Mindestabstände von Entlastungsfackeln Schutz vor Explosionen bei der Wartung von Gasleitungen

Mit der Software FlareSimulator lassen sich Konvektion und Strahlung eines Objekts kombinieren und exakt berechnen, wie es sich aufheizen wird.

Bild: Fraunhofer IFF
03.03.2023

Zur Instandhaltung von Erdgasversorgungsnetzen wird Gas mittels Entlastungsfackeln abgelassen. Das neue Tool FlareSimulator hilft jetzt, den korrekten Abstand dieser Fackeln zu Häusern, Bäumen und anderen Objekten in der Umgebung einzuhalten. Damit sollen sich Gefahren wie Brände und Explosionen vermeiden lassen.

Erdgas ist einer der sichersten Energieträger. Unfälle kommen selten vor – nicht zuletzt, weil Erdgasleitungen regelmäßig gewartet werden. Bei Instandhaltungsmaßnahmen wird das Gas zunächst abgepumpt und gespeichert. Dabei verbleibt jedoch immer eine Restmenge in den Rohren, die aus dem betroffenen Leitungsabschnitt abgelassen werden muss.

Da das Erdgas aus klima- und explosionstechnischen Gründen nicht direkt in die Umwelt gelangen darf, kommen Erdgasfackeln zum Entlasten beziehungsweise Entleeren der Leitungen zum Einsatz. Diese mobilen Entlastungsfackeln werden sowohl in Wohngebieten als auch im freien Feld aufgestellt. Die Temperaturausbreitung der Erdgasflamme auf dem Fackelkopf mit dem Zündmodul ist von der aktuellen Feuerungswärmeleistung und der Windgeschwindigkeit abhängig und kann stark variieren.

Dabei gilt es, einen ausreichenden und sicheren Mindestabstand zu umgebenden Objekten wie Bäumen, Stromleitungen, Windrädern oder Gebäuden einzuhalten. Gleichzeitig sollen unnötig große Sicherheitsabstände vermieden werden. Ein Forscherteam am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF hat ein Assistenz-Tool mit grafischer Bedienoberfläche und Reporting-Funktionen entwickelt, das bei der Festlegung dieser Mindestabstände unterstützt. Es heißt FlareSimulator.

Berechnung der optimalen Standorte

Auf Basis bestimmte Eingabeparameter, wie Heizwert des Gases, Volumenstrom, Durchmesser und Höhe der Fackel, Windgeschwindigkeit und Umgebungstemperatur, berechnet die Software ein dreidimensionales Temperaturprofil der Fackelflamme. Die Berechnungsergebnisse werden grafisch dargestellt, sodass Nutzer eine visuelle Vorstellung von der zu erwartenden Flammengeometrie und deren Temperaturverteilung erhalten. Die Standortauswahl der Entlastungsfackel soll so leichter fallen.

„Der Abstand der Fackel zu den umgebenden Objekten darf weder zu groß noch zu klein ausfallen. Mit unserem Assistenz-Tool lässt sich der optimale Standort nach klar nachvollziehbaren Kriterien vornehmen“, sagt Marcus Kögler, Wissenschaftler am Fraunhofer IFF. „Auf freiem Feld bei extremen Windverhältnissen kann das Temperaturprofil stark verzerrt sein. In solchen Szenarien ist die Abstandsermittlung mit unserer Software besonders hilfreich.“

Dr. Wolfram Heineken, Kollege von Kögler am Fraunhofer IFF, ergänzt: „Es gibt drei Mechanismen der Wärmeübertragung: die Wärmeleitung, die Konvektion, also die Strömung des Gases über einen Körper, und die Strahlung. Mit FlareSimulator können wir die hier relevanten Faktoren Konvektion und Strahlung kombinieren und exakt berechnen, wie sich ein Objekt beziehungsweise Körper im Raum aufheizen wird.“

Neben den Mindestabständen lässt sich zudem die Entlastungsleistung mit der Software auslegen. Sie definiert, wie lange eine Fackel in Abhängigkeit eines bestimmten Fackeltyps in Betrieb sein muss. Die Entlastungszeit berechnet das Tool automatisch.

Einsatz in Chemieindustrie

FlareSimulator entspricht in der aktuellen Version den Anforderungen der Erdgasbranche und ist bereits bei einem Industrieunternehmen im Einsatz. Doch der Anwendungsbereich des Tools ist breit gefächert: Überall, wo brennbare Gase aus Rohrleitungen abgelassen werden müssen, lässt es sich nutzen. Das umfasst etwa die chemische Industrie oder Industrieanlagen wie Erdölraffinerien.

Bildergalerie

  • Visualisierung eines Temperaturfelds im Längsschnitt

    Visualisierung eines Temperaturfelds im Längsschnitt

    Bild: Fraunhofer IFF

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