Modulares System – Eigendiagnose inklusive Überspannungsschutz mit Selbstbewusstsein

Pepperl+Fuchs SE

Der Markt für Überspannungsschutz wächst.

Bild: Pepperl+Fuchs
13.06.2017

Moderne Industrieanlagen sind gespickt mit Elektronik und empfindlichen Komponenten. Schutzsysteme sollen den Ausfall solcher Komponenten verhindern. Doch was, wenn sie selbst unbemerkt Schaden erleiden? Ein neues Überspannungsschutzsystem soll genau das verhindern, indem es seinen Life Cycle selbst kontrolliert und dabei auch noch Platz spart.

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Die Elektronik trat ihren Siegeszug in der Industrie an, lange bevor die vierte industrielle Revolution althergebrachte Produktionsabläufe auf den Kopf gestellt hat. Dass sie nach wie vor wichtig ist, zeigt sich besonders bei einem Ausfall – etwa aufgrund von Überspannungen. Sie werden nicht nur durch Blitze ausgelöst; auch Transienten durch Schaltvorgänge, Lastabwürfe oder Unterbrechungen der Versorgung können Elektronik schädigen und hohe Folgekosten nach sich ziehen.

„Neben der direkten Zerstörung von Bauteilen ist es vor allem die Gefährdung der Anlagenverfügbarkeit und die damit verbundenen Folgen wie Produktionsausfälle, die Betriebskosten nach oben treiben“, sagt Michael Kessler, Executive Vice President Components & Technology bei Pepperl+Fuchs. Anlagenbetreibern wird zunehmend bewusst, dass der Ausfall einer teuren Komponente neben den Anschaffungskosten einer Ersatzkomponente auch „weiche“ Kosten nach sich zieht. Gerade die Wartung kann dann einen großen Kostenfaktor darstellen – erst recht, wenn trainiertes Personal für Service- und Wartungseinsätze notwendig ist. Das führt dazu, dass der Markt für Überspannungsschutz wächst.

Globale Anforderungen im Wandel

Hinzu kommt eine zunehmende Standardisierung weltweit, durch die auch Länder wie China den Überspannungsschutz immer ernster nehmen. Auch bei diesem Thema spielen Kosten eine Rolle: Oftmals sind Versicherungskosten für eine Anlage abhängig davon, welche Blitzschutzmaßnahmen installiert sind. Nicht zu verachten ist dabei der Einfluss des Wetters, betont Michael Kessler: „Ein Blick auf die ,Gewitterweltkarte‘ zeigt, dass es in aufstrebenden Regionen wie Afrika oder Südamerika weite Gebiete mit hoher Unwetterhäufigkeit gibt. Die zunehmende Industrialisierung dort wird den Bedarf für Überspannungsschutz weiter wachsen lassen.“

Michael Kessler kennt den asiatischen Markt und seine Besonderheiten und weiß, dass die Kunden dort aufgrund der klimatischen Bedingungen gezwungen sind, sich intensiv mit Überspannungsschutz auseinanderzusetzen. „Der Erfahrungsschatz ist sehr groß, Überspannungsschutz wird als Notwendigkeit verstanden. Akzeptiert man diese Notwendigkeit, ist der nächste logische Schritt, hohen Wert auf die Verfügbarkeit dieser Schutzmaßnahme zu legen.“ Kessler begegnete deshalb in Asien ganz anderen Anforderungen als in Deutschland: „Kurz zusammengefasst bestand der Wunsch nach einem schmalen, einfach wartbaren Gerät mit Wartungsanzeige. Diese soll alle Bauteile überwachen, die im Überspannungsschutz verwendet werden, und eine zyklische Prüfung obsolet machen.“

Mit dem Überspannungsschutzsystem M-LB-5000 ist
Pepperl+Fuchs nun in der Lage, eben diese Anforderungen zu erfüllen. Das Unternehmen bietet allen Kunden eine Lösung, die wenig Platz im Schaltschrank benötigt, eine einfache Inbetriebnahme ohne spezielle Hilfsmittel ermöglicht, selbstständig Verschleiß oder Ausfall signalisiert, von jedermann zu warten ist und sich außerdem im Regelbetrieb nicht bemerkbar macht. Um ein solches System zu schaffen, hat das Unternehmen erstmals eine Diagnosefunktion, modularen Aufbau und eine Baubreite von nur 6,2 Millimetern kombiniert.

