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Impfstoffherstellung Sanfter Tod für Viren

Mit Elektronenstrahlen wollen Forscher Krankheitserreger unschädlich machen, um sie in Impfstoffen verwenden zu können.

03.01.2017

In Impfstoffen töten normalerweise giftige Chemikalien Viren ab. Um Erreger für Patienten unschädlich zu machen, gehen Fraunhofer-Forscher einen etwas anderen Weg.

Die meisten Impfungen beruhen auf Totimpfstoffen: Hier sind die Viren unschädlich gemacht, werden aber dennoch vom Immunsystem erkannt, das entsprechende Antikörper zum Schutz bildet.

Chemikalien-Methode: giftig und langsam

Abgetötet werden die Viren üblicherweise durch Chemikalien wie Formaldehyd - das hochgiftig ist. Um die Risiken für Mensch und Umwelt zu verringern, kommen die Substanzen nur stark verdünnt zum Einsatz.

Die Erreger müssen daher lange in der Chemikalie lagern, bis sie abgetötet sind. So braucht Formaldehyd etwa zwei Wochen, um Polio-Viren außer Gefecht zu setzen. Zudem greift Formaldehyd auch die Proteine der Viren an, gegen die das Immunsystem Antikörper bildet. Es verändert die Viren - darunter leidet unter Umständen die Wirksamkeit des Impfstoffs.

Viren schonend inaktivieren

Fraunhofer-Forscher des IZI, IGB, FEP und IPA haben gemeinsam eine schonende Alternative entwickelt: Sie bestrahlen die Erreger mit nieder-energetischen Elektronen.

Statt mehreren Tagen oder gar Wochen reichen Millisekunden, um die Krankheitserreger abzutöten. Das verringert einerseits den Zeitaufwand für die Herstellung von Impfstoffen. Andererseits zerstören die Elektronen nur die Nukleinsäuren der Viren und Bakterien, während deren Proteine heil bleiben. Die Bestandteile, auf die unser Immunsystem mit der gewünschten Immunantwort reagiert, sind also auch nach der Bestrahlung noch intakt. Ein weiterer Vorteil: Es fallen keine giftigen Chemikalien an.

Sicher für die Pharma-Industrie

Zwar gibt es schon lange Versuche, die Erreger mittels Strahlung abzutöten – allerdings war der experimentelle Aufwand bislang kaum zu stemmen. So konnte beispielsweise die radioaktive Bestrahlung aus Sicherheitsgründen nur hinter dicken Mauern stattfinden, keinesfalls in den Produktionshallen der pharmazeutischen Industrie.

Die Bestrahlung mit den niederenergetischen Elektronen ist dagegen in einem normalen Labor möglich. Im Labormaßstab belegten die Forscher, dass das Verfahren funktioniert: Die Viren sind nachweislich abgetötet, und in ersten Tests im Tiermodell bewies der Impfstoff einen umfassenden Schutz.

Massentod für Viren?

Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler die Viren in großen Mengen inaktivieren. Das ist jedoch nicht so leicht: Die Elektronen dringen weniger als einen Millimeter tief in die Flüssigkeit ein, in der die Viren schwimmen. Die bestrahlte Flüssigkeit muss also in dünnen Schichten vorliegen, damit auch alle Übeltäter von den Elektronen erreicht werden.

Die Forscher entwickeln nun zwei entsprechende Prototypen für die automatische Inaktivierung der Erreger. Der erste Prototyp ist fast fertig: Bei ihm wird die Lösung für die Bestrahlung in Beutel abgefüllt – die Beutel sorgen dafür, dass die Flüssigkeitsschicht dünn genug bleibt.

Bei einem zweiten Ansatz erzeugen die Wissenschaftler den dünnen Flüssigkeitsfilm, indem sie die Lösung über Rollen laufen lassen. In etwa fünf Jahren, so hoffen sie, könnten die klinischen Studien für die Herstellung von Impfstoffen beginnen.

Die neue Technik beschränkt sich jedoch nicht allein auf Impfsubstanzen. „Über die Elektronenbestrahlung können wir auch Hochsicherheitsmaterial inaktivieren, ohne es zu zerstören“, erläutert Dr. Sebastian Ulbert, Arbeitsgruppenleiter am Fraunhofer IZI. Dann ließen sich beispielsweise Blutproben von Ebola-infizierten Patienten so so behandeln, dass sie sich gefahrlos in normalen Laboren untersuchen lassen.

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