Im Zuge der Realisierung von Industrie-4.0-Anwendungen schaffen die Unternehmen neue Rahmenbedingungen und Trends. Interoperabilität und Konvergenz zur Verwirklichung des industriellen Internets der Dinge (Industrial Internet of Things, IIoT) zählen zu den zentralen Aspekten zukunftsorientierter PAT-Lösungen.
Außerdem unterstützen die neuesten PAT-Anwendungen eine fortschrittliche Datenanalytik zur Optimierung von Prozesslenkung und Zustandsüberwachung von Anlagen (Condition-Monitoring), eine stärker automatisierte Entscheidungsfindung für bessere Reaktionsfähigkeit in der Fertigung und im Labor sowie eine einrichtungsübergreifende Standardisierung, wonach ebenfalls eine hohe Nachfrage besteht.
Die Anfänge von PAT
Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten hat sich die prozessanalytische Technologie erheblich weiterentwickelt. Sie wurde erstmals 2002/2003 von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) als Schlüsselinitiative für stärker qualitätsorientierte Abläufe in der biowissenschaftlichen und pharmazeutischen Fertigungsindustrie eingeführt. Die PAT-Initiative sollte durch effizientere Herstellungs- und QK/QS-Methoden die Produktionskosten von Medikamenten und anderen Therapeutika senken.
Um Unternehmen zur Einführung von PAT zu motivieren und letztlich Arzneimittel erschwinglicher zu machen, hat die FDA die Mechanismen für die Implementierung wichtiger PAT-fähiger Technologien rationalisiert und die Validierung qualitätsorientierter Produktionslinien vereinfacht. Die FDA und andere Aufsichtsbehörden weltweit, wie die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und die britische Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA), setzen sich für diese Lösungen ein, um höhere Maßstäbe für Datenintegrität und Transparenz setzen zu können. Sie haben höhere Ansprüche an die für die Konformität notwendigen pharmazeutischen Daten formuliert und begünstigen damit de facto PAT-gesteuerte Systeme.
Somit bestand die ursprüngliche Aufgabe von PAT darin, die Umstellung von Quality by Testing (QbT) – wobei die Qualitätsanalysen im Anschluss an das Design und die Herstellung von Fertig- und Zwischenprodukten stattfinden – zu Quality by Design (QbD) zu fördern. Hierbei wird die Qualitätsbewertung so früh wie möglich in den Produktlebenszyklus (von der Designphase bis zur Endfertigung) integriert, um Produktabweichungen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. QbD erfordert einen tiefgreifenden Einblick in den pharmazeutischen Herstellungsprozess, damit die wichtigsten Produktspezifikationen erfüllt werden können. PAT gilt als unerlässlich, um diesen Einblick zu gewinnen.
Das Konzept wurde definiert als „ein System für die Planung, Analyse und Steuerung der Fertigung durch zeitnahe Messungen der kritischen Qualitäts- und Leistungsattribute von Rohstoffen und Prozessmaterialien sowie Prozessen mit dem Ziel, die Qualität des Endprodukts sicherzustellen“. Diese präzise Definition war ausschlaggebend dafür, dass PAT sich zu einem Instrument über die effiziente Qualitätskontrolle/Qualitätssicherung hinaus entwickelt hat, das die Kosten, die Sicherheit und die Wirksamkeit von Therapeutika optimieren kann.
Von der Qualität zur Prozesslenkung
Die Definition von PAT erinnert an eine qualitätsorientierte Prozesssteuerung in Echtzeit, die weitestgehend den Zielen, Lösungen und Prinzipien von Industrie 4.0 entspricht. Sowohl PAT als auch Smart Manufacturing stützen sich auf Daten und beruhen auf der Fähigkeit, Informationen zu generieren, auszutauschen und zu analysieren, um verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen und optimale Entscheidungen zu treffen.
Durch die Kombination von PAT mit industrieller Automatisierungstechnik lassen sich zudem reaktionsschnelle, autonome Anlagen realisieren, die jederzeit optimale Betriebsbedingungen aufrechterhalten – unabhängig von den Schwankungen der Rohstoffeigenschaften. So ist es möglich, die Effizienz zu steigern, die Produktqualität und die Zykluszeiten sowie die Energie- und Ressourceneffizienz zu optimieren und damit letztlich für eine schnellere Markteinführung von kostengünstigen Medikamenten zu sorgen.
Durch die zunehmende Komplexität und Vielfalt der PAT-Konzepte werden allerdings zentrale Systeme wie eine PAT-Wissensmanagementplattform immer wichtiger, um verschiedene Komponenten zu orchestrieren, Transparenz zu gewährleisten und Reaktionsfähigkeit zu fördern.
PAT wird daher zu einem wichtigen Strategieelement für die digitale Transformation, insbesondere durch die Compliance und schnelle Validierung in der Pharmaindustrie. Im Zuge von QbD- und IIoT-Konzepten nimmt die Bandbreite der PAT und Industrie-4.0-Anwendungen ebenfalls zu. Schließlich lassen sich nicht nur Produktionsabläufe verbessern, sondern auch F&E-Labore und Pilotanlagen. Dies begünstigt die Entdeckung, Entwicklung, Analyse, Chargenfreigabe und Vermarktung neuer und bereits verfügbarer Arzneimittel und Therapeutika.