Eine weitere Besonderheit ist, dass der Schutzmodulstatus als Ampelanzeige intuitiv ablesbar ist und als Statusmeldung in die Leitebene verdrahtet werden kann. Auch bei der Entwicklung dieser Statusanzeige hat Pepperl+Fuchs global gedacht: „Hinter der Ampelanzeige steckt die Idee, eine Lösung anzubieten, die über Kulturgrenzen hinweg eine sofortige Orientierung darüber erlaubt, was mit dem Gerät los ist“, führt Michael Kessler aus und erklärt die Diagnosefunktion im Detail: „Im Gerät werden die Zündereignisse des Gasableiters ab einer gewissen Schwelle gezählt, der Leistungseintrag in die Supressordioden ermittelt und die Innentemperatur gemessen. Für dieses Verfahren wurde uns ein Patent erteilt. Es ist für explosionsgeschützte Signale in dieser Baubreite einmalig.“

Ampel zeigt Modulstatus an

Mit seiner Ampelanzeige erlaubt das System ein Con­dition Monitoring, mit dem die regelmäßige Überprüfung der Schutz­einrichtung komplett entfallen kann. Damit erfüllt das System die Forderung aktueller Normen wie EN 62305-3. Diese fordern, dass Über­spannungsschutzeinrichtungen zyklisch auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Denn von Blitzeinschlägen oder Schaltvorgängen verursachte Überspannungsereignisse verschleißen langfristig den Überspannungsschutz oder führen zum Ausfall.

Diese Wirksamkeitsprüfung geschieht bisher meist manuell, ist aufwendig und erfordert unterwiesenes Personal. Die Testergebnisse lassen keinen Rückschluss auf die Vorschädigung des Schutzmoduls und damit auf seinen Verschleißzustand zu. Der Status der Schutzmodule kann hingegen über die Meldekontakte von Funktionsmodulen in die Steuerungsebene eingebunden werden.

Die Statusmeldung der einzelnen Schutzmodule wird über Power Rail und Funktionsmodule mit Fernmeldekontakten an die Leitebene weitergeleitet. Somit ist der Zustand der Überspannungsschutzeinrichtung jederzeit einsehbar. Die Module müssen nicht wie bisher ausgebaut und mit Hilfe eines Mess-
aufbaus geprüft werden. Stattdessen genügt ein Blick auf die LED direkt am Modul. Leuchtet die Anzeige grün, ist die volle Schutzwirkung des Moduls vorhanden. Zudem ist eine ausreichende Funktionsreserve vorhanden und es besteht folglich kein Handlungsbedarf. Die gelbe LED signalisiert, dass das Schutzmodul 90 Prozent seines Lebenszyklus erreicht hat, der Signalkreis aber nach wie vor geschützt ist. Das Schutzmodul sollte dann bei der nächsten anstehenden Wartung ersetzt werden. Bei roter Anzeige ist das Schutzmodul dauerhaft geschädigt und die Schutzwirkung nicht mehr vorhanden. Dieser Fehler wird in vielen Fällen auch das Messsignal verfälschen. Das Schutzmodul sollte sofort ersetzt werden, um Schäden beim nächsten Überspannungsereignis zu vermeiden.

