Technologien zur Serienreife bringen Quantensensoren für den Alltag

Mit künstlichen Nanodiamanten lassen sich Sensoren und etwa bildgebende Verfahren verbessern. Auch im neuen Zukunftscluster QSens werden solche künstlichen Diamanten eingesetzt.

Bild: H.Grandel
05.02.2021

Die möglichen Anwendungen reichen von der personalisierten Medizin bis zum automatisierten Fahren: Im Zukunftscluster QSens sollen hochleistungsfähige Quantensensoren entwickelt und zur Marktreife gebracht werden.

Hochempfindliche und kostengünstige Sensoren für die medizinische Bildgebung, die hochpräzise Navigation oder Klimaforschung waren bisher Zukunftsmusik. Doch jetzt steht die zweite Generation der Quantentechnologien auf der Schwelle zur Anwendung.

Im Projekt QSens, das jetzt vom BMBF als Zukunftscluster ausgewählt wurde, sollen nun Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Anwendung getragen werden. Auf dem Weg zu serienreifen Hightech-Sensoren werden die Forschenden von Industriepartnern begleitet, die teils Weltmarktführer in der Sensortechnologie sind – darunter Bosch, Zeiss und Bruker.

„Die Besonderheiten der Quantenwelt bieten einzigartige Möglichkeiten zur Verbesserung der Sensorperformance. Revolutionäre Steigerungen der Empfindlichkeit eröffnen neue Anwendungen – von der Erdbeobachtung aus dem Weltraum bis zur Abbildung der menschlichen Gehirnaktivität“, erklärt Professor Joachim Ankerhold, Leiter des Instituts für Komplexe Quantensysteme und Forschungs-Vizepräsident der Universität Ulm.

Bestehende Technologien zur Serienreife bringen

Das Zukunftscluster QSens konzentriert sich auf die Bereiche Gesundheit, Mobilität, Informationstechnologie („Internet of things“) und Nachhaltigkeit. Für solche Anwendungen werden Quantensensoren entwickelt, deren präzise Messungen sich an der Grenze des Machbaren bewegen.

Diese Leistungsfähigkeit wird durch die Gesetze der Quantenmechanik möglich: Die Sensoren nutzen die Verschränkung und Dekohärenz der kleinsten Teilchen auf verschiedenen Quantenplattformen. Als physikalische Basis setzen die Forschenden in der ersten Förderphase auf Defekte in Festkörpern wie Diamanten.

Später kommen weitere Quantenplattformen hinzu. In den ersten drei Jahren des Projekts QSens sollen bestehende Technologien zur Serienreife gebracht werden. In so genannten Blue-Sky-Projekten und folgenden Förderphasen werden neue „Durchbruchtechnologien“ entwickelt.

Weitere Kooperationen

Anders als die meisten Verbundprojekte umfasst QSens ein „Innovationsökosystem“, das die gesamte Lieferkette für die beforschten Sensoren abdeckt. Über das gemeinsame, interdisziplinäre Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaften und Technologie (IQST) arbeiten die Universitäten Ulm und Stuttgart seit vielen Jahren mit den industriellen QSens-Partnern Bosch, Zeiss, Trumpf und Bruker zusammen. Das Industrie-Konsortium wird durch Biotechnologie- und Pharmaunternehmen wie Boehringer Ingelheim und Rentschler ergänzt.

Weitere Kooperationen bestehen mit dem Landesforschungsinstitut IMS CHIPS und dem künftigen Quantentechnologie-Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Ulm (DLR-QT). Mit Forschungsbauten wie dem Ulmer Zentrum für Quanten- und Biowissenschaften (ZQB), dem Zentrum für Angewandte Quantentechnologie in Stuttgart (ZAQuant) und der Infrastruktur der Unternehmen steht dem Zukunftscluster eine einmalige Forschungs- und Entwicklungsumgebung zur Verfügung.

Zum Technologietransfer des Zukunftsclusters tragen künftig auch Angebote wie „Quanten4 KMU“ bei. Über diese Plattform geben die QSens-Akteure ihr Wissen an kleinere Unternehmen weiter und öffnen sogar ihre Labore. So sollen die Einstiegshürden für die Nutzung der Quantentechnologie beseitigt werden. Dazu kommt ein so genannter Quanteninkubator: Im „Gründerspace“ können Forschende und Studierende Ideen für Start-ups ausarbeiten und sich von den QSens-Mitgliedern beraten lassen.

Hintergründe zum Zukunftscluster QSens

Das Verbundprojekt QSens hat sich im Wettbewerb „Clusters4Future“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) als eines von sieben Innovationsnetzwerken bundesweit durchgesetzt. Gemeinsam mit spezialisierten Unternehmen wollen Forschende aus Stuttgart und Ulm Quantensensoren der Zukunft entwickeln und diese zur Marktreife führen. Anwendungen reichen von der personalisierten Medizin über das automatisierte Fahren bis zur Informationstechnologie.

In den kommenden zehn Jahren fördert das BMBF Zukunftscluster mit bis zu 450 Millionen Euro, aus der Wirtschaft kommen Zuwendungen in ähnlicher Höhe. Die erste Förderphase über drei Jahre bringt jedem Cluster bis zu 15 Millionen Euro.

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