Pilotprojekt für chemisches Verfahren Recycling-Methode für automobile Kunststoffe gesucht

Mit Pyrolyseöl aus gemischten Abfällen wollen zwei Projektpartner das Recycling von technischen Kunststoffen im Automobilbau möglich machen.

Bild: Markus Breig, KIT
23.11.2020

Viele Kunststoffe in Autos werden derzeit auf Erdölbasis hergestellt und lassen sich nur schlecht oder gar nicht wiederverwerten. Ein Forschungsinstitut und ein Autohersteller starten jetzt ein Pilotprojekt für ein chemisches Recyclingverfahren, das die Kunststoffmischungen in einen ressourcenschonenden Kreislauf zurückführen soll.

Zahlreiche Bauteile in Autos bestehen aus Kunststoff. Für sie gelten hohe Anforderungen an Sicherheit, Hitzebeständigkeit und Qualität. Besonders intensiv beanspruchte Teile können daher bislang nur aus Materialien auf Erdölbasis hergestellt werden, lassen sich aber meist nicht wiederverwerten.

Während sortenreine Kunststoffe oft mechanisch recycelbar sind, ist das Recycling von gemischten Kunststoffabfällen eine große Herausforderung. Der Thinktank „Industrielle Ressourcenstrategien“ am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) will deshalb gemeinsam mit Audi ein chemisches Recyclingverfahren entwickeln, um diese Mischfraktionen in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen.

Chemisches Recycling als einziges geeignet

„Automobile Kunststoffe zu recyceln, ist bisher für viele Bauteile nicht möglich, deshalb leisten wir hier mit Audi Pionierarbeit“, sagt Prof. Dieter Stapf, Leiter des Instituts für Technische Chemie am KIT. „Wenn wir die Kreisläufe schließen wollen, dann müssen wir hierfür geeignete Verfahren entwickeln.“

Chemisches Recycling ist bisher die einzige Methode, mit der es möglich ist, die gemischten Kunststoffabfälle wieder in Produkte mit Neuwarenqualität umzuwandeln. Dadurch könne eine größere Bandbreite an Kunststoffen wiedergewonnen werden, wie Stapf erklärt.

Zudem sparen auf diese Weise geschlossene Materialkreisläufe wertvolle Ressourcen, weil weniger Primärmaterial benötigt wird, ergänzt Dr. Rebekka Volk vom Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion des KIT. „Dies wiederum spart Energie und Kosten – und ist gut für die Umwelt“, sagt sie.

Vorgehensweise im Projekt

Audi ist einer der ersten Automobilhersteller, der die chemische Recycling-Methode in einem Pilotprojekt mit Kunststoffen aus der Automobilproduktion testet. „Wir wollen intelligente Kreisläufe in unseren Lieferketten etablieren und Ressourcen effizient einsetzen“, sagt Marco Philippi, Leiter Beschaffungsstrategie bei Audi. Chemisches Recycling berge hierfür ein großes Potenzial.

„Wenn Kunststoffbauteile ohne Qualitätsverlust anstatt aus Erdöl aus Pyrolyseöl hergestellt werden können, wäre es möglich, den Anteil an nachhaltig hergestellten Teilen im Auto signifikant zu erhöhen“, erklärt Philippi. Auf lange Sicht könne das Verfahren so auch im Altfahrzeug-Recycling eine Rolle spielen.

Mit dem KIT als Partner will Audi zunächst die technische Machbarkeit des chemischen Recyclings testen und das Verfahren auf Wirtschaftlichkeit und Umweltauswirkung bewerten. Der Autobauer stellt dafür nicht mehr benötigte Kunststoffbauteile wie Kraftstofftanks, Radzierblenden oder Kühlerschutzgitter aus Audi-Modellen zur Verfügung, die beispielsweise aus dem deutschen Händlernetzwerk zurückkehren.

Diese Bauteile werden dann durch chemisches Recycling zu Pyrolyseöl verarbeitet. Mittelfristig können Bauteile aus Pyrolyseöl erneut in Automobilen verwendet werden. Gelingt es, die technische Machbarkeit nachzuweisen, will Audi das Verfahren industrialisieren und dann sukzessive auf mehr und mehr Teile anwenden.

Virtuelle Veranstaltung zum chemischen Recycling

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg richtet ein abendliches Online-Event aus, um über Chancen und Herausforderungen des chemischen Recyclings von Kunststoffen zu diskutieren. Die virtuelle Veranstaltung „Highway oder Holzweg – Chemisches Recycling von Kunststoffen“ findet am 25. Januar 2021 von 18:00 bis 20:30 Uhr statt.

Details zur Veranstaltung

Über den Thinktank „Industrielle Ressourcenstrategien“

Der Thinktank „Industrielle Ressourcenstrategien“ ist eine gemeinsame Initiative von Politik und Industrie mit Unterstützung der Wissenschaft. Er berät Politik und Industrie auf wissenschaftlicher Basis in technologisch-strategischen Fragestellungen zu Ressourceneffizienz, Ressourcennutzung und Ressourcenpolitik. Hierfür trägt er Daten und Fakten zusammen und bereitet sie verständlich auf.

Der Thinktank wurde 2018 gegründet und ist am Karlsruher Institut für Technologie angesiedelt. Gefördert wird er aus Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.

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