safety Spezifikation (OPC 10000-15) veröffentlichen, die Erweiterungen für OPC UA PubSub enthält.

  • Die Motion Arbeitsgruppe begann in Zusammenarbeit mit ODVA und Sercos International im Mai 2020, eine Architektur und ein Informationsmodell für Geräte zur Bewegungssteuerung und -regelung zu entwickeln.

APL und TSN sind besonders wichtige Technologien für die OPC Foundation in ihrer Strategie, OPC UA in die Feldebene zu bringen.

Beschleunigende Kooperationen

Die OPC Foundation hat sich der Advanced Physical Layer (APL) Projektgruppe angeschlossen, um die Entwicklung und Förderung eines Advanced Physical Layers (APL) für Industrial Ethernet zu unterstützen, der für den Einsatz in anspruchsvollen Anwendungen und explosionsgefährdeten Bereichen in der Prozessindustrie unabdingbar ist.

Eine weitere Liaison wurde mit den Standardisierungsorganisationen IEC SC65C, sowie IEEE 802.1 geschlossen, um das IEC / IEEE 60802 TSN-Profil for Industrial Automation zu unterstützen und anzuwenden, das für den Aufbau konvergenter industrieller Automatisierungsnetzwerke unerlässlich ist.

OPC UA und TSN – die Technik

TSN als Sammlung von IEEE Standards erweitert erweitert das Anwendungsspektrum von OPC UA auf Bereiche, die eine deterministische Kommunikation erfordern. Neben einem direkten Layer-2-Mapping von OPC UA auf TSN für Anwendungen mit entsprechenden Anforderungen an Echtzeitfähigkeit und Protokolleffizienz ist ein Layer-3-Mapping über UDP spezifiziert, um einen flexiblen Einsatz von OPC UA in der Prozessindustrie und auch in der Fabrikautomation zu ermöglichen. Der technische Ansatz, um OPC UA bzw. OPC UA FX mit einem unterlagerten Ethernet TSN zusammenzubringen, basiert zum einen auf der modularen Architektur von OPC UA, welche eine klare Trennung zwischen Anwendungs- und Netzwerkschicht vornimmt.

Zum anderen wird eine Modellierung verschiedener Dienstgüten (Quality of Service = QoS) für den Datentransport vorgenommen, welche eine Abbildung der Informationen und Dienste mit ihren jeweiligen anwendungsspezifischen QoS-Anforderungen auf die zugrunde liegenden Kommunikationsprotokolle ermöglicht, um so spezifische QoS-Fähigkeiten für die verschiedenartigen Anwendungen bereitzustellen. Mit diesem Ansatz bleiben alle Basisdienste, die Informationsmodelle, die semantische Selbstbeschreibung und die Sicherheitsmechanismen unverändert und abwärtskompatibel. Dadurch lassen sich bestehende Toolkits weiter nutzen und auch konventionelle OPC UA Geräte in die Kommunikation einbinden.

Die Zeitsynchronisation in einem TSN-Netzwerk ist ein entscheidender Aspekt einer TSN-Lösung, so auch für OPC UA bzw. OPC UA FX über TSN. Es besteht ein breiter Branchenkonsens, IEEE Std 802.1AS-2020 als Zeitsynchronisationsmechanismus der Wahl für die herstellerübergreifende TSN-Interoperabilität zu verwenden. Entsprechend setzt auch OPC UA bzw. OPC UA FX bei der Uhrzeitsynchronisation mit TSN von Anfang an auf diesen Standard. Ein weiterer wichtiger Aspekt für eine Echtzeit-Kommunikationslösung ist die zeitgesteuerte Übertragung, auch für OPC UA FX über TSN. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Arten von OPC UA bzw. OPC UA FX-Datenverkehr „geplante“ Übertragungen unterstützen müssen, auch nicht alle OPC UA FX-Geräte. Die Möglichkeit, verschiedenartige Geräte und verschiedenartigen Datenverkehr in einem gemeinsamen Netzwerk zu betreiben, wird als Netzwerkkonvergenz bezeichnet und ist ein weiterer Schlüsselfaktor von TSN.