In diesen Anwendungen erfüllen sowohl PAT als auch die PAT-Wissensmanagement-Software (PAT Knowledge Management, PAT KM) Anforderungen, die sich zum Teil erheblich von denen der regulatorisch konformen pharmazeutischen Herstellung unterscheiden. In bestimmten Anwendungen sind Funktionen des PAT-Wissensmanagements äußerst relevant, insbesondere im Zusammenspiel mit automatisierten Lösungen, während die Generierung von Prozesswissen nachrangig ist. Hier lassen sich mit einem PAT-KM-Setup automatisierte Vorgänge implementieren und orchestrieren. Wissenschaftler und andere Sachverständige können sich so den wertschöpfenden Aktivitäten widmen, ohne zeitaufwändige, repetitive Aufgaben wie Probenahmen.
Robotergestütztes Labor
Ein Paradebeispiel ist das robotergestützte Labor, in dem SCARA- und 6-Achs-Gelenkarmroboter oder autonome mobile Roboter Feststoffproben an Produktionslinien entnehmen und zu Offline-Prüfeinrichtungen befördern. Dort werden die relevanten Analysen automatisch durchgeführt und die Ergebnisse gespeichert, weitergegeben und interpretiert. Auch die Entnahme von Flüssigkeitsproben kann dank spezieller Systeme, die die Proben zum Analyselabor transportieren, vollautomatisch erfolgen.
Auch können Lösungen, die ursprünglich für PAT entwickelt wurden, Datenerfassungsanwendungen in F&E-Einrichtungen unterstützen. Hier geht es allerdings vermutlich weniger darum, die Konformität mit geltenden Normen, wie Title 21 Code of Federal Regulations (CFR) Part 11 oder EU-GMP-Anhang 11, durch Electronic Records / Electronic Signatures (ERES) zu gewährleisten oder Audits und andere Berichte zu erstellen.
Zukunft der PAT-gesteuerten Anwendungen
Betrachtet man die aktuellen digitalen Technologien und die sich wandelnden Bedürfnisse der Pharmaunternehmen, so zeichnen sich neue Trends ab. Erstens: Da Labore, Produktionsanlagen, Unternehmen und Lieferketten zunehmend vernetzt werden, verlangen die Marktteilnehmer ein Höchstmaß an Interoperabilität. Sie brauchen die entsprechende Flexibilität, um Analysegeräte, Software und automatisierte Lösungen verschiedener Anbieter integrieren zu können. Dazu gehört auch, dass die PAT-Wissensmanagementplattform, auf verschiedenen Betriebssystemen lauffähig sein muss.
Zweitens wird die Datenanalytik mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin wichtig bleiben, da sie die Voraussetzung für smarte Applikationen ist. Angesichts der Fortschritte intelligenter Prognosealgorithmen werden sich exakte PAT-gesteuerte Systeme allerdings auch mit einem begrenzten Volumen an Datensätzen einrichten lassen. Umgekehrt können Systeme, die schon länger Daten generieren und verarbeiten bzw. umfangreiche Datenbanken aufgebaut haben, ihre Big-Data-Fähigkeiten verbessern. Hier unterstützt die Verfeinerung der Modelle kontinuierliche Verbesserungen.
Darüber hinaus lassen sich mit der zunehmenden Vernetzung der Einrichtungen klare Tendenzen zur Standardisierung und zur Vorlagennutzung erkennen. Die Weiterverwendung von PAT-Prozessen und -Orchestrationen wird immer einfacher. Das bedeutet, dass die Pharmahersteller dieselben Methoden und Lösungen in mehreren identischen Produktionssystemen und -anlagen anwenden können, was den Aufwand für das Methodenmanagement und die Validierung minimiert. Sie können diese auch an ihre Partnerunternehmen für die Auftragsherstellung weitergeben. Diese können in gleicher Weise mit den Vorlagen arbeiten, um Kosten zu sparen, den Support- und Validierungsbedarf zu verringern, die Flexibilität zu erhöhen und Compliance zu gewährleisten.
Und nicht zuletzt ermöglichen die Vernetzung von Systemen und der Austausch von Daten und Informationen eine umfassendere und kooperativere PAT. Ein PAT KM kann also nicht nur Daten zur Produktqualität liefern, sondern auch Daten in Erkenntnisse umwandeln, um Prozesse und Produktqualität zu lenken. PAT KM bildet das Herzstück des intelligenten Labors, indem es bidirektional mit vielen verschiedenen Instrumenten kommuniziert und die Roboterinfrastruktur der Vorlage entsprechend koordiniert. Das Ergebnis sind Methoden und Arbeitsabläufe, die trotz der von Standort zu Standort unterschiedlichen Laborausstattungen weltweit identisch sind.
Fazit
PAT ist eine technologieübergreifende Lösung, die den Zugang zu kostengünstigen Arzneimitteln fördert, die Arzneimittelherstellung effizienter macht und letztlich dem Sektor insgesamt zugutekommt. Angesichts dieses Potenzials ist es nicht verwunderlich, dass sich PAT in den vergangenen zwei Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt hat.
Das wird sich auch noch weiter fortsetzen, und PAT wird die vielversprechendsten und relevantesten Elemente der neuesten digitalen Technologien aufgreifen, um sich den ständig wandelnden Bedürfnissen der Industrie anzupassen. Pharmaunternehmen, die wertschöpfende PAT-, Smart-Manufacturing- und Labor-Strategien einführen oder verfolgen möchten, sollten sich nach Lösungen führender Experten umsehen. Diese orientieren sich an den jüngsten Trends, um neue betriebliche Potenziale zu erschließen, wie beispielsweise der PAT-Wissensmanager synTQ von Optimal. Auf diese Weise können Pharmaunternehmen auch in Zukunft Patienten in aller Welt helfen und selbst wettbewerbsfähig bleiben.