Elektromobilität auf Langstrecken zu etablieren ist eine Herausforderung. Städtefahrten und auch ein- bis zweistündige Landfahrten sind mit der heute verfügbaren Reichweite reiner Elektrofahrzeuge kein Problem. Doch für eine breite Kundenakzeptanz muss der Fahrer die Möglichkeit haben, sein Elektrofahrzeug in kurzer Zeit aufzuladen, um auch lange Strecken bequem zurückzulegen.
Laden für Geduldige
Beim Laden mit Wechselstrom (AC) dauert es sechs bis acht Stunden, bis es weitergehen kann. Das AC-Ladestecksystem Typ 2 nach IEC 62196 erlaubt zwar Laden mit bis zu 43 kW, allerdings sind die meisten Ladestationen, Wallboxen oder Ladegeräte für eine niedrigere Ladeleistung ausgelegt. So kann der nötige Strom auch vom privaten Hausnetzanschluss bezogen werden. Diese Ladeart eignet sich ab Parkzeiten von vier bis acht Stunden - etwa über Nacht in der eigenen Garage. Für längere Fahrten ist diese Ladeart aufgrund der stundenlangen Wartepausen ungeeignet.
Schnellladen für weite Strecken
Schneller geht das Laden mit dem Combined Charging System (CCS, kombiniertes Ladesystem). Das ermöglicht dem Fahrer neben dem konventionellen AC-Laden auch schnelles Laden mit Gleichstrom (DC). Das Elektrofahrzeug hat ein CCS-Inlet, in das sowohl AC- als auch DC-Connectoren passen (siehe Abbildung oben).
Mit dem DC-Connector, der bis zu 200 A bei bis zu 850 V überträgt, reduziert sich die Ladezeit auf 10 bis 20Minuten. Beim DC-Laden befindet sich der AC/DC-Wandler stationär in der Ladestation und entlastet damit das Fahrzeug.
Das Combined Charging System wurde sowohl für die amerikanische und japanische (Typ 1) als auch die europäische Infrastruktur (Typ 2) entwickelt - von Phoenix Contact in Kooperation mit führenden Automobil-Herstellern wie Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler. Die ersten rein elektrisch betriebenen Großserien-Fahrzeuge werden bereits mit dem CCS-Inlet für den Typ 2 ausgestattet: der VW e-Up und der BMW i3.
Ladestationen für die A9
Innerhalb des bayrisch-sächsischen Schaufensterprojektes startete im Oktober 2013 eines der ersten Pilotprojekte zum Combined Charging System Typ 2. Entlang der Autobahn A9 werden zunächst acht CCS-Schnellladestationen vom portugiesischen Unternehmen Efacec im Abstand von jeweils maximal 90 Kilometern aufgestellt. Die ausgewählten Ladestandorte sind von beiden Fahrtrichtungen der A9 befahrbar.
Das übergeordnete Projekt-Management und die Anbindung der CCS-Schnellladestationen an das zentrale Ladesäulen-Management übernimmt Siemens als IT-Lösungsanbieter. Für die Installation mit Netzanschlüssen und die Einbindung in ein Backend-System ist der Stromversorger Eon zuständig. In der Funktion des Ladeinfrastruktur-Betreibers wird Eon an der A9 neue Geschäftsmodelle entwickeln. Sobald die Schnellladestationen stehen, führt die BMW Group Erprobungsfahrten mit i3-Serienfahrzeugen auf der A9-Strecke durch. Danach kann die CCS-Schnellladeinfrastruktur von öffentlichen Verkehrsteilnehmern genutzt werden.
Offener Marktplatz
In der letzten Projektphase geht die Ladeinfrastruktur in den Vollbetrieb über. Dazu wird sie exemplarisch in den „Marktplatz“ für Elektromobilitätsdienste von Hubject integriert. Das von BMW, Bosch, Daimler, EnBW, RWE und Siemens gegründete Unternehmen möchte einen komfortablen und sicheren Zugang zur bundesweiten und europäischen Ladeinfrastruktur bieten. Ziele sind der Aufbau und Betrieb einer Datenplattform zur Vernetzung von Mobilitäts- und Fahrzeuganbietern im Bereich der Ladeinfrastruktur mit Hilfe von IT-Services und E-Roaming. Auf seiner offenen Plattform möchte Hubject möglichst viele Partner einbinden - die Schnellladesäulen sollen auf einfachste Weise anbieterübergreifend zugänglich sein.