Interview über Einsatzmöglichkeiten der Wiegand-Technik „Pulsierende Möglichkeiten für Sensoren“

Jörg Paulus, Partner und General Manager bei Posital-Fraba: „Die Wiegand-Technologie setzt ein rotierendes Magnetfeld in Energie um – das funktioniert selbst ohne Stromversorgung.“

Bild: Fraba Posital
08.04.2021

Wiegand-Sensoren senden Impulse – und das ohne Stromversorgung. Welche Einsatzmöglichkeiten die Technologie damit ermöglicht, zeigt Jörg Paulus, Partner und General Manager bei Posital-Fraba, im Interview mit A&D auf.

Können Sie typische Anwendungen für Näherungsschalter auf Wiegand-Basis nennen?

Ex-Schutz-Einsätze sind eindeutig die Nische für Wiegand. Hier geht es um eigensichere Lösungen. Grundsätzlich gibt es verschiedenste Technologien für Näherungsschalter, wie beispielsweise induktive, kapazitive oder optische Sensoren – alle ausgereift und kostengünstig. Viele kommen aber mit teils aufwändigen Schaltungen und viel Energie über die Powerleitung. Hier ist es gar nicht so einfach, ein System zu bauen, das Überspannungen bzw. kleinste Funken sicher eliminiert. Exakt das ist aber in explosionsgefährdeten Umgebungen zwingend notwendig. Genau hier punkten Wiegand-Sensoren, die ohne externe Stromquelle funktionieren und den Impuls autark erzeugen, wenn sich das Magnetfeld umkehrt. Die eher geringe Energieausbeute erweist sich hier als handfester Vorteil: Funken können nicht entstehen!

Welche weiteren Einsatzgebiete können Sie sich künftig noch mit der Wiegand-Technologie vorstellen?

Hauptanwendung ist der Einsatz in Multiturn-Drehgebern, deren Zählelektronik per Wiegand-Effekt auch im stromlosen Zustand Bewegungen der nachlaufenden Welle präzise erfasst. Hier greift Energy Harvesting, das Batterien obsolet macht. Den Weg in diese Richtung, bei dem wir mit unseren magnetischen Präzisionsgebern seit 15 Jahren den Takt vorgeben, haben Low Power-Chips geebnet, die immer weniger Energie benötigen. Wiegand-Sensoren erzeugen selbst bei extrem niedriger Drehzahl Strom und sind weitgehend immun gegen externe Magnetfelder. Zum Einsatzfeld gehören schon länger Gas-, Wasser- und Öl-Durchflussmesser. Auch hier entfallen Batterien. Die Systeme werden stromunabhängig und verbrauchen weniger Energie bei längerer Lebensdauer. Perspektivisch sehen wir gerade bei der Energieernte großes Potential. Mit Hochdruck arbeiten wir an Systemen, mit denen deutlich mehr Energie gewonnen werden kann als heute. Auch dem Thema ‘transkutane Energie’ stellen wir uns: Beispielsweise könnte der Wiegand-Puls als Stromquelle zum Aufladen von Herzschrittmachern verwendet werden – durch die Haut!

Stellt Fraba Posital seine Wiegand-Technologie in Lizenz auch anderen Unternehmen zur Verfügung?

Aktuell verkaufen wir Wiegand-Sensoren vorwiegend an Kunden aus der Drehgeber-Industrie, die damit den Vormarsch der batterielosen Multiturn-Encoder auf breiter Front weiter forcieren. Zu unseren Geschäftspartnern gehören aber auch User, die einfach nur Pulse generieren oder Energie ernten wollen. Generell sind wir offen für völlig neue Anwendungen – etwa in der Medizin. Ob dabei künftig – über den Verkauf der eigentlichen Sensoren hinaus – auch Technologie lizensiert wird, ist völlig offen.

Welche Fortschritte machen Sie bei der Miniaturisierung der Technologie?

Beim 22 mm Kit Encoder – dem ersten Multiturn-System für Kleinstantriebe – konnten wir den Wiegand-Sensor tatsächlich noch mal etwas kompakter gestalten. Zugleich wurde uns beim Arbeiten an den Minis klar, dass ein noch kürzerer Wiegand-Draht deutliche Einbußen bei der Performance zur Folge hätte. Entsprechend haben wir ein ambitioniertes Programm gestartet, das – statt weiterer Miniaturisierung – auf die signifikante Steigerung des Energie-Outputs abzielt.

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