Für OPC UA FX-Anwendungen, die auf geplante Übertragungen angewiesen sind, arbeitet die OPC Foundation derzeit an der Integration der anwendungsrelevanten Aspekte der TSN-Stream-Reservierung in OPC UA. Diese Integration baut auf bestehenden IEEE-Standards auf und orientiert sich an laufenden IEEE-Standardisierungsprojekten (z. B. P802.1Qdd und P802.1Qdj), sowie an dem IEC/IEEE 60802 TSN Profile for Industrial Automation, um die größtmögliche herstellerübergreifende Interoperabilität von TSN zu erreichen.

Endgeräte, welche OPC UA FX Specs unterstützen, werden über OPC UA konfiguriert, online oder offline, wohingegen Netzwerkinfrastrukturgeräte über gängige Netzwerkmanagementprotokolle konfiguriert werden. Daraus folgt, dass OPC UA keine bewährten Management-Protokolle für die Konfiguration von Netzwerkgeräten (wie SNMP, Netconf) ersetzen soll. Grundsätzlich wird sowohl eine zentrale wie auch eine dezentrale Konfiguration unterstützt. Dabei sind die für die TSN-Konfiguration maßgeblichen Protokolle im TSN IA Profile IEC/IEEE 60802 definiert. Die Rolle von OPC UA und OPC UA FX im Kontext des Netzwerkmanagements besteht darin, relevante industrielle Anwendungsszenarien und entsprechende Konfigurationsworkflows für zeitkritische OPC UA- und OPC UA FX-Anwendungen bereitzustellen.

Damit unterschiedliche Protokolle eine einheitliche Netzwerkinfrastruktur nutzen können, gibt es ein klares Bekenntnis der OPC Foundation zum IEC/IEEE 60802-Profil. Dies wird nicht nur im Hinblick auf die Konvergenz von IT und OT als wichtig erachtet, sondern auch, um die Koexistenz der verschiedenen etablierten industriellen Kommunikationsprotokolle in einer gemeinsamen Netzwerkinfrastruktur zu ermöglichen und nicht zuletzt, um die Migration traditioneller Feldbus- und Echtzeit-Ethernet-Protokolle hin zu einer einheitlichen Kommunikationslösung zu unterstützen.

Erste Live-Demo zur SPS 2021

OPC UA-Lösungen sind bereits heute von einer Vielzahl unterschiedlicher Anbieter auf dem Markt erhältlich und kommen in den unterschiedlichsten Anwendungsfeldern zum Einsatz. Die ersten OPC UA-Geräte mit TSN wurden bereits als prototypische Implementierungen vorgestellt. Ein erstes öffentliches OPC UA FX Spezifikationsrelease ist zum Jahresende zu erwarten. Zur SPS in Nürnberg Ende November wird erstmals eine Multi-Vendor Controller-to-Controller Interoperabilitätsdemo gezeigt, in der Steuerungen und Netzwerkkomponenten von insgesamt über 20 Herstellern kombiniert werden, um einen herstellerübergreifenden Datenaustausch über OPC UA und OPC UA FX zu ermöglichen.

Die OPC Foundation stellt mit der FLC Initiative das Gravitätszentrum für OPC UA basierende Kommunikation auf der Feldebene – über 320 Experten von 65 Firmen arbeiten kooperativ zusammen. Keine andere Organisation erbringt diese Koordinationsleistung zwischen Mitbewerbern.

Bildergalerie

  • Scope der Field Level Communications Initiative

    Scope der Field Level Communications Initiative

    Bild: OPC Foundation

  • OPC UA Framework mit den OPC UA FX Spezifikationserweiterungen und den „darüberliegenden“ Companion Spezifikationen

    OPC UA Framework mit den OPC UA FX Spezifikationserweiterungen und den „darüberliegenden“ Companion Spezifikationen

    Bild: OPC Foundation

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