In drei Schritten zum Robotersystem Planungshilfe für sichere Mensch-Roboter-Kollaboration

Der Cobot-Planer ist als interaktive Web-Anwendung, für Versicherte in Betrieben und allemweiteren Interessenten, die einen MRK-Arbeitsplatz planen, konzipiert.

Bild: iStock, PhonlamaiPhoto
15.03.2021

Der jetzt verfügbare „Cobot-Planer“ ist eine webbasierte Planungshilfe, die Anwenderinnen und Anwendern hilft, Mensch-Roboter-Kollaborationen sicher und gesund zu gestalten. Mit dem parameterbasierten Robotermodell ist es grundsätzlich möglich, jeden kollaborativen Robotertyp im Cobot-Planer zu verwenden. Entwickelt wurde er von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall und Fraunhofer IFF.

Im Forschungsprojekt „Digitale Gefahrenprävention für kollaborative Roboterarbeitsplätze mithilfe einer webbasierten Planungshilfe“, kurz: Cobot-Planer, hat das Fraunhofer IFF im Auftrag der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) eine webbasierte Planungshilfe entwickelt, die Anwenderinnen und Anwender für einen verbesserten Arbeitsschutz bei der sicheren und effizienten Auslegung ihrer kollaborativen Roboter unterstützt.

„Der Cobot-Planer zeigt dem Roboter-Programmierer beziehungsweise der -Programmiererin auf, bei welchen Geschwindigkeiten ein sicherer Betrieb einer Mensch-Roboter-Kollaboration möglich ist; vor allem dann, wenn sich Mensch und Roboter berühren können“, fasst Projektleiter Dr. Roland Behrens vom Fraunhofer IFF die Aufgabe der neuen Planungshilfe zusammen.

Zusammenarbeit schon bei der Planung sicher gestalten

Für kollaborative Roboter, also Roboter, die ohne zusätzliche Sicherheitssensoren wie Laser-Scanner Hand in Hand mit Menschen zusammenarbeiten, war es bislang nur mithilfe einer messtechnischen Risikobewertung möglich, die Geschwindigkeiten zu bestimmen, die maximal erreicht werden dürfen.

Hierbei wird mit einem Kraft- und Druckmessgerät geprüft, ob der Roboter bei einer Kollision mit dem Menschen die biomechanischen Grenzwerte aus ISO/TS 15066 einhält. Für die Messung muss das Robotersystem allerdings vollständig aufgebaut und programmiert worden sein.

Überschreitet der Roboter die Grenzwerte, ist es notwendig, seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Ein solcher Schritt ist in der Regel unerwünscht, da er die Taktzeit des Robotersystems erhöht und dessen Wirtschaftlichkeit reduziert.

„Wenn diese erforderlichen Anpassungen des Systems im Betrieb womöglich nicht durchgeführt werden, ist das ein ernstzunehmendes Risiko für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten“, sagt Dr. Matthias Umbreit von der BGHM in Mainz, der das Forschungsprojekt zum Cobot-Planer initiierte.

Der Cobot-Planer soll dieses Risiko vermeiden und dabei unterstützen, Mensch-Roboter-Kollaborationen (MRK) sicher und gesund zu gestalten – und das schon in der Planungsphase. „Für die Mitgliedsunternehmen der BGHM ist der Cobot-Planer ein ideales und zeitgemäßes Werkzeug. Das haben bereits Tests in verschiedenen Betrieben gezeigt. So geht moderne Gefahrenprävention“, sagt Erik Sebastian, der das Projekt seitens der BGHM leitete.

Nicht nur für Betreiberinnen und Betreiber von Arbeitsplätzen mit MRK könne die Applikation nützlich sein, wie Erik Sebastian erklärt: „Auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit können sie beispielsweise zur Gefährdungsbeurteilung nutzen“. Prof. Norbert Elkmann, Geschäftsfeldleiter Robotersysteme am Fraunhofer IFF, unterstreicht zudem, dass der Cobot-Planer ein wichtiger Meilenstein ist, um den Engineering-Aufwand bei der Umsetzung zukünftiger MRK-Applikationen deutlich zu reduzieren.

In drei Schritten zum sicheren Roboter-System

Der Cobot-Planer ist als interaktive Web-Anwendung konzipiert, die den Versicherten in den Betrieben und allen weiteren Interessenten, die einen MRK-Arbeitsplatz planen, jetzt kostenfrei zur Verfügung steht.

„Über die intuitive Benutzeroberfläche des Cobot-Planers beschreiben Nutzerinnen und Nutzer in nur drei Schritten ihre Robotersysteme und die bestehenden Kollisionsgefahren. Anschließend simuliert der Cobot-Planer die Gefahrensituationen und ermittelt aus den Ergebnissen die maximal zulässigen Geschwindigkeiten, bei denen der Roboter die Grenzwerte aus ISO/TS 15066 noch einhält“, beschreibt Dr. Roland Behrens die Funktionsweise der Web-Anwendung, die über jeden aktuellen Internet-Browser nutzbar ist.

Da es sich bei den Eingabedaten der Anwenderinnen und Anwender durchaus um sensible Informationen handeln kann, sorgt eine strenge Richtlinie dafür, dass der Cobot-Planer Daten nicht dauerhaft speichert. Nutzerinnen und Nutzer können aber auf Wunsch alle Eingabedaten herunterladen und zu einem späteren Zeitpunkt wiederverwenden.

Moderne Technologie und neuste Erkenntnisse

Die technologische Grundlage des Cobot-Planers bilden verschiedene Modelle, welche die Wirkung eines Kontaktes zwischen Mensch und Roboter präzise nachbilden. Bisher bekannte Modelle waren sehr ungenau. Zu den für den Cobot-Planer verwendeten Modellen zählen ein Gefährdungs- und ein Robotermodell sowie ein biomechanisches Modell des Menschen.

Mit dem parameterbasierten Robotermodell ist es grundsätzlich möglich, jeden Robotertyp, der sich für den kollaborativen Betrieb eignet, im Cobot-Planer zu verwenden. Das biomechanische Modell des Menschen geht zurück auf die Ergebnisse der Probandenstudien des Fraunhofer IFF, die es weltweit einmalig und im Auftrag der DGUV und BGHM zur Ermittlung biomechanischer Grenzwerte durchführte.

Die Simulationsergebnisse des Cobot-Planers hat das Fraunhofer IFF zusammen mit Ärzten der Klinik für Unfallchirurgie der Otto-von-Guericke-Universität und unter Einbindung der zuständigen Ethikkommission experimentell in Belastungsversuchen mit Probanden validiert.

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