Ziehen, drehen, warten

Tritt ein Wartungsfall ein, bietet der modulare Aufbau von M-LB-5000 die Möglichkeit, das betroffene Schutzmodul einfach auszutauschen, ohne den Anlagenbetrieb zu beeinträchtigen: Beim Ziehen des Schutzmoduls bleibt der betroffene Signalkreis über das auf der Hutschiene montierte Basismodul durchverbunden. Der Abziehvorgang führt somit zu keiner Signalunterbrechung. Wird das Schutzmodul um 180 Grad gedreht aufgesteckt, ist der Signalkreis durch die integrierte Trennfunktion unterbrochen. Das vereinfacht Wartungsarbeiten und Loop-Checks und erlaubt die Durchführung von Isolationstests während der Inbetriebnahme oder anlässlich wiederkehrender Prüfungen.

„Legt der Kunde Wert auf Anlagenverfügbarkeit bei niedrigen Wartungskosten ist das M-LB-5000-System aus unserer Sicht unverzichtbar“, fasst Michael Kessler die Vorteile des Systems zusammen. „Gerade in Anlagen mit hoher Packungsdichte ist M-LB-5000 die einzige Möglichkeit, Überspannungsschutz mit Diagnose zu integrieren.“ Das System erlaubt damit Predictive Maintenance auf kleinstem Raum. Zumindest natürliche Überspannungsursachen können dem System im Grunde nichts mehr anhaben, sagt Michael Kessler: „Die Natur wird das Gerät mit 20 kA Ableitfähigkeit nur im äußersten Fall an ihre Grenzen treiben. Der gefährlichste Feind des Geräts sind eher menschliche Fehler wie Fehlbedienung oder Fehlverdrahtung. Diese versuchen wir im Design vorherzusehen und abzufangen, was nicht bei allen denkbaren Fehlverwendungen wirtschaftlich möglich ist.“

Mit der integrierten Diagnosefunktion begegnet das Unternehmen nicht nur dem Wunsch der Kunden nach höherer Anlagenverfügbarkeit und Kostenersparnis. Pepperl+Fuchs adressiert damit auch das Trendthema Industrie 4.0. Für
Michael Kessler gehört dazu vor allem die Erfassung von mehr Daten aus dem Überspannungsschutz mit dem Ziel einer intelligenten Auswertung. Am Ende kann das die Verfügbarkeit von Anlagen noch weiter erhöhen. „Sensorik 4.0 zusammen mit Vernetzung und Big Data ermöglicht außerdem völlig neue Anwendungen“, ergänzt er.

Auf dem Weg zu Industrie 4.0

„Die Vernetzung von Feldgeräten in der Prozessautomation über Ethernet wird auch die direkte Einbindung von Geräten in explosionsgefährdeten Bereichen in Industrie-4.0-Architekturen ermöglichen“, nennt Kessler ein Beispiel. Aktuell arbeitet sein Unternehmen dafür zusammen mit Partnern an einem neuen Physical Layer für Prozessanlagen. Das habe momentan zwar noch keine große Auswirkung auf das Geschäftsmodell von Pepperl+Fuchs. In Zukunft soll sich das aber ändern. Deshalb hat Pepperl+Fuchs vor kurzem das Unternehmen Neoception gegründet, das für dessen Kunden Industrie-4.0-Lösungen entwickelt.

„Eine höhere Signaldichte in Anlagen und der deutlich stärkere Fokus auf die Anlagenverfügbarkeit werden auch in Zukunft für einen vermehrten Einsatz von Überspannungsschutz führen“, ist sich Michael Kessler sicher. Denn für alle Anlagen, ganz egal ob sie schon zu Industrie 4.0 zählen oder nicht, ist ein Blitzeinschlag immer noch die unmittelbarste Bedrohung aus der „Cloud“.

Bildergalerie

  • Das Schutzsystem für das Schutzsystem.

    Das Schutzsystem für das Schutzsystem.

    Bild: Pepperl+Fuchs

  • Schmal und einfach zu warten: 
6,2 Milimeter breites Schutzmodul des Systems M-LB-5000 mit Ampelanzeige

    Schmal und einfach zu warten:
    6,2 Milimeter breites Schutzmodul des Systems M-LB-5000 mit Ampelanzeige

    Bild: Pepperl+Fuchs

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