Gleichmäßig verteilte Farbflecke, überwiegend in cyanblau, manche magentafarben, andere in gelb oder orange. Der erste Gedanke an moderne Kunst führt in die falsche Richtung. Dieses Farbspiel liefert einem das neue Infrarot-Mikroskop der Currenta. In Flittard, ein Stadtteil von Köln, betreibt ein 15-köpfiges Analytikteam des Chempark Leverkusens rund um Dr. Alexander Karbach für Anwender, vor allem aus der Pharma-, Chemie- und Kunststoffbranche, anspruchsvolle Oberflächen- und Festkörperanalytik. Aus Farbkontrasten und Mustern ziehen die Analytiker so beispielsweise wichtige Informationen zur Molekularstruktur einer Tablette.
Zu den Hauptstärken des seit Anfang 2013 von Kunden im und außerhalb des Chemparks genutzten IR-Mikroskops gehört seine Schnelligkeit. Dauerte früher eine Messung mitunter einen ganzen Tag, so liefert das neue Gerät im Halbstundentakt Ergebnisse. Gepaart mit dem Know-how der auf dieses Gerät geschulten Currenta-Experten eröffnet dies neue Einsatzbereiche.
So kann zum Beispiel die gleichmäßige Verteilung von Wirkstoffen in Tabletten überprüft werden – ein wichtiger Faktor bei der korrekten Medikation. Anhand der bunten Farben lassen sich chemische Verbindungen Lage für Lage mit einer Auflösung von bis zu 2 µm visualisieren. Damit misst das Gerät weit unter Haaresbreite und eignet sich somit sowohl als Erkennungsmethode als auch für Qualitätsüberprüfungen.
In einer anderen Anfrage sollte das nach DIN EN ISO/EC 17025-2005 zertifizierte Currenta-Analytik-Labor als Gutachter klären, warum sich miteinander verklebte Kunststofffolien im Laufe der Zeit voneinander lösten. Für die Analysen wurden zunächst die schlechthaftenden, gegenüberliegenden Folienseiten auf Probenträger präpariert. Mit dem neuen Mikroskop war es möglich die Messstelle von bis zu 25 mm2 zu erfassen. Dank seiner insgesamt 16 lichtempfindlichen Zellen kann das Gerät nämlich eine Fläche simultan und damit 16 Mal schneller im Vergleich zu einer Einzelzelle „abtasten“.
In diesem Fall wurde eine handflächengroße Probe an bis zu zehn Messstellen untersucht. So entstand zum einen eine statistisch belastbare Datengrundlage über die gegenüberliegenden Schichten des ganzen Probenkörpers. Zum anderen ließ sich hier genau beziffern, dass nur 30 Prozent der Folienoberfläche – und nicht wie gefordert 100 Prozent – vom Klebstoff zusammengehalten wurden. Ein Indiz für eine zu geringe Verklebung sowie die Ursache des Materialversagens. Mit diesem Verfahren können sogar auf den ersten Blick nicht sichtbare Kleberreste auf einer Kunststoffplatte nachgewiesen werden. Die nicht ausreichende Reinigung der Oberfläche hatte bei der späteren Verwendung somit aus einer zunächst nicht ersichtlichen Verschmutzung zu Problemen geführt.
Erforschung neuer Klebeverbindungen
Das IR-Mikroskop stellt aber auch eine effektive Methode dar, neue innovative Klebeanwendungen für die Baubranche zu erforschen. Currenta testete unter anderem, wie tief Kleber in Holzwerkstoffe eindringen und diese effektiv verbinden. Bei der Betrachtung mit Mikroskop und Spektrometer zeigte sich, dass der Kleber Hohlräume im Holz durchdringt und füllt. Er sorgt für eine Verklebung und geht im Kontakt mit dem Holz zum Teil sogar neue stabile chemische Verbindungen ein.
Vieles ist mit dem Gerät bei der Suche nach organischen Stoffen möglich. Das vor allem für Kohlenstoffverbindungen geeignete Mikroskopieverfahren könnte auch über die oben genannten Beispiele hinaus die Zusammensetzung brauner Flecken auf Papier oder dessen Zusammensetzung im Hinblick auf Füllstoffe untersuchen. Für das Mikroskop gibt es allerdings auch Grenzen: Für die Suche nach Metallen oder anderen Anorganika eignet sich das neue IR-Mikroskop nicht. Aber auch hier weiß Alexander Karbach Rat. „Das Geschäftsfeld Analytik des Chempark-Betreibers und -Managers bietet fast für jede Stoffeigenschaft die passende Untersuchungsmethode. Für anorganische Stoffe ist die Elementanalyse mit dem Rasterelektronenmikroskop geeignet